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Documents Diplomatiques Suisses, vol. 3, doc. 386
volume linkBern 1986
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Archives | Archives fédérales suisses, Berne | |
▼ ▶ Cote d'archives | CH-BAR#E13#1000/38#276* | |
Ancienne cote | CH-BAR E 13(-)1000/38 63 | |
Titre du dossier | Verlängerung des Handelsvertrages vom 22.03.1883 durch Erklärung vom 29.12.1887 [AS, 10, 438]; Korrespondenz des Handels- und Landwirtschaftsdepartements; Briefe der Schweizer Gesandtschaft in Rom an den Bundespräsidenten, später an den Bundesrat; Einführung des neuen italienischen Generalzolltarifs Ende 1887; Tarifänderungen infolge Ablaufens des Handelsvertrages Februar/März 1888; Anträge des HLD an den Bundesrat; Notizen; Bundesratsbeschlüsse (1887–1888) |
dodis.ch/42365
Unserm heutigen Collektivbericht2 habe ich noch eine persönliche Bemerkung beizufügen.
Ich bin in allen materiellen Fragen mit meinen Herren Mitdelegirten einverstanden & die Thätigkeit & Beharrlichkeit derselben verdient die höchste Anerkennung.
Daneben glaube ich aber dass die politische Frage bei Hr Crispi stark in’s Gewicht fällt. In der Besprechung die ich gestern mit ihm gepflogen habe, gab er den lebhaften Wunsch zu erkennen mit uns einig zu werden & sagte; «Wenn wir von beiden Seiten nachgeben, werden wir sicher zu einem befriedigenden Resultat kommen.» Auch versprach er ernstlich mit Ellena zu reden. Es ist nun dieser leztere freilich gerade diejenige Persönlichkeit die für uns am gefährlichsten erscheint. Er ist sehr competent, dabei aber ausserordentlich zähe & hält am Generaltarif, den er verfasst hat, ungemein fest. Das Fatale dabei ist, dass Crispi grosse Stücke auf ihn hält & sich von ihm beeinflussen lässt.
Dessenungeachtet glaube ich, dass Crispi sich zweimal besinnen wird bevor er den Vertrag scheitern lässt. Allerdings wird nöthig sein unserseits die Forderungen etwas herabzustimmen, damit er vor dem Parlament mit dem Vertrag auftreten kann. Wenn sich punkto Zoll-Cartell3 etwas thun Hesse wäre es sehr gut. Ich weiss nicht ob vielleicht ein Ausgangszoll auf Tabak und Colonialwaaren möglich wäre oder ob Sie eine andere Massregel, die Italien einigermassen beruhigen würde, anzuwenden für möglich halten & stelle die Sache Ihrem bessern Ermessen anheim.
Die diplomatische Aktion halte ich, im lezten Augenblick, für sehr nüzlich. Der deutsche Botschafter hat grossen Einfluss auf Crispi. Ich habe aber, namentlich weil es im Wunsche meiner Herren Collegen war, immer damit zugewartet; schliesslich wird es aber doch dazu kommen müssen.4
Graf Solms (der deutsche Botschafter) fragte mich gestern: wie es mit unsern Verhandlungen stehe & ich erwiderte blos: wir sind noch weit auseinander. Weder er noch ich sprachen dann über die Sache. Dagegen äusserte Baron Bruck, den ich gestern sah, zu mir: «Solms hat Auftrag Sie zu unterstüzen, sobald Sie es verlangen». Ich sagte nichts darüber & verhalte mich einstweilen passiv, bis der Moment kommt & alsdann sind auch die Herren Cramer & Blumer einverstanden, dass ich zu Solms gehe. Natürlich bleibt Alles streng geheim. Solche bons offices kommen ja stets in der Diplomatie vor, ohne dass Dritte etwas darüber erfahren.5 – Ich füge, um nicht missverstanden zu werden, bei, dass Ellena persönlich sehr artig ist & die Herren Cramer & Blumer sich über sein persönliches Auftreten keineswegs beklagen; wir alle aber nur bedauern, dass er sich verpflichtet glaubt am Generaltarif festzuhalten.