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Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
Archival classification | CH-BAR#E2200.114A#1999/62#95* | |
Dossier title | Conférence/Convention mondiale sur l'environnement 1991/1992 (échange de lettres entre Cotti-Goldemberg incl.) (1990–1992) | |
File reference archive | 716.4 |
Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
Archival classification | CH-BAR#E3363-07#2009/233#1588* | |
Dossier title | Groupe de travail interdépartemental sur l'évolution du systéme clymatique (1990–1990) | |
File reference archive | 8.60.2 |
dodis.ch/57223
Notiz des EDA1
Die Schweiz und das Klimaproblem
Die Schweiz misst der Klimafrage einen hohen Stellenwert zu. Eine schnelle Klimaveränderung könnte sie nämlich innerschweizerisch vor grösste Anpassungsprobleme stellen und international massive Belastungen erzeugen, von denen die Schweiz direkt mitbetroffen wäre.
Mit einem Anteil von etwa 2 Promille an den weltweiten klimawirksamen Gasemissionen ist die direkte Einwirkungsmöglichkeit der Schweiz über die Begrenzung ihres Schadstoffausstosses klein. Die Strategie der Schweiz muss daher nach aussen gerichtet sein, und darauf hinwirken, dass in internationalem Rahmen möglichst weitreichende Lösungen für die Begrenzung des Treibhauseffektes gefunden werden. Effektive Massnahmen in der Schweiz selbst zur Begrenzung der klimawirksamen Emissionen sind eine unabdingbare Voraussetzung, wenn eine international aktive, dynamische Rolle glaubwürdig gespielt werden soll. Die Aussenpolitik ist somit der Hauptträger der schweizerischen Bemühungen zur Lösung des Klimaproblems. Die Innenpolitik muss ihr die nötige Rückendeckung, das Fundament geben.
Mit der 2. Klimakonferenz2 und den anlaufenden Verhandlungen für eine Klimakonvention3 sind geeignete Fora gegeben, in denen die Schweiz eine nach aussen wirkende Strategie verfolgen kann. Zum Ziel kommen sollen diese Arbeiten in der Konferenz der Vereinten Nationen über Umwelt und Entwicklung (UNCED) von 1992.4 Ihrem Bezug zum viel breiter angelegten Vorbereitungsprozess von UNCED ist gebührend Rechnung zu tragen. In jedem Fall kommt einer gründlichen Analyse der Interessen der beteiligten Partner und dem Festlegen einer Verhandlungstaktik grosse Bedeutung zu. Die beiliegende Tabelle gibt einen wesentlichen Anhaltspunkt für die materielle Ausgangslage. Rund 22 Länder sind für über 80% der klimawirksamen Gasemissionen verantwortlich. Die Spitzenposition der Vereinigten Staaten und der Sowjetunion ist ausgeprägt. Dahinter folgen aber unmittelbar Brasilien, China und Indien. Zusammen mit allen bevölkerungsreicheren Industriestaaten sind eine Handvoll weiterer Entwicklungsländer massgeblich. Die grosse Mehrzahl der Entwicklungsländer fällt aber kaum ins Gewicht.
Verhandlungsmässig dürfte sich die Ausgangslage vereinfacht folgendermassen präsentieren: Auf der einen Seite finden sich die europäischen Länder unterstützt von den kleinen Inselstaaten insbesondere des Südpazifiks. Dieses Lager strebt möglichst schnell, möglichst weitgehende international gestützte Massnahmen an. Auf der anderen Seite suchen die Vereinigten Staaten zusammen mit wichtigen ölproduzierenden Ländern eher eine Verzögerung und wenig verbindliche Ergebnisse des Verhandlungsprozesses. Die grosse Gruppe der Länder mit bedeutenden Tropenwaldvorkommen und der Entwicklungsländer allgemein dürfte in den Verhandlungen das Festschreiben möglichst grosser Übertragungen an sie von den Industriestaaten anstreben (Entschuldungsaktionen, finanz- und technische Hilfe) und den Verhandlungsprozess durch die Einbringung von Themen wie Technologietransfer, gerechtere Welthandelsordnung etc. erschweren.
Auf obigem Hintergrund sind in die Verhandlungstaktik folgende Elemente einzubeziehen: Materiell sind für ein «gutes» Verhandlungsergebnis nur eine kleine Anzahl von Ländern wichtig. Der Hauptgegensatz dürfte zwischen den USA und den europäischen Staaten bestehen. Dieser könnte aber überlagert werden von den oben erwähnten Interessen derjenigen Entwicklungsländer, die Öl fördern, bedeutende Tropenwaldvorkommen haben, oder sich substantielle Vorteile aushandeln möchten. Dies heisst, dass für ein möglichst weitgehendes Verhandlungsergebnis ein Entgegenkommen gegenüber den Entwicklungsländern (Anerkennung ihres Rechts auf ein weiteres Emissionswachstum, finanzielle und technische Unterstützung) nötig ist. Brasilien dürfte wegen seiner spezifischen Bedeutung für den Schutz des Tropenwaldes dabei als Sonderfall behandelt werden müssen. Die Schweiz tritt dafür ein, dass die internationale Finanzierung der Mitwirkung der Entwicklungsländer an der Lösung der globalen Umweltprobleme über einen einheitlichen, multilateralen Mechanismus erfolgt. Die unter Führung der Weltbank in Ausarbeitung stehende «Global Environment Facility» erfüllt dieses Ziel.5
In Anbetracht der starken Gegensätze der Verhandlungspartner ist als Verhandlungsergebnis ein Kompromiss zu erwarten, den die Schweiz mühelos mittragen können dürfte. Ihre Zielsetzungen für das Verhandlungsergebnis könnte sie daher zu Beginn des Prozesses etwas ehrgeiziger formulieren, als was sie selbst glaubt materiell ohne allzu grosse Probleme einhalten zu können.
- 1
- CH-BAR#E3363-07#2009/233#1588* (8.60.2). Die undatierte Notiz wurde höchstwahrscheinlich von der Direktion für internationale Organisationen verfasst. Am 19. September 1990 übermittelte deren Direktor, Botschafter Jean-Pierre Keusch, die Notiz an den Direktor des Bundesamts für Umwelt, Wald und Landschaft des EDI, Bruno Böhlen, als Grundlage für einen im Hinblick auf die im November stattfindende zweite Weltklimakonferenz auszuarbeitenden Antrag an den Bundesrat. Vgl. das Begleitschreiben von Botschafter Keusch an Direktor Böhlen im Faksimile dodis.ch/57223. Für den Antrag und den Beschluss des Bundesrats über die Teilnahme der Schweiz an der Klimakonferenz vgl. das BR-Prot. Nr. 2284 vom 31. Oktober 1990, dodis.ch/55528.↩
- 2
- Zur zweiten Weltklimakonferenz, die im November 1990 in Genf stattfand, vgl. DDS 1990, Dok. 46, dodis.ch/56282 sowie die Zusammenstellung dodis.ch/C1916.↩
- 3
- Vgl. dazu die Zusammenstellung dodis.ch/C2074.↩
- 4
- Vgl. dazu das BR-Prot. Nr. 163 vom 30. Januar 1991, dodis.ch/56189 sowie die thematische Zusammenstellung Konferenz der Vereinten Nationen über Umwelt und Entwicklung (UNCED) in Rio de Janeiro (1992), dodis.ch/T1726. ↩
- 5
- Zur Frage der Mitwirkung der Schweiz an der Global Environment Facility (GEF) der Weltbank vgl. die Zusammenstellung dodis.ch/C1737.↩
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United Nations Conference on Environment and Development (UNCED) in Rio de Janeiro (1992)