Printed in
Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 1, doc. 225
volume linkBern 1990
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Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
▼ ▶ Archival classification | CH-BAR#E19#1000/43#1486* | |
Old classification | CH-BAR E 19(-)1000/43 150 | |
Dossier title | Rheinkorrektion im Kt. St. Gallen (Grenze Kt. Graubünden bis Bodensee) (1854–1855) |
dodis.ch/41224 Proposition du Chef du Département des Postes et Travaux publics, W. Naeff, au Conseil fédéral1
Gegenstand: Abordnung eines Technikers an den deutsch-österreichischen
T elegraphenverein.
Während in den meisten Ländern für die Telegraphie, gleich wie bei anderen technischen Instituten, die Expertisen zu einer stehenden Aufgabe eigens bestellter Beamten gehören, haben wir in der Schweiz seit der ersten Erstellung unserer Telegraphen im Jahr 1852 keine direkte Kenntnis von den Fortschritten dieser Technik in anderen Ländern genommen.
Wir können allerdings mit Befriedigung auf den dermaligen Stand unseres Institutes blicken, müssen jedoch sowohl aus einzelnen Mittheilungen der technischen Journale und dem mündlichen Berichte fremder Inspektoren, welche die Schweiz besuchen, als auch aus den erzielten Resultaten, welche aus ändern Ländern vorliegen, uns überzeugen, dass in neuester Zeit Fortschritte gemacht wurden, deren Kenntnisnahme zur Hebung unseres Instituts um so wichtiger ist, je vollkommener sich dasselbe von sich aus bereits entwickelt hat.
In England und Frankreich glauben wir wenige Vortheile zu finden, indem die dort angewandten Systeme von dem unserigen wesentlich verschieden sind: dagegen befindet sich im deutsch-österreichischen Telegraphen-Vereine, wo das nämliche System wie bei uns in Anwendung ist, der technische Theil der Telegraphie in einem so guten Zustande, und namentlich sind in neuester Zeit daselbst so bedeutende Schwierigkeiten überwunden worden, dass wir auf ganz vorzügliche Fortschritte schliessen müssen und es für wünschbar erachten, von denselben Kenntnis zu nehmen, um sie bei unserer Verwaltung zu Nutzen zu machen.
Mit einer solchen Expertise wünschen wir zweitens den Auftrag zu verbinden, auf den Hauptstationen und namentlich bei den betreffenden Administrationen diejenigen Massregeln in Anwendung zu bringen, welche geeignet sind, den Transitverkehr durch die Schweiz zu beleben. Wir haben uns überzeugt, dass hiezu eine mündliche Verständigung vieles beitragen kann, wofür wir in dem Verkehr mit Sardinien einen Beweis haben, da seit den wiederholten Abordnungen2 in jenes Nachbarland die Abgabe von Transit-Depeschen sich wesentlich vermehrt hat. Der Transitverkehr ist für unser Institut in finanzieller Beziehung von so grosser Bedeutung, dass er unsere besondere Aufmerksamkeit vollkommen verdient.
Wir wünschen drittens mit dieser Mission den Auftrag zu verbinden, bei dem k.k. Ministerium in Wien eine Verabredung in Betreff des durch den Beschluss des Bundesrathes vom 23. März3 angeregten Anschlusses der Telegraphenlinien bei Castasegna zu treffen.
Seit länger als einem Jahr ist diese Leitung, welche zur Verbindung von Chur mit den Seehäfen des adriatischen Meeres benutzt werden soll, bis an die Schweizergrenze fortgeführt, ohne dass wir bis jetzt von dem österreichischen Ministerium eine Fortführung erlangt haben.
Viertens endlich liegt es in unserer Absicht, bei dem Ministerium in Wien und ganz besonders bei den vorberathenden Behörden eine Geneigtheit zum Eintreten in eine Unterhandlung in Betreff der Rheincorrection anzubahnen.
Durch Beschluss der Bundesversammlung vom 8. Februar 18544 wurde der Bundesrath aufgefordert, für Fortsetzung der Unterhandlungen mit Österreich in der Rheinfrage zu sorgen. Durch neuesten Beschluss des Bundesrathes ist der Regierung von St. Gallen bereits die Zusicherung ertheilt worden5, dass die daherigen Unterhandlungen beförderlichst an die Hand genommen werden. Die Absendung einer Deputation zum Abschluss eines Vertrages kann jedoch nicht ausgeführt werden, bevor wir die Geneigtheit erlangt haben, dass das Ministerium einzutreten gewilligt ist. Zu diesem Zwecke wünschen wir durch eine mündliche Darlegung des Sachverhalts, diejenigen Personen zum Eintreten zu bestimmen, welchen darüber das Referat und der Entscheid zusteht. Wir haben die Hoffnung, dass bei den gründlichen Vorarbeiten, welche bereits gemacht sind, eine spätere Unterhandlung zu einem günstigen Resultate führen wird. Leider hat bis jetzt das Ministerium in eine solche Unterhandlung nicht eintreten wollen. Wegen der im Verlaufe dieses Sommers erfolgten Überschwemmungen des österreichischen Gebietes möchte der jetzige Zeitpunkt zum Wiederanknüpfen unserer Unterhandlungen nicht ungeeignet sein.
Endlich müssen wir anführen, dass der schweizerische Geschäftsträger in Wien in seinen Correspondenzen sowohl über die angeführten Telegraphen-Geschäfte als auch in Betreff der Rheinfrage und wiederholt einen günstigen Erfolg einer derartigen Mission in Aussicht gestellt hat.6
Wir möchten zu dieser Mission den Herrn Dr. Brunner, Centraldirektor der Telegraphenverwaltung, bezeichnen, welcher in Betreff der drei ersten Punkte die geeignete Persönlichkeit ist und auch über die Rheinfrage sich seit längerer Zeit die nothwendige Sachkenntnis angeeignet hat. Zur Unterstützung in seinen technischen Untersuchungen und zur Erleichterung der Unterhandlung mit den untergeordneten Telegraphen-Beamten möchten wir ihm einen Telegraphisten mitgeben in der Person des Herrn Lendi, Chef des Telegraphenbüreau Luzern, welcher im Jahr 1854 zu der Einrichtung der sardinischen Telegraphenbüreaux verwendet wurde und die gehörige Sachkenntnis und Leichtigkeit des Umgangs besitzt.
Wenn der Bundesrath unserem Vorschläge beistimmt, so wäre dem schweizerischen Geschäftsträger in Wien Kenntnis von dieser Abordnung zu geben.
Wir stellen somit den Antrag:
1. Der Bundesrath beschliesst, zur Einsichtnahme der Fortschritte in der Telegraphie des deutsch-österreichischen Telegraphen-Vereins und zum Abschlüsse eines Vertrages mit dem k.k. Ministerium in Betreff des Anschlusses der Telegraphenlinien in Castasegna, endlich zur Anbahnung einer Übereinkunft über eine gründliche Rheincorrektion wird Herr Dr. Brunner, Centraldirektor der Telegraphenverwaltung, abgeordnet.
Derselbe wird ermächtigt, zur Unterstützung in der Ausführung des ersten Punktes den Herrn Lendi, Chef des Telegraphenbüreau in Luzern, mitzunehmen.
2. Dem schweizerischen Geschäftsträger in Wien wird von dieser Abordnung durch folgendes Schreiben Kenntnis gegeben.
f-J7