Language: German
10.3.1925 (Tuesday)
Protokoll der Sitzung des Bundesrates vom 10.3.1925
Minutes of the Federal Council (PVCF)
Der Bundesrat ernennt Stucki, Gassmann, Laur und Wetter zu Delegierten für die Handelsvertragsverhandlungen mit Österreich.

Thematische Zuordung Serie 1848–1945:
III. BILATERALE BEZIEHUNGEN
17. Österreich
17.1. Handelsvertragsverhandlungen
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Printed in

Walter Hofer, Beatrix Mesmer (ed.)

Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 9, doc. 20

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Bern 1980

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Repository

dodis.ch/45037 Protokoll der Sitzung des Bundesrates vom 10. März 19251

524. Handelsvertragsunterhandlungen mit Österreich. Delegation

Montag, den 16. März, beginnen in Zürich die Verhandlungen mit Österreich über den Abschluss eines Handelsvertrages, nachdem die Besprechungen über ein Abkommen betreffend die Einfuhrbeschränkungen zu keinem Resultat geführt haben. Das Volkswirtschaftsdepartement wird dem Bundesrate Anträge über die Instruktionen vorlegen2 und bemerkt jetzt schon, dass die Verhandlungen wahrscheinlich recht schwierige werden, weil einerseits Österreich sich in einer heiklen Lage befindet und anderseits die Schweiz sich in Acht nehmen muss, welche Konzessionen sie macht, weil diese sich nach dem Prinzip der Meistbegünstigung auf die ändern Staaten übertragen.

Für heute handelt es sich um die Bestellung der Delegation. Es ist von jeher als gegeben erachtet worden, dass, nachdem Herr Nationalrat Frey, der eine besonders prominente Stellung im Wirtschaftsleben unseres Landes bekleidete, nicht mehr da ist, die Führung der Delegation an einen Vertreter des Staates übergeht, und es ist selbstverständlich, dass der Direktor der Handelsabteilung diese Führung übernimmt. Ebenso scheint ohne weiteres natürlich, dass Herr Dr. Laur, der früher schon bei den Verhandlungen mitwirkte und über eine grosse Erfahrung verfügt, wiederum der Delegation angehört. Selbstverständlich ist auch ein Sachverständiger beizuziehen, der speziell mit der Industrie in Beziehung steht, und als solcher wurde von jeher Herr Dr. Wetter betrachtet, der nunmehr der Delegation als Delegierter des Handels- und Industrievereins angehören würde. Schliesslich gehört auch der Praxis das Wort, daher sollte, wie bei den Verhandlungen mit Italien, ein Vertreter der Zollverwaltung, und zwar Herr Gassmann, der Delegation zugeteilt werden. Diese erreicht damit die Zahl von 4. Dies entspricht genau der Zahl der österreichischen Delegierten.

Allein es erscheint als wünschenswert, dass vor allem auch ein Vertreter der welschen Schweiz an den Verhandlungen teilnehme. Als solchen wünschte das Departement einen Mann, der vielleicht aus der Industrie hervorgegangen ist, aber auch Verständnis hat für die allgemeinen Fragen und für die Interessen aller Berufsstände. Es ist trotz intensivster Bemühung nicht gelungen, einen solchen Mann, der, wenn immer möglich, dem Parlament angehören sollte, zu finden. Auch das Gewerbe wünscht, dass einer seiner Vertrauensleute als Unterhändler bezeichnet werde. Als solcher fällt in Betracht Herr Nationalrat Odinga, Präsident der nationalrätlichen Zollkommission. Schliesslich wurde wiederholt hervorgehoben, dass auch ein Vertrauensmann der Konsumenten gewählt werden sollte. Da an und für sich die Delegation als eine einheitliche zu betrachten ist und keineswegs einzelnen Interessengruppen Vertreter zu geben, sondern auf der ganzen Linie Sachverständige zu wählen sind, die allerdings ja der einen oder ändern Gruppe näherstehen, so kann eigentlich fast einzig Herr alt Nationalrat Jäggi in Betracht kommen. Die praktische Inkonvenienz besteht nur darin, dass dadurch die schweizerische Delegation auf 7 steigt, aber eine Ernennung zieht eben eine andere nach sich.

Für einmal könnte man nun, speziell weil noch kein Angehöriger der romanischen Schweiz gefunden wurde, der Zeit, Lust und Eignung hat, die erstgenannten vier Herren als Delegierte bezeichnen, mit dem Beifügen, dass eine Ergänzung der Delegation Vorbehalten wird. Diese hätte in der Weise zu erfolgen, wie es soeben dargelegt worden ist. Die Verhandlungen in Zürich werden bloss 14 Tage dauern, und sie führen vermutlich nicht zu einem Abschlüsse. Ob dann weiter in Zürich oder in Wien verhandelt wird, bleibe dahingestellt. Wahrscheinlich ist, dass demnächst auch die Verhandlungen mit der Tschechoslovakei eröffnet werden, so dass die Frage der Delegation sich nochmals stellt.

Antragsgemäss wird beschlossen:

1) Als Delegierte für die Handelsvertragsverhandlungen mit Österreich werden bezeichnet die Herren:

W. Stucki, Direktor der Handelsabteilung,

A. Gassmann, Oberzolldirektor,

Prof. Dr. E. Laur, und Dr. E. Wetter, Delegierter des Vororts des schweizer. Handels- und Industrievereins.

Die Ergänzung der Delegation wird Vorbehalten.

2) Das Volkswirtschaftsdepartement wird ermächtigt, das Sekretariat zu bestellen und überdies der Delegation, soweit nötig, zum Beizug oder Anhörung von Experten Vollmacht zu erteilen.

1
E 1004 1/294. 1.Abwesend: Scheurer.
2
Vgl. Nr. 27.