Language: German
20.1.1922 (Friday)
Le Chef du Département de l’Economie publique, E. Schulthess, au Ministre de Suisse à Paris, A. Dunant
Letter (L)
Difficultés et incertitudes quant à l’exécution par l’Allemagne des contrats charbonniers conclus avec la Suisse; la politique de la Commission des Réparations n’est pas claire à ce sujet; l’Allemagne peut-elle vraiment livrer du charbon aux pays neutres avant d’avoir satisfait aux exigences des livraisons à l’Entente? Dunant est prié d’intervenir auprès de la Commission des Réparations en vue d’une réponse claire à ce sujet.
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Printed in

Antoine Fleury, Gabriel Imboden (ed.)

Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 8, doc. 161

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Bern 1988

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Cover of DDS, 8

Repository

dodis.ch/44803
Le Chef du Département de l’Economie publique, E. Schulthess, au Ministre de Suisse à Paris, A. Dunant1

Wir bestätigen dankend den Empfang Ihres Telegramms vom 16. ds.2, worin Sie uns vom Empfang der Note der Reparationskommission Mitteilung machten. Darnach habe Deutschland die Erlaubnis erhalten, vom 1. Januar bis 30. April 1922 jede Quantität Kohle zu exportieren unter der Bedingung, dass die Reparations-Kohlenlieferungen in der nämlichen Periode vollständig ausgeführt werden. Es hange somit die Durchführung des Beckervertrages lediglich von der deutschen Regierung ab.

Wir haben nicht unterlassen, unserer Gesandtschaft in Berlin Kopie Ihres Telegramms zu übermitteln mit der Bitte, bei der deutschen Regierung für die Erfüllung des Beckervertrages und die Ausführung der entsprechenden Lieferungen einzustehen. Wir haben die Mitteilung erhalten, dass uns für den Januar 2000 Tonnen Koks und 2000 Tonnen Kohlen zur Ausfuhr freigegeben werden und dass man hoffe, die gleichen Zugeständnisse auch für die nächsten Monate zu machen, ohne aber im Moment bindende Zusagen machen zu können.

Die Gesandtschaft in Berlin teilt uns ferner mit, dass das Auswärtige Amt nur mit Mühe vom Reichskohlenkommissär diese Konzession, die übrigens für uns absolut ungenügend ist, erreicht habe. Das Reichskohlenkommissariat habe sich mit grosser Entschiedenheit gegen jede Ausfuhrbewilligung für Kohle und Koks ausgesprochen, weil die Voraussetzungen, unter denen die Reparationskommission sich mit einer Ausfuhr einverstanden erklärt habe, nicht zu erfüllen seien. Herr Wallmichrath, der direkt von einer Besprechung mit der Reparationskommission aus Paris gekommen sei, habe den bestimmten Eindruck mitgebracht, dass der deutschen Regierung Schwierigkeiten erwachsen würden, wenn sie die Kohlenausfuhr nach den neutralen Ländern fortsetzt, ohne die Gewissheit zu haben, die Verpflichtungen gegenüber der Entente erfüllen zu können. Diese Gewissheit bestehe aber nicht nur nicht, sondern es sei mit Bestimmtheit damit zu rechnen, dass es dem Reichskohlenkommissär nicht möglich sein werde, die geforderten Mengen rechtzeitig zu liefern, und zwar rühre das hauptsächlich von den Schwierigkeiten her, die dem Abtransport entgegenstehen.

Herr Minister von Planta hat dem Auswärtigen Amt gegenüber den Standpunkt vertreten, dass nach unsern Informationen die Reparationskommission nichts dagegen einzuwenden habe, wenn die Leistungen aus dem Beckervertrag während der nächsten 3 Monate uneingeschränkt erfüllt werden und dass sie nur den Vorbehalt gemacht habe, nach Ablauf dieser Frist einzuschreiten, wenn dannzumal die Lieferungen an die Entente im Rückstand sein sollten. Herr Wallmichrath soll aber in Paris nicht den Eindruck erhalten haben, als ob diese Auffassung diejenige der Reparationskommission sei.

So scheint uns in der Tat mit Bezug auf den Beschluss der Reparationskommission eine gewisse Unsicherheit zu bestehen. Nach Ihrem Telegramm, speziell aus dem letzten Satz, glaubten wir schliessen zu dürfen, dass die Reparationskommission der deutschen Regierung für die Lieferungen nach der Schweiz unbedingt freie Hand gegeben habe. Die deutsche Regierung hingegen stellt sich auf den Standpunkt, es werde ihr voraussichtlich kaum möglich sein, die Forderungen der Reparationskommission restlos zu erfüllen, und weil sie dies voraussehe, dürfe sie auch keine Lieferungen nach dem Ausland machen.

Das Opfer dieser verschiedenen Auffassung sind wir. Wir möchten nicht unterlassen, auch Ihnen gegenüber nochmals die ausserordentliche Wichtigkeit der Angelegenheit zu betonen. Speziell der Zechenkoks aus der Zeche Präsident ist für einzelne unserer Industrien gegenwärtig von absoluter Notwendigkeit. Das Rhein isch-Westfälische Kohlensyndikat beliefert die Schweiz gar nicht, so dass wir mit Bezug auf den Zechenkoks lediglich auf die Lieferungen gemäss Präsidentschaftsvertrag angewiesen sind. Auf Grund dieses Vertrages hat die Schweizerische Kohlen-Einfuhr A.-G. mit schweizerischen Industriellen Lieferungsverträge abgeschlossen, und beide Teile haben sich auf die vertraglich gesicherten Mengen verlassen. Produktionsstörungen bei einer Reihe industrieller Betriebe müsste die Folge der Weiterdauer des gegenwärtigen Zustandes sein.

Herr Minister von Planta wird unsern Standpunkt in Berlin vertreten und auf der Belieferung gemäss Beckervertrag beharren. Zur Unterstützung seiner Aktion aber wird es unumgänglich notwendig sein, dass Sie neuerdings bei der Reparationskommission vorstellig werden, um die ganze Frage zur Abklärung zu bringen und wenigstens einmal zu erreichen, dass die Kommission bis Ende April vorbehaltlos mit der vollen Lieferung gemäss Beckervertrag sich einverstanden erklärt.3 Es darf wohl auch bei der Reparationskommission darauf hingewiesen werden, dass die verhältnismässig geringen Verpflichtungen Deutschlands aus diesem Vertrag für die Erfüllung des Reparations-Programms kaum irgendwie von Bedeutung sein können, während dagegen für unsere Volkswirtschaft dieses Quantum von grosser Tragweite ist. Wenn uns von Seite der Reparationskommission die erwähnte Erklärung gegeben wird, so zweifeln wir nicht daran, dass der Widerstand des deutschen Reichskohlenkommissärs überwunden werden kann.

Wir möchten Sie noch bitten, uns von der in Ihrem Telegramm erw'ähnten Note der Reparationskommission eine Kopie zuzustellen.4

1
Lettre: E 2200 Paris 1/1780.
2
Ce télégramme disait: Je reçois de commission réparations note signée Dubois et Bradbury annonçant que Allemagne reçut autorisation exporter du premier janvier au trente avril 1922 toute quantité de charbon à condition que livraisons à faire au titre réparations pendant même période soient entièrement effectuées. Note ajoute que exécution contrat relève uniquement du Gouvernement allemand (E 2200 Paris 1/1780).
3
Cf. no 162.
4
Cf. no 162.