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Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 25, doc. 112
volume linkZürich/Locarno/Genève 2014
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| Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
▼ ▶ Archival classification | CH-BAR#E2001E-01#1982/58#2345* | |
| Old classification | CH-BAR E 2001(E)-01/1982/58 315 | |
| Dossier title | Ausfuhr schweizerischen Kriegsmaterials nach Chile (1971–1972) | |
| File reference archive | B.51.14.21.20 • Additional component: Chile |
| Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
▼ ▶ Archival classification | CH-BAR#E2005A#1983/18#246* | |
| Old classification | CH-BAR E 2005(A)1983/18 132 | |
| Dossier title | Projekte und Aktionen (1970–1972) | |
| File reference archive | t.311 • Additional component: Chile |
dodis.ch/35139Notiz des Delegierten für technische Zusammenarbeit an die Abteilung für politische Angelegenheiten des Politischen Departements1
WAFFENAUSFUHR NACH CHILE2
Mit Notiz vom 20. Dezember3 ersuchen Sie uns um unsere Stellungnahme zur Ausfuhr von 5000 Sturmgewehren nach Chile.
Die Meinungsäusserung zu diesem Gesuch fällt uns nicht leicht, da zwei sich weitgehend widersprechende Gesichtspunkte zu berücksichtigen sind.
1. Es ist offensichtlich – und geht auch aus dem Ihrem Schreiben vom 20. Dezember in Kopie beiliegendem Telegramm4 unserer Botschaft in Santiago hervor –, dass eine Lieferung von Waffen an die chilenische Armee heute als eine Ausrüstung der Regierung gegen antikonstitutionelle Kräfte betrachtet werden kann. Von diesem Gesichtspunkt aus schiene uns das Gesuch bewilligt werden zu müssen. In diesem Zusammenhang ist auch zu bemerken, dass es sich dabei unseres Wissens nicht um die erste Waffenlieferung nach Chile handeln würde, die der Bund bewilligt5. Eine Änderung unserer Politik müsste einen annehmbaren Grund haben.
2. Die strenge – und noch zu verschärfende – Praxis in der Bewilligung von Waffenexporten (namentlich auch nach Entwicklungsländern) soll sich ja vornehmlich auch an das Kriterium halten, ob im Land, nach welchem die Waffen geliefert werden sollen, innere oder äussere Konflikte drohen oder akut vorhanden sind6. Nach diesem Kriterium, das uns wohl für die Beurteilung der Opportunität eines Waffenexportes als eines der wenigen klaren zur Verfügung steht, ist das vorliegende Gesuch abzulehnen. Selbstverständlich kann man einwenden, es gebe Konflikte und Konflikte: und ein Konflikt einer Regierung, die ihre verfassungsmässigen Rechte verteidigt gegen antikonstitutionelle Kräfte in der Opposition, sei ein solcher, in welchem das Recht offensichtlich auf der Seite der Regierung sei. Diese Regierung solle deshalb unterstützt werden. Diese formale (und formal richtige) Argumentation könnte nun aber offensichtlich auch zugunsten von «rechtsstehenden» Regierungen angeführt werden. Würde dies aber getan, so erhöben zweifellos diejenigen Kreise in der schweizerischen Öffentlichkeit, die die Unterstützung und Bewaffnung von rechtsstehenden Regierungen zur Förderung der Unterdrückung und der Diktatur erklären, lebhaften Protest. Sähe sich die Regierung Allende7 in absehbarer Zeit veranlasst, gegen eine Massenopposition auf der Strasse energisch vorzugehen, gäbe es eventuell Proteste selbst auch aus schweizerischen Linkskreisen. Jedenfalls aber wäre mit lebhafter Beunruhigung breiter bürgerlicher Kreise zu rechnen.
Offensichtlich ist es also sehr schwierig, in einer (innen)politischen Frage, wie sie der Waffenexport für die Schweiz darstellt, nur nach dem Gesichtspunkt der rechtlichen Stellung des Empfängers der Waffen zu entscheiden.
Es scheint uns deshalb, alles in allem genommen, dass dieses Gesuch abgelehnt werden sollte8.
- 1
- Notiz: CH-BAR#E2001E-01#1982/58#2345* (B.51.14.21.20). Verfasst und unterzeichnet von Th. Raeber.↩
- 2
- Vgl. dazu die Notiz von M. Gelzer an P. Graber vom 27. Januar 1971, dodis.ch/35131 sowie die Notiz von J.-L. Grognuz vom 31. August 1971, dodis.ch/35137.↩
- 3
- Notiz von M. Gelzer an das politische Sekretariat, den Delegierten für technische Zusammenarbeit des Politischen Departements und an die Handelsabteilung des Volkswirtschaftsdepartements vom 20. Dezember 1971, Doss. wie Anm. 1.↩
- 4
- Telegramm Nr. 69 der schweizerischen Botschaft in Santiago de Chile an das Politische Departement vom 17. Dezember 1971, Doss. wie Anm. 1.↩
- 5
- Vgl. dazu die Notiz von R. Gaechter vom 4. Dezember 1970, dodis.ch/36526.↩
- 6
- Vgl. dazu DDS, Bd. 25, Dok. 68, dodis.ch/35692; die Notiz von J.-J. Indermühle an P. Graber vom 28. Juni 1972, dodis.ch/35133; die Notiz von C. Huguenin an A. R. Hohl vom 2. Oktober 1972, dodis.ch/35132 sowie das Schreiben von M. Gelzer an A. Kaech vom 21. Dezember 1972, dodis.ch/35134.↩
- 7
- Vgl. dazu DDS, Bd. 25, Dok. 142, dodis.ch/35858.↩
- 8
- Zur Bewilligung des Gesuches durch den Bundesrat vgl. das BR-Prot. Nr. 230 vom 9. Februar 1972, dodis.ch/35140 und das BR-Prot. Nr. 2300 vom 15. Dezember 1972, dodis.ch/35805.↩
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