dodis.ch/42091 Der schweizerische Gesandte in Berlin, A. Roth, an den Bundespräsidenten und Vorsteher des Politischen Departements, J. Heer1

Im Begriffe, mich auf die Kanzlei zu verfügen, erhalte ich Ihr Geehrtes vom 15. d. M.2 und beeile ich mich, Ihnen unter theilweiser Bezugnahme auf mein letztes Schreiben, ebenfalls vom 15.3, mitzutheilen, dass ich bis jetzt weder von offizieller noch von irgend einer ändern Seite her Andeutungen darüber erhielt, dass man sich mit dem Gedanken beschäftige, die bestehende Gotthard-Gesellschaft ihrem Schicksale zu überlassen d.h. dem Concurse zuzutreiben und damit die Durchführung des Unternehmens einer neuen Gesellschaft zuzuweisen.

Diese meine Erklärung verliert freilich dadurch an Werth, dass mir, wie ich wiederholt zu melden im Falle war, über die Absichten der Regierungen des deutschen Reichs und Italiens, absolut nichts bekannt ist. Ich wollte aber doch nicht unterlassen, zu constatiren, dass ich auch vonfraglicher Eventualität seit meinem Hiersein nie weder direkt noch indirekt sprechen hörte.

Ich nehme nun von Ihren verdankenswerthen Eröffnungen gebührend Notiz und werde mich für den Fall, dass sich mir eine passende Gelegenheit bietet, in Sachen Nachfrage zu halten und mich über jene Eventualität auszusprechen, genau an Ihre Direktiven halten. Im übrigen betrachte ich Ihre frühem Instruktionen als immer noch bindend, d. h. ich abstrahire von jedem Drängen auf dem Auswärtigen Amt und warte, allerdings mit Ungeduld, eine offizielle oder offiziöse Mittheilung über die prinzipielle Frage der Beschickung der Conferenz ab, bevor ich mich irgendwie weiter in die Sache einlasse, es wäre denn, dass man mir unerwartet Anlass gäbe, diesen oder jenen Punkt jetzt schon zu berühren.

Unter der Hand frage ich aber doch tagtäglich nach dem Stand der Dinge und hoffe die richtigen Quellen gefunden zu haben, um über einen bezügl. Entscheid ohne Verzug Kenntniss zu erhalten.

Dass H. General v. Roeder absolut nichts weiss, wundert mich, denn gestern vor 8 Tagen wiederholte mir H. v. Bülow, er habe v. Röder geschrieben und denselben ersucht, den B[undes]R[ath noch um eine ganz kurze Frist für die Beantwortung der Conferenz-Note zu bitten.