Thematische Zuordung Serie 1848–1945:
I. KIRCHENPOLITIK
1. Der Kulturkampf
1.3. Der internationale Kontext
1.3.1. Beeinflussungsversuche der Mächte
Printed in
Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 3, doc. 16
volume linkBern 1986
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Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
▼ ▶ Archival classification | CH-BAR#E2300#1000/716#84* | |
Old classification | CH-BAR E 2300(-)1000/716 46 | |
Dossier title | Berlin, Politische Berichte und Briefe, Militärberichte, Band 1 (1867–1873) |
dodis.ch/41995 Der schweizerische Gesandte in Berlin, B. Hammer, an den Bundespräsidenten und Vorsteher des Politischen Departements, P. Cérésole1
Bevor ich dazu gelange, einen ausführlichem politischen Bericht an Sie gelangen zu lassen, mit welchem ich anfänglich aus Mangel an Stoff, – nun aber auch aus Mangel an Zeit im Rükstand geblieben bin, – will ich Ihnen meinen verbindlichsten Dank abstatten für die verschiedenen confidentiellen Mittheilungen, die mich in verschiedenen und berührenden Angelegenheiten in der willkommensten Weise orientirten u. auf welche ich theilweise in meinem Bericht zurükkommen werde.
Für heute muss ich mich darauf beschränken, – Bezugnehmend auf Ihre confidentielle Depesche vom 2. Mai (Poststempel) abhin2, Ihnen Kenntnis zu geben von einer Unterhaltung, die ich unterm 28. Mai – anlässlich der stattgehabten Besprechung des Entwurfes eines schweizerisch-deutschen Niederlassungsvertrages – mit dem Fürsten Reichskanzler gehabt.
Nach Erledigung der in beiliegendem Bericht ans Eidg. Justizdepartement erwähnten Angelegenheit, gieng die Unterhaltung zwischen dem Fürsten und mir auch auf die eingetretene Veränderung in den französischen Verhältnissen über. Der Fürst erwähnte in Übereinstimmung mit Ihrer confidentiellen Depesche v. 2. Mai, dass nach dem Bericht des deutschen Botschafters in Paris die clerikale Parthey in Frankreich die grössten Anstrengungen mache, die französische Regierung zu einer Pression gegen die Schweiz mit Rüksicht auf die dort waltenden Kirchlich-politischen Conflikte zu veranlassen. Er (der Fürst) habe den Botschafter in Paris (noch vor dem Sturz von Thiers) beauftragt, diesem Andrängen der Clerikalen auf die französische Regierung entgegenzuwirken. «Frankreich, sagte der Fürst annähernd wörtlich, würde sich sehr täuschen zu glauben, gegen die Schweiz eine bedrohliche Sprache führen zu können, ohne selbst wieder von Deutschland bedroht zu werden. Hat Europa an der Neutralität der Schweiz ein allgemeines Interesse, so hat Deutschland an der Selbstständigkeit der Schweiz ein ganz besonderes, u. noch viel stärkeres Interesse. – Die nämliche Sprache würde Deutschland vorkommenden Falls Frankreich gegenüber auch mit Bezug auf Italien führen, wenn letzteres Seitens des erstem der Gegenstand von Drohungen werden sollte – obgleich man von König Victor Emmanuel sagt, dass er in neuerer Zeit wieder stark nach dem Pabst hin schwenke.»
Ich machte auf diese Eröffnung hin dem Fürst auch Mittheilung von dem bezüglichen Inhalt Ihrer confidentiellen Depesche vom 2. Mai, beifügend dass nach Äusserungen des frühem Präsidenten gegenüber dem Herrn Gesandten Dr. Kern, derselbe nicht gesonnen schien, dem Drängen der Clerikalen nachzugeben.3
Fürst Bismark schien diese Ansicht hinsichtlich der Gesinnung des gestürzten Präsidenten zu theilen, u. fügte bei, eine Antwort der französischen Regierung auf die ihr vom deutschen Botschafter gemachte Eröffnung sei noch nicht eingegangen. In Betreff des Präsidenten Marschall’s Mac-Mahon äusserte sich der Fürst. «Mit Mac-Mahon könnte es schon noch gehen, wenn seine Frau, eine übereifrige Katholikin, spanischer Abkunft, nicht wäre.»
Ohne Belästigung für den Fürsten, durfte ich die Unterhaltung nicht länger ausdehnen, denn derselbe hatte mich während einer Reichstagssitzung zu sich rufen lassen, bei welcher er sich selbst an der Discussion zu betheiligen hatte.
Der Schah von Persien, der sich jüngst das diplomatische Corps hiervorstellen liess, beauftragte mich, dem Präsidenten unseres Landes die Versicherung seiner freundschaftlichen Gesinnungen zu übermitteln, u. dass er sich sehr freuen würde, unser Land, von dessen Klima der Schah viel Gutes gehört u. von dessen schönen Institutionen der als Dolmetscher funktionnirende Grossvezir sehr rühmliches sagte, besuchen zu können. Wie mir der Grossvezier sagte, wäre die Frage, ob der Schah nach der Schweiz gehen würde, noch eine unentschiedene. Von hier geht der Schah zunächst nach Brüssel. Die Länder, welche der Schah mit seinem Besuch beehrt, werden durch die gastliche und fürstliche Aufnahme, die sie ihm und seinem zahlreichen Gefolge gewähren, zu sehr bedeutenden Auslagen veranlasst.4
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