Classement thématique série 1848–1945:
II. RELATIONS BILATÉRALES
2. Allemagne
2.1. Traité de commerce
Printed in
Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 4, doc. 43
volume linkBern 1994
more… |▼▶Repository
Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
▼ ▶ Archival classification | CH-BAR#E13#1000/38#55* | |
Old classification | CH-BAR E 13(-)1000/38 11 | |
Dossier title | Kündigung des Handelsvertrages vom 23.05.1881 sowie des Zusatzvertrages vom 11.11.1888 durch Deutschland; Korrespondenz betr. die Aufnahme von Verhandlungen zu einem neuen Vertrag (1891–1891) |
dodis.ch/42453
Nachdem der Staats-Sekretär des Auswärtigen Amtes, Freiherr von Marschall, wegen der Berathungen in der Budget-Commission des Reichstages und wegen der Plenar-Verhandlungen über die Kornzölle seit etwa zehn Tagen nicht anzutreffen war, habe ich denselben gestern Abend bei einem gesellschaftlichen Anlass wenigstens vorübergehend sprechen können. Derselbe kam mit den Worten auf mich zu: «A propos, wir haben Herrn von Bülow gestern beauftragt, Herrn Droz vertraulich anzufragen, ob die Schweiz geneigt wäre, mit uns etwa im Monat März in Verhandlungen über einen neuen Handelsvertrag einzutreten. Den jetzigen Vertrag werden wir kündigen, da aus den Eröffnungen des Herrn Ribot gegenüber der Zolltarif-Commission der französischen Abgeordneten-Kammer hervorgeht, dass Frankreich den Tarif-Vertrag mit der Schweiz kündigen wird.» Auf meine Frage, ob H. v. Bülow beauftragt sei, Ihnen nähere Mittheilungen zu machen über die Basis, auf welcher Deutschland mit uns zu verhandeln wünsche, antwortete Baron Marschall, es sei dies nicht der Fall; vorderhand habe sich das Auswärtige Amt auf eine ganz allgemein gehaltene Anfrage in obigem Sinne beschränken müssen.
Als ich im Anschluss an diese kurze Conversation noch die Anfrage an Baron Marschall richtete, wie man im Auswärtigen Amt, in Folge der Abstimmung im Reichstage über die Kornzölle, die derzeitige Situation betreffend die Verhandlungen in Wien auffasse, erhielt ich von ihm mit dem Bemerken ich möchte seine Mittheilungen als vertraulich auffassen, folgenden Bescheid:
Man nimmt in den Regierungskreisen bestimmt an, dass die Regierung seiner Zeit für die Ratification des Vertrages mit Österreich, wie er jetzt verhandelt wird, und eventueller weiterer Verträge mit ändern Staaten (Italien, Schweiz, Rumänien) trotz der ablehnenden Haltung des Reichstages betreffend autonome Reduction der Kornzölle eine Mehrheit finden dürfte. Es wird freilich schwere Kämpfe absetzen, und es ist vor allem absolut nothwendig, dass die Regierung festbleibe, was übrigens auch unbedingt der Fall sein wird. Man hat die feste Überzeugung, dass es der Reichstag, mit Rücksicht auf die dermalige Zollpolitik der Vereinigten Staaten Amerika’s und Frankreichs, nicht auf sich nehmen wird, im gegebenen Momente den gedachten projectirten Verträgen seine Zustimmung zu versagen; wird sich doch dann zumal die Frage einfach so stellen, ob man den deutschen Export selbst vernichten wolle oder nicht. Es kann jetzt schon als ziemlich sicher darauf gerechnet werden, dass die freisinnige Fraction und die National-Liberalen geschlossen und ferner auch die Mitglieder des Centrums in ihrer Mehrheit für die Verträge stimmen werden; Windthorst persönlich scheint bereits für die Sache gewonnen zu sein. Auch die Sozialdemokraten dürften sich auf die Seite der Annehmenden schlagen. Selbst im Lager der Conservativen, bezw. Agrarier, wird man sich zweimal besinnen, bevor man die Verantwortlichkeit für das Scheitern der Verträge übernimmt. Die Situation wird also in dem Zeitpunkte, wo man Verträgen mit dem Auslande gegenüberstehen wird, eine ganz andere sein, als die dermalige Sachlage, bei welcher es sich um die autonome Regelung der deutschen Zollpolitik gehandelt hat. Nach einer Richtung ist der Regierung die Haltung des Reichstages recht willkommen gewesen; die diesbezüglichen Verhandlungen des Reichstags werden nämlich Österreich-Ungarn den untrüglichen Beweis liefern, dass das dortige Raisonnement völlig unzutreffend ist, dem zufolge Deutschland aus internen Gründen ohnehin gezwungen sei, die Kornzölle zu erniedrigen, und dass daher die Zoll-Reduktionen, welche die deutsche Regierung Österreich-Ungarn auf diesem Gebiete anbiete, als Concessionen nicht in Betracht kommen können. Baron Marschall fügte dann noch bei, übrigens liege der deutschen Regierung gar nicht soviel daran, von Österreich-Ungarn und den übrigen schon gedachten Staaten bei den bereits eingeleiteten und noch weiter beabsichtigten Verhandlungen besonders weitgehende Tarif-Concessionen zu erlangen; der Hauptzweck, den man vor Augen habe, gehe vielmehr dahin, durch die neuen Tarif-Verträge dem Handel und der Industrie wieder auf eine längere Reihe von Jahren sichere und geordnete Zoll Verhältnisse zu schaffen.
[...]2
- 1
- Lettre: E 13 (B)/155.↩
- 2
- Il est ensuite question d’un article de la National-Zeitung de Berlin du 20 janvier 1891 intitulé: Deutschlands Aussenhandel im Jahre 1889; Roth s’interroge sur les dénonciations françaises des traités de commerce.↩
Tags