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Documents Diplomatiques Suisses, vol. 24, doc. 102
volume linkZürich/Locarno/Genève 2012
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Archives | Archives fédérales suisses, Berne | |
▼ ▶ Cote d'archives | CH-BAR#E2001E#1980/83#4249* | |
Ancienne cote | CH-BAR E 2001(E)1980/83 607 | |
Titre du dossier | Manifestationen (1968–1968) | |
Référence archives | B.73.0.(3) • Composant complémentaire: Tschechoslowakei |
Archives | Archives fédérales suisses, Berne | |
▼ ▶ Cote d'archives | CH-BAR#E2807#1974/12#485* | |
Ancienne cote | CH-BAR E 2807(-)1974/12 53 | |
Titre du dossier | Tschechoslowakei (1966–1969) | |
Référence archives | 09 |
Archives | Archives fédérales suisses, Berne | |
▼ ▶ Cote d'archives | CH-BAR#E2001E#1980/83#4246* | |
Ancienne cote | CH-BAR E 2001(E)1980/83 605 | |
Titre du dossier | Politische Bewegungen und Zustände. U.a. Einmarsch der Warschau-Pakt-Staaten (1968–1970) | |
Référence archives | B.73.0 • Composant complémentaire: Tschechoslowakei |
dodis.ch/32194
Am 26. August wünscht der sowjetische Geschäftsträger2 bei Herrn Generalsekretär Micheli vorzusprechen; da dieser beschäftigt ist, stellt er dem Geschäftsträger anheim, später zu kommen oder bei Herrn Dr. Miesch vorzusprechen. Herr Mikhailov entscheidet sich für letzteres; er erscheint um 17.30 Uhr, in Begleitung vom zweiten Sekretär Karsov (der als Übersetzer amtet).
Herr Mikhailov weist zuerst auf die Intervention3 von Herrn Bundesrat Spühler wegen unserer Botschaft in Prag hin; sobald er eine Antwort aus Moskau habe, werde er uns diese mitteilen4. Heute habe er indessen folgende Fragen bei Herrn Dr. Miesch vorzubringen.
In unmittelbarer Nähe des Botschaftsgeländes – allerdings ausserhalb davon – würden Plakate beleidigenden Inhaltes aufgehängt. Bei Ein- und Ausfahrt aus der Botschaft werden die Botschaftsangehörigen belästigt. Man hämmert mit Fäusten auf Fahrzeuge, und in einem Falle wurde eines beschädigt. Herr Mi khailov hofft, dass Herr Miesch diesen Fragen seine Aufmerksamkeit schenkt.
Die Woschod-Bank5 in Zürich wurde furchtbar beschmiert; die Art der Schmierereien ist beleidigender Natur (Mikhailov weist ein Bild in einer Tages zeitung6 vor).
Bei der Aeroflot-Vertretung wurde das Firmenschild abgerissen; in Kloten wurde die sowjetische Flagge weggenommen.
Schliesslich sei die Sicherheit der Aeroflot-Flüge nach und von Zürich7 gefährdet. Letzten Samstag habe eine Aeroflot-Maschine die Landeerlaubnis in Kloten angefordert, wobei ihr der Kontrollturm zuerst mit Beschimpfungen geantwortet habe und erst dann die Erlaubnis erteilt habe. (Aeroflot habe Herrn Guldimann bereits informiert.) Dann werde zu Demonstrationen und Drohungen gegen Aeroflot-Flugzeuge aufgerufen. Die Sicherheit dieser Flüge sei deshalb nicht mehr gewährleistet; das Botschafts-Personal benutze aber diese Flüge regelmässig, und gerade in diesen Tagen kehrten die auf Besuch in Bern weilenden Kinder zum Beginn des sowjetischen Schuljahres wieder nach Moskau zurück. All das seien unangenehme Fragen, aber man sei gezwungen, sich deswegen an uns zu wenden.
Herr Miesch nimmt von den Ausführungen Mikhailovs Kenntnis und weist darauf hin, dass die Ereignisse in der CSSR für das Schweizervolk eine unangenehme Erfahrung waren, was zu entsprechenden Reaktionen8 führte. Die Botschaft steht unter Polizeischutz (was von den Besuchern bestätigt wird), die Woschod- und Aeroflot-Vertretungen sind von uns aus gesehen private Unternehmungen, für deren Schutz die Stadtpolizei Zürich zuständig ist. Wegen der Flugsicherheit werden wir uns mit Herrn Guldimann in Verbindung setzen. Falls die Botschaft vermehrten Polizeischutz wünscht, wird dies veranlasst werden; allerdings ist unsere Polizei nicht sehr gross und bereits überbeansprucht und zudem beim Schutze beispielsweise der sowjetischen Botschaft dem Volkszorn ausgesetzt. Die Regierung kann der Bevölkerung den Protest nicht verbieten, ganz abgesehen davon, dass jeder derartige Versuch zu gesteigerter Empörung im Volke führen würde.
Mikhailov räumt ein, dass er nicht berechtigt sei, etwas von uns zu «fordern». Man verstehe den schweizerischen Standpunkt der privaten Meinungsfreiheit, und man wolle sich da nicht einmischen. Aber man habe das EPD informieren wollen, weil dieses besser verstehe, wie bei den schweizerischen Verhältnissen vorzugehen sei. Er bitte Herrn Miesch nochmals, entsprechende Massnahmen zu veranlassen.
Herr Miesch stellt in Aussicht, das Problem zuständigenorts zu unterbreiten.
Es fällt auf, dass der Ton der Vorsprache überraschend gemässigt (um nicht zu sagen: kleinlaut) ist.
- 1
- Notiz: E2001E#1980/83#4249* (B.73.0.(3)). Verfasst von H. Kaufmann. Kopien an W. Spühler, P. Micheli und Ch. A. Wetterwald.↩
- 3
- Zur Zitation von F. A. Michailow wegen der Beschiessung und Abriegelung der schweizerischen Botschaft in Prag durch sowjetische Truppen vgl. die Notiz von W. Spühler vom 22. August 1968, E2001E#1980/83#4241* (B.51.30). Zur Audienz von F. A. Michailow bei W. Spühler am 21. August vgl. DDS, Bd. 24, Dok. 100, dodis.ch/32192.↩
- 4
- Vgl. die Notiz von H. Miesch vom 16. September 1968, dodis.ch/32184.↩
- 5
- Zur Woschod Handelsbank AG vgl. DDS, Bd. 23, Dok. 126, dodis.ch/31034, und die Notiz von H. Miesch vom 16. Februar 1968, dodis.ch/32800.↩
- 6
- Der Bund vom 26. August 1968, E2001E#1980/83#4246* (B.73.0).↩
- 7
- Zur Eröffnung der Flugverbindung Zürich– Moskau vgl. DDS, Bd. 24, Dok. 44, dodis.ch/32783.↩
- 8
- Zu den Reaktionen der Bevölkerung vgl. z. B. das Schreiben von E. Munz-Liechti an W. Spühler und den Bundesrat vom 22. August 1968, dodis.ch/32197; das Schreiben von F. Altdorfer an die sowjetische Botschaft in Bern vom 24. August 1968, dodis.ch/32195; das Schreiben von J. Wagner und H. Lehnherr an den Bundesrat vom 4. September 1968, dodis.ch/32196 sowie Doss. E2001E#1980/83#4247* (B.73.0.(1)). Vgl. ferner die Notiz von H. Kaufmann vom 3. Oktober 1968, dodis.ch/32198.↩
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