Frage der Freigabe der österreichischen Guthaben in der Schweiz: verhindern, dass die österreichischen Behörden eine Kontrolle ausüben, um sich der Guthaben zu bemächtigen.
Printed in
Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 17, doc. 9
volume linkZürich/Locarno/Genève 1999
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Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
▼ ▶ Archival classification | CH-BAR#E2001E#1000/1571#3588* | |
Old classification | CH-BAR E 2001(E)1000/1571 321 | |
Dossier title | Sperre oesterreichischer Guthaben in der Schweiz (1945–1948) | |
File reference archive | C.41.620.0 • Additional component: Oesterreich |
dodis.ch/198
Wir danken Ihnen für die Zustellung von Abschriften zweier Noten der österreichischen Gesandtschaft vom 16. und 18. Juni betreffend die Freigabe der österreichischen Guthaben in der Schweiz3. Die Angelegenheit hat unsere volle Aufmerksamkeit gefunden.
Da insbesondere die Note vom 16. Juni ausschliesslich Fragen im Zusammenhang mit dem Abkommen von Washington4 aufwirft, sehen wir davon ab, dazu Stellung zu nehmen.
Die Note vom 18. Juni gibt uns zu folgenden Bemerkungen Anlass:
1) Es ist ein offenes Geheimnis, dass die Regelung der Bürgerrechtsverhältnisse in Österreich noch zu wünschen übrig lässt. Immerhin ist zu bemerken, dass hierüber gesetzliche Bestimmungen in Österreich erlassen wurden und zwar
a) Gesetz vom 10. Juli 1945 über die Überleitung in die österreichische Staatsbürgerschaft (Staatsbürgerschafts-Überleitungsgesetz – St.UeG.),
b) Gesetz vom 10. Juli 1945 über den Erwerb und Verlust der österreichischen Staatsbürgerschaft (Staatsbürgerschaftsgesetz)
Wir legen Ihnen je ein Exemplar dieser Gesetze bei5.
Auf Grund dieser Erlasse ist es in erster Linie die Landeshauptmannschaft am Wohnsitz des Petenten, die zur Abgabe von entsprechenden Erklärungen zuständig ist.
2) Es sollte möglich sein, bestimmte Kriterien aufzustellen, die der Verrechnungsstelle für den Nachweis der österreichischen Staatsangehörigkeit genügen, wie zum Beispiel die Vorlage des Passes, eines Staatsbürgerschaftsausweises der zuständigen Landeshauptmannschaft, eines Ersatzpasses der österreichischen Interessenvertretung in der Schweiz, soweit darin die österreichische Staatsangehörigkeit festgestellt ist, usw.
Die Verrechnungsstelle hat unseres Wissens hierüber ein Exposé zu Ihren Handen ausgearbeitet6.
3) Das Begehren der Österreichischen Gesandtschaft, die Freigabe nur bei Vorliegen einer von dieser Vertretung ausgestellten Bestätigung auszusprechen, wie auch nur solche Gesuche zu berücksichtigen, die durch die Österreichische Gesandtschaft bei der Verrechnungsstelle eingereicht werden, ist von unserem Standpunkt aus nicht annehmbar.
Es lässt sich zwar nicht beurteilen, was für Gründe die österreichische Regierung zu diesem Schritte veranlasst haben. Sicher ist aber, dass Österreich bei Annahme eines solchen Verfahrens die Möglichkeit hätte, die österreichischen Guthaben in der Schweiz zu kontrollieren und sie für sich dienstbar zu machen. Gemäss § 15 ff. des österreichischen Bundesgesetzes vom 25. Juli 1946 über die Devisenbewirtschaftung besteht bekanntlich eine allgemeine Anmelde- und Anbietungspflicht für Devisen (ausländische Zahlungsmittel, Forderungen gegenüber Ausländern, Gold, ausländische Wertpapiere und österreichische Auslandstitel).
4) Die Annahme des österreichischen Begehrens würde somit einer Gewährung von Fiskalhilfe gleichkommen. Eine solche haben wir aber stets mit allem Nachdruck abgelehnt und müssen dies auch weiterhin tun. Ein Entgegenkommen gegenüber Österreich auf diesem Gebiet könnte ein sehr schwerwiegendes Präjudiz mit Bezug auf die noch der Sperre unterliegenden französischen Guthaben in der Schweiz darstellen7.
Wir wären Ihnen dankbar, wenn Sie diesen – Ihnen wohlbekannten – Bedenken bei der Beantwortung der fraglichen Noten Rechnung tragen wollten.
- 2
- (Kopie): E 2001(E)-/1/321. Paraphe: JM.↩
- 3
- Nicht abgedruckt.↩
- 4
- Vgl. DDS, Bd. 16, Thematisches Verzeichnis: Allgemeine Finanzbeziehungen.↩
- 5
- Vgl. E 2801(-)1968/84/118.↩
- 6
- Vgl. das Schreiben der Abteilung für die Liquidation deutscher Vermögenswerte der SVS an W. Stucki vom 14. Juli 1947, ebd.↩
- 7
- Zur Sperre französischer Vermögenswerte in der Schweiz vgl. E 2001(E)-/1/322.↩
Relations to other documents
http://dodis.ch/198 | see also | http://dodis.ch/19 |
Tags
Europe's Organisations United States of America (USA) (Economy) France (Economy) Washington Agreement (1946)