Printed in
Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 20, doc. 10
volume linkZürich/Locarno/Genève 2004
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Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
▼ ▶ Archival classification | CH-BAR#E2200.53-04#1971/145#292* | |
Old classification | CH-BAR E 2200.53-04(-)1971/145 15 | |
Dossier title | Oesterreich/Politisches (1950–1955) | |
File reference archive | P.51.3 |
dodis.ch/10061
Eine erste Durchsicht des uns zur Verfügung stehenden Textes des Staatsvertrages mit Österreich3 hat ergeben, dass vom Standpunkt der schweizerischen Interessenwahrung in Österreich folgende Bestimmungen von Bedeutung sind:
Präambel. Es wird durchwegs von der Annexion Österreichs gesprochen. Die Auffassung gewisser Vertreter des Bundeskanzleramtes, wonach Österreich nur okkupiert war, dürfte also nicht mehr aufrechterhalten werden können.4
Artikel 3. Interessant ist der Hinweis auf einen deutschen Friedensvertrag.
Artikel 20, Ziffer 5 b. Es wird von österreichischem Eigentum gesprochen. Wie soll Eigentum behandelt werden, das bei Schweizerbürgern requiriert wurde?
Artikel 22. Alle zu diesem Artikel getroffenen Zusatzvereinbarungen sind für uns von grösstem Interesse. – Wie ist Ziffer 7 e zu verstehen? Fallen sämtliche auf den bezeichneten Vermögenswerten ruhende Lasten dahin, wie z. B. die Bruttoprozent-Beteiligungen an den Erdölanlagen Zistersdorf (Ihre Referenz: W.51.51. – III/La) usw., oder welche Lasten bleiben bestehen?
Artikel 24, Ziffer 2. Sind damit Bestimmungen entsprechend dem im Entwurf vorliegenden Besatzungsschädengesetz gemeint?
Artikel 25, Ziffern 1 und 2. Die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes ist wohl für die Fälle gedacht, in denen Angehörige von Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen Nachteile infolge kriegsbedingter Massnahmen in Kauf nehmen mussten, so dass diese Bestimmungen für Schweizerbürger nicht von Interesse sind.
Ziffern 3 bis 6. Es ist nur die Rede von Angehörigen der Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen. Können Schweizerbürger von den erwähnten Massnahmen auch profitieren? Welche ausserordentlichen Steuern, Abgaben und Auflagen sind in Ziffer 6 gemeint?
Ziffer 9. Es ist daraus wohl zu schliessen, dass z. B. Verstaatlichungsmassnahmen jedenfalls nicht rückgängig gemacht werden sollen. An welche anderen österreichischen Bestimmungen wird noch gedacht?
Artikel 26. Inwieweit betrachtet Österreich seine Verpflichtungen aus diesem Artikel durch die bereits erlassenen Gesetze als erfüllt und welche weiteren Erlasse (erbloses Vermögen!) sind noch geplant?
Unsere Ausführungen sind bloss als Hinweise auf die nicht abschliessend aufgezählten Probleme gedacht, die der Staatsvertrag für uns aufwirft. Wir wären Ihnen verbunden, wenn Sie diesen Fragen die nötige Aufmerksamkeit schenken und uns über die von Ihnen eingezogenen Informationen laufend berichten wollten. Eines besonders eingehenden Studiums bedürfen alle Bestimmungen, welche den Angehörigen der Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen Vorteile einräumen. Es wird unsererseits zu prüfen sein, ob Schritte zu unternehmen sind, um diese Vorteile auch für Schweizerbürger zu beanspruchen5. Hierzu bedürfen wir aber Ihrer Berichte über den Umfang und die Tragweite dieser besonderen Bestimmungen.
- 1
- Schreiben: E 2200.53(-)1971/145/15.↩
- 3
- Für eine Kopie des Textes des Staatsvertrages vgl. E 7110(-)1976/16/41.↩
- 4
- Zur Geschichte des Staatsvertrages vgl. die interne Notiz Le traité d’Etat autrichien von A. L. Natural vom 13. Mai 1955, zur Rezeption des Staatsvertrags diejenige vom 11. August 1955, E 2001(E)1970/217/292.↩
- 5
- Keine entsprechende Korrespondenz ermittelt.↩