Lingua: francese
26.4.1921 (martedì)
CONSEIL FÉDÉRAL Procès-verbal de la séance du 26.4.1921
Verbale segreto del Consiglio federale (PVCF-S)
Résultat des entretiens du banquier suisse Dubois à Paris, notamment avec Loucheur, au sujet du règlement des réparations allemandes.

Également: Compte rendu de l’entretien entre le banquier suisse Dubois et Loucheur au sujet du règlement des réparations. Atmosphère en France. Les maladresses allemandes. La préparation d’un projet de conditions financières à soumettre à l’Allemagne. Annexe de 16.4.1921
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Pubblicato in

Antoine Fleury, Gabriel Imboden (ed.)

Documenti Diplomatici Svizzeri, vol. 8, doc. 73

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Bern 1988

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Collocazione

dodis.ch/44715
CONSEIL FÉDÉRAL
Procès-verbal de la séance du 26 avril 19211

Vermittlung Dubois

Der Präsident führt aus:

Am letzten Samstag, den 23. April 1921, habe ich mit Dubois Rücksprache genommen, der aus Paris zurückkam. Dubois hat sich über seinen Plan nur mit Loucheur besprochen2 und absichtlich ein Zusammentreffen mit Briand vermieden. Loucheur sagte Dubois gleich beim ersten Empfang, er wisse zu welchem Zweck Dubois komme. Die Besprechungen mit Loucheur waren sehr freundschaftlich. Weder Dubois Schritt noch die Mitwirkung des Bundesrates bei seiner Vorbereitung hat bei den Männern der französischen Regierung, die darum wissen (Loucher, Briand und Millerand), ungünstige Aufnahme gefunden. Die Besprechungen haben zu einer wesentlichen Abklärung der Lage geführt und Dubois hat den Eindruck gewonnen, dass seine Bemühungen vielleicht nicht ganz ergebnislos geblieben wären, wenn sie in einem frühem Zeitpunkt unternommen worden wären und Deutschland zu einem ähnlichen Projekt fest Stellung genommen hätte. Im gegenwärtigen Zeitpunkt ist die Erregung in Frankreich, und zwar namentlich auch infolge der verschiedenen Ungeschicklichkeiten, die Deutschland in letzter Zeit begangen hat, auf einen solchen Grad gestiegen, dass der Schritt Dubois erfolglos bleiben musste. Ich habe Herrn Dubois seine Tätigkeit in dieser Angelegenheit verdankt; wir beide wie auch die Mitglieder der Delegation für auswärtige Angelegenheiten, die ich am Samstag noch vom Inhalt der Unterredung mit Dubois verständigt habe, betrachten die Vermittlung Dubois als endgültig erledigt.

Welche Stimmung gegenwärtig in Frankreich herrscht, geht aus den Mitteilungen hervor, die Dubois über die Pläne und Ansichten in französischen massgebenden Kreisen machte. Frankreich will auf Jahre und Jahrzehnte hinaus aus Deutschland herauspressen was irgend möglich ist. Da Frankreichs Industrie vernichtet und die Masse der Industriearbeiter verhetzt und unsicher ist, glaubt die Regierung inskünftig das Hauptgewicht auf die Landwirtschaft legen zu müssen und will sich daher einen Anteil am Aufschwung der deutschen Industrie sichern, in deren Organisation Deutschland den Franzosen, wie diese selbst zugeben, weit überlegen ist. Frankreich, so hörte Dubois, werde das Ruhrgebiet besetzen und seine Hand auf Oberschlesien legen, dann sei Deutschland verloren. In erster Linie werde man aber die völlige Entwaffnung Deutschlands und die Unterstellung der Waffenanfertigung in Deutschland unter die dauernde Kontrolle Frankreichs verlangen, zu welchem Zweck der Vertrag von Versailles revidiert werden müsse. Auch von einer Besetzung Münchens, als des Mittelpunkts der Orgeschverbände (Organisation Escherich) sei die Rede, wie denn in Frankreich das Gerücht verbreitet sei und Glauben finde, in Deutschland sei eine neue Armee von einer Million Mann in Bildung begriffen. Man spreche auch davon, Deutschland zu einer Herabsetzung seiner innern Verpflichtungen auf 1/3 zu zwingen, und um dies zu erleichtern, auch die französischen Staatsschulden zwangsweise auf die Hälfte zu reduzieren, also von Massnahmen, die dem Bankerott beider Staaten gleichkämen. Charakteristisch für die finanzielle Lage Frankreichs sei auch, dass offenbar die Banque de France sich einer weitern Erhöhung der Notenausgabe widersetze. Im Norden Frankreichs mussten beim Wiederaufbau beschäftigte Arbeiter entlassen werden, weil der Staat sie nicht mehr zahlen kann. Auch die Übernehmer staatlicher Aufträge sind zum Bewusstsein gekommen, dass dies keine risikenlosen Geschäfte mehr sind und richten sich darnach. In diesen Zusammenhang gehört auch die neueste Forderung Frankreichs, wonach Deutschland eine Milliarde Mark in Gold in die Gewölbe der Banque de France überzuführen hätte.

Der Einwand Dubois, von neuen Sanktionen gegenüber Deutschland sei für Frankreich kaum ein greifbarer Erfolg zu erwarten, wurde nicht beachtet; offenbar kann Frankreich auf dem in letzter Zeit eingeschlagenen Weg nicht mehr Halt machen. Das wäre nur unter einer überstarken Einwirkung von Aussen möglich und eine solche wird in Frankreich augenscheinlich von Amerika befürchtet. Dies umsomehr, als nach den letzten Nachrichten Amerika nicht gewillt zu sein scheint, auf die Rückzahlung der Anleihen zu verzichten, die es Frankreich gemacht hat. Besteht es auf der Bezahlung, so hat Amerika allerdings ein mächtiges Mittel in der Hand um auf Frankreich einen Druck auszuüben und es scheint nicht ausgeschlossen, dass das Angebot Deutschlands, Frankreichs Schulden von Amerika zu bezahlen, einem geheimen Wunsch Amerikas entsprach und dort auf guten Boden fällt. Amerika will offensichtlich der Entwicklung der Dinge zwischen Frankreich und Deutschland nicht untätig zusehen. Das zeigt schon seine Haltung gegenüber den neuen Vorschlägen Deutschlands in der Wiedergutmachungsfrage, um deren Vermittlung an die Alliierten Amerika angegangen wurde, und die im Reichstag auf Amerikas Wink nicht sofort bekannt gegeben werden durften, wahrscheinlich weil Amerika noch Korrekturen anbringen wollte. Wohin diese neueste Aktion führt, lässt sich heute noch nicht beurteilen.

Der Rat nimmt von den Mitteilungen des Präsidenten zustimmend Kenntnis.

1
E 1005 2/1.
2
Le compte rendu de ces pourparlers est reproduit en annexe.