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Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 22, doc. 147
volume linkZürich/Locarno/Genève 2009
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Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
▼ ▶ Archival classification | CH-BAR#E2001E#1976/17#625* | |
Old classification | CH-BAR E 2001(E)1976/17 97 | |
Dossier title | In der Schweiz befindliches Vermögen rassisch, religiös oder politisch verfolgter Ausländer oder Staatenloser (Herrenlose Vermögen) (1961–1963) | |
File reference archive | B.42.13 |
Archive | Swiss Federal Archives, Bern |
Old classification | CH-BAR E 4110(A)1973/85 4 |
Archive | Swiss Federal Archives, Bern |
Old classification | CH-BAR E 2200.36-09(-)1976/154 19 |
Dossier title | Herrenlose Vermögen in der Schweiz |
File reference archive | F.15 |
dodis.ch/30752
Der schweizerische Generalkonsul in New York, H. W. Gasser, an den Sektionschef des Rechtsdienstes des Politischen Departements, E. Diez1
Vermögen rassisch oder religiös verfolgter Ausländer oder Staatenloser2
Mit Schreiben vom 2. April 19633, von dem ich eine Kopie erhielt, er kundigte sich unsere Botschaft bei Ihnen über den gegenwärtigen Stand der oben erwähnten Angelegenheit.
Nachdem die für den Bundesbeschluss4 festgelegte Referendumsfrist am 10. April offenbar unbenützt abgelaufen ist und sich bei mir tagtäglich in zunehmendem Masse Interessenten über die zu erfüllenden Formalitäten bei der Geltendmachung von Ansprüchen erkundigen, sehe ich Ihrem Bericht5 mit Interesse entgegen. Ich kann in diesem Zusammenhang übrigens auch auf mein Schreiben vom 11. Juli 1961 an die Abteilung für Politische Angelegenheiten6 und deren Bericht vom 24. Juli 1961 hinweisen7. Nach Rücksprache und im Einverständnis mit unserer Botschaft erlaube ich mir heute, Ihre Aufmerksamkeit auf den folgenden Punkt hinzulenken:
Abgesehen von den zu erwartenden Anmeldungen aus Israel und einigen Zentren in Südamerika dürften sich wohl die meisten Ansprüche auf New York konzentrieren. Auf Grund der von mir bis anhin gemachten Erfahrungen rechne ich, soweit New York betreffend, mit Zehntausenden von Anmeldungen. Wenn auch die grosse Mehrzahl der Ansprecher kaum in der Lage sein dürfte, für die in der Schweiz befindlichen Vermögenswerte einen Rechtstitel nachzuweisen oder glaubhaft zu machen, so werden wir uns doch mit deren Anmeldungen zu befassen haben. Dazu kommt, dass in den Vereinigten Staaten keine Zivilstandsregister nach schweizerischem Muster geführt werden und wir uns oft mit der Entgegennahme von Affidavits – deren Beweiswert meines Erachtens gering ist – begnügen müssen. Die in diesem Zusammenhang sich ergebenden Probleme sind der Justizabteilung von den gemeinsam erledigten Nachlassfällen her bestens bekannt. Auf welchen Weg auch immer die zu erwartenden Anmeldungen von Ansprüchen verwiesen werden – wir werden uns mit diesen Schwierigkeiten zu befassen haben. Im Hinblick auf den nun bevorstehenden Erlass der Ausführungsbestimmungen lag mir daran, Ihnen von den obigen Überlegungen Kenntnis zu geben.
Abschliessend noch folgendes:
Wie ich Sie bereits am 11. Juli 1961 wissen liess8, hat der Bundesbeschluss in den New Yorker Pressekreisen ein gewaltiges Echo ausgelöst. In regelmässigen Abständen erkundigen sich bei mir Journalisten über den neuesten Stand der Dinge.
Es liegt in der Natur der Sache und des hiesigen Pressewesens, dass die bis anhin veröffentlichten Meldungen nicht immer den Tatsachen entsprechen, ja in einigen Fällen ausserordentlich tendenziös waren. Es sei in dieser Hinsicht bloss daran erinnert, dass der Bundesbeschluss hier nicht in erster Linie auf seinen Inhalt hin überprüft, sondern in der üblichen mystifizierenden Weise in Zusammenhang mit dem Bankgeheimnis gebracht wurde. Nachdem nun die ganze Angelegenheit derart ins Rampenlicht gerückt wurde, frage ich mich, ob es nicht angezeigt wäre, die amerikanische Presse zu gegebener Zeit in Form eines Kommuniqué mit dem wesentlichen Inhalt des Bundesbeschlusses und vor allem den Ausführungsbestimmungen vertraut zu machen. Die betref fende, mit einer Sperrfrist versehene Mitteilung sollte uns indessen rechtzeitig in englischer Übersetzung zugestellt werden, damit sie hier gleichzeitig mit der Publikation in der Schweiz veröffentlicht wird. Andernfalls besteht die kaum abwendbare Gefahr, dass die Übersee-Korrespondenten der hiesigen Blätter die Sache, wenn nicht gerade falsch so doch zumindest ungenau darstellen.
- 1
- Schreiben: E 2001(E)1976/17/97.↩
- 2
- Zu dieser Frage vgl. DDS, Bd. 16, Dok. 61, dodis.ch/65, 67 (dodis.ch/68) und 75 (dodis.ch/17), Anm. 2, DDS, Bd. 17, Dok. 19, dodis.ch/2004 sowie die interne Notiz des Politischen Departements vom 27. Mai 1957 (dodis.ch/13455) und die Notiz von R. Bindschedler an W. Stucki vom 23. Mai 1957 (dodis.ch/13454). Vgl. auch das Schreiben von N. Goldmann an L. von Moos vom 13. Februar 1962 (dodis.ch/30706).↩
- 3
- Vgl. E 2200.36(-)1976/154/19.↩
- 4
- Es handelt sich um den Bundesbeschluss über die in der Schweiz befindlichen Vermögen rassisch, religiös oder politisch verfolgter Ausländer oder Staatenloser vom 20. Dezember 1962, BBl, I, 1963, S. 23–28 (dodis.ch/2108). Vgl. auch die Botschaft zu diesem Beschluss, Vgl. BBl, I, 1962, S. 933–949.↩
- 5
- Vgl. E 2200.36(-)1976/154/19.↩
- 6
- Vgl. E 2200.52(-)1981/114/42.↩
- 7
- Vgl. E 2200.52(-)1981/114/42.↩
- 8
- Vgl. Anm. 5.↩
Tags
Dormant Bank Accounts (1947–1973)
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