Abgedruckt in
Diplomatische Dokumente der Schweiz, Bd. 7-I, Dok. 138
volume linkBern 1979
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Archiv | Schweizerisches Bundesarchiv, Bern | |
Signatur | CH-BAR#E1004.1#1000/9#11368* | |
Dossiertitel | Beschlussprotokoll(-e) 27.01.-31.01.1919 (1919–1919) |
dodis.ch/43883 CONSEIL FÉDÉRAL
Procès-verbal de la séance du 27 janvier 19191 344. Kündigung der Handelsverträge mit Deutschland, Österreich-Ungarn und Serbien
Procès-verbal de la séance du 27 janvier 19191
Wie dem Bundesrat seinerzeit mitgeteilt worden ist, haben Frankreich, Italien und Spanien ihre Handelsverträge mit der Schweiz auf ein Jahr gekündet. Der Vertrag mit Frankreich läuft infolgedessen am 10. September 1919, derjenige mit Spanien am 20. des gleichen Monats ab, ebenso der Vertrag mit Italien, der gemäss Bundesratsbeschluss vom 26. November2 bis zu diesem Tage verlängert worden ist. Da bis dahin aber voraussichtlich keine neuen Verträge abgeschlossen werden können, hat Frankreich eine stillschweigende Verlängerung von 3 zu 3 Monaten bis zum Zustandekommen eines neuen Vertrages vorgeschlagen. Gemäss Bundesratsbeschluss vom 1. November3 ist der französischen Regierung der Gegenvorschlag gemacht worden, den Vertrag, anstatt von 3 zu 3 Monaten, von 6 zu 6 Monaten zu verlängern, da sonst der Handel mit Bezug auf die Zölle in einen Zustand allzu grosser Unsicherheit versetzt würde. Eine Rückäusserung ist auf diesen Gegenvorschlag noch nicht erfolgt; dagegen hat sich die italienische Regierung für den Fall, dass der vorerwähnte Gegenvorschlag von Frankreich angenommen würde, mit einer stillschweigenden Verlängerung des schweizerischitalienischen Vertrages um je 6 Monate einverstanden erklärt. Die spanische Regierung hat sich auf einen analogen Vorschlag hin Vorbehalten, sich darüber später zu äussern.
Wie das Volkswirtschaftsdepartement dem Bundesrate am 12. Dezember4 berichtete, ist es an die Prüfung der Frage herangetreten, ob nun anderseits infolge der Kündung der Tarifverträge mit den genannten Staaten nicht auch unsere Tarifverträge mit Deutschland, Österreich-Ungarn und Serbien gekündet werden sollen, weil dieselben Zollbindungen enthalten, die der Schweiz beim Abschluss und bei der Vollziehung neuer Verträge mit den ändern Staaten hinderlich sein könnten. Die damaligen Beratungen hierüber führten noch zu keinem bestimmten Entschlüsse. Neue Erwägungen haben aber seither zu dem Ergebnis geführt, dass eine Kündung nicht zu umgehen sein werde. Um zu verhüten, dass ein vertragsloser Zustand eintritt, wenn, wie es wahrscheinlich ist, bis zum Ablauf der Kündungsfrist kein neuer Vertrag zustandekommt, sollte versucht werden, auch mit diesen drei Staaten eine autonome Verlängerung von 6 zu 6, eventuell von 3 zu 3 Monaten zu vereinbaren. Um ferner zu einem möglichst einheitlichen Ablaufstermin unserer Verträge zu gelangen, würde, einem Vorschlag von Herrn Nationalrat Frey entsprechend, womöglich auch die Vereinbarung getroffen, dass die Kiindung schon auf den 20. September angenommen wird. Auch wäre der Fall vorzubehalten, dass der Friedensvertrag Bedingungen enthielte, die dem einen oder ändern Teil eine Fortdauer des bestehenden Vertrages verunmöglichen, oder dass in Österreich-Ungarn die tatsächlich noch bestehende Zollgemeinschaft dahinfallen und der Vertrag deshalb nicht mehr gehalten würde.
Die deutsche Regierung würde laut Erkundigung in Berlin den Vertrag von sich aus jetzt nicht künden; ebenso wäre eine Kündung von Seiten Österreich-Ungarns und Serbiens in nächster Zeit nicht zu erwarten. In Wien hält man dafür, dass der Handelsvertrag mit der Schweiz trotz dem Zerfall der Monarchie als noch zu Recht bestehend zu betrachten sei und daher gekündet werden müsste, um rechtsgültig ausser Kraft zu treten. Zurzeit ist die gemeinsame Zollgrenze tatsächlich noch unverändert; die Zölle werden sämtlich auf Grundlage der Verträge erhoben, und es wird daher angenommen, dass auch die Gegenpartei sich an dieselben halte. Eine Kündung müsste dem gemeinsamen Liquidations-Ministerium in Wien notifiziert werden. Ähnlich wird es sich in Serbien verhalten. Dort hat zwar eine Ausdehnung des bisherigen Staatsgebietes stattgefunden (Jugoslavien). Jedoch ist die Zollgrenze wenigstens nach Österreich-Ungarn hin noch die bisherige und es unterliegt keinem Zweifel, dass der Vertrag bei der Regierung in Belgrad gekündet werden muss, um rechtsgültig an einem bestimmten Tage abzulaufen.
Gestützt auf die vorstehenden Ausführungen wird das Volkswirtschaftsdepartement ermächtigt, die genannten Verträge zu künden und sich mit den betreffenden Regierungen womöglich im Sinne der obigen Ausführungen zu verständigen.
- 1
- E 1004 1/270. Etaient absents: G. Ador, F. Calonder. A la séance assistait en revanche E. von Goumoëns, Directeur de l’Office fédéral de l’Alimentation.↩
- 2
- Cf. E 1004 1/269, no 3540.↩
- 3
- Cf. E 1004 1/269, no 3204.↩
- 4
- Proposition du Département de l’Economie publique (E 1001 1/ EVD 1.8.-31.12.1918) qui avait été traitée dans la séance du Conseil fédéral du 27 décembre 1918, cf. E 1004 1/269, no 3865.↩