▼▶Repository
| Archive | Swiss Federal Archives, Bern |
▼ ▶ Archival classification | CH-BAR#E1004.1#1000/9#1* |
| Old classification | CH-BAR E 1004.1(-)1000/9 1 |
| Dossier title | Beschlussprotokolle des Bundesrates 21.11.1848-20.2.1849 (1848–1849) |
dodis.ch/55923
Protokoll des schweizerischen Bundesrathes. I. Sitzung
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Nachdem sich in der Sitzung der Bundesversammlung vom 20. dieses Monats vier Mitglieder des Bundesrathes für die Annahme der Wahl ausgesprochen hatten, ward zur feierlichen Beeidigung dieser Annehmenden geschritten und es ist2 der Bundesrath nach Maßgabe des Art. 88. der Bundesverfassung für konstituirt erklärt worden.
Der schweizerische Bundesrath, für einmal bestehend aus den Herren:
- Bundespräsident Furrer und den Bundesräthen:
- Ochsenbein
- Frei-Heroseé und
- Näff.
versammelte sich heute, Morgens 8. Uhr, in dem vom ehemaligen eidgenössischen Vororte hiezu angewiesenen Lokal im Erlacherhofe.
Das Aktuariat wurde besorgt von dem eidgen. Kanzler und den Sekretärs Meyer und Chevalier.
Herr Präsident Furrer begrüßte den Bundesrath mit ernsten, der Bedeutung des Tages entsprechenden Worten. Es ließen sich in diesem Augenblicke weitläufige Betrachtungen anstellen über die Wichtigkeit dieses Tages, allein jedes Mitglied sei selbst davon so innig überzeugt, daß das Präsidium der Mühe überholen sei, die Größe der Gegenwart in längerer Ansprache auseinanderzusetzen. Der Bundesrath bilde im eigentlichen Sinne des Wortes den praktischen Ausschuß der Bundesbehörde, dessen Aufgabe mithin mehr in der That als im Worte bestehe. Das Präsidium heiße daher die Bundesräthe einfach willkommen, indem es den Wunsch beifüge, daß stets ein freundliches und loyales Verhältniß vorherrschen möge. Zwar, wenn von einträchtigem Zusammenwirken gesprochen werde, so sei damit nicht eine durchaus unwandelbare Einigkeit in der Ansicht gemeint, denn es werde dießfalls eine Verschiedenartigkeit nicht auszuschließen sein; man wolle wohl vielmehr nur auf Einheit der Gesinnung und des Charakters hindeuten. Wenn der Bundesrath treu, bieder und offen zusammenhalte, so werde dieß für seine ganze Wirksamkeit von den besten Folgen sein und einen wohlthätigen Einfluß auch auf die andern Behörden auszuüben nicht verfehlen. Eines Punktes aber müsse man hier noch erwähnen, nämlich das Verhältniß der Behörde zur Öffentlichkeit, zu der Presse.
Auch die Verhandlungen des Bundesrathes gehörten in der Regel der Öffentlichkeit an; allein es liege in der Natur der Sache, daß oft Gegenstände hier zur Sprache gelangten, die ohne Gefährde der Publizität nicht anheimgegeben werden könnten. Wenn daher ein Mitglied in dieser Behörde in irgend einer Beziehung Bedenken trage, einen Verhandlungsgegenstand der Öffentlichkeit preis zu geben, so möge dieß nur freimüthig angezeigt werden, um den Bundesrath in den Stand zu setzen, sachbezüglich eine Verständigung zu treffen.
Landammann und Landrath des Kantons Unterwalden ob dem Wald machten mit Zuschrift vom 19. d. M. die Mittheilung, daß die dortige Landsgemeinde am 19. d. M. beschlossen habe, sich der Schlußnahme des National- und Ständerathes, betreffend die Annahme der Bundesverfassung zu unterziehen und die daherigen Wahlen ohne allen Ruckhalt oder Vorbehalt zu treffen.
Zum Mitglied in den Nationalrath sei Herr Landammann Wirz und zum Mitglied des Ständerathes Herr Landammann Imfeld, beide mit Einmuth gewählt worden.
Es soll hievon den beiden Räthen, unter Beilegung einer Abschrift des Landsgemeindebeschlusses, Kenntniß gegeben werden. (S. Miss. B. Bd. I. N° 1.).
Die eidgenössische Repräsentantschaft im Kanton Tessin erstattete unter’m 18. d. M. einen zweiten Bericht über die dortige Sachlage der Dinge. Daraus geht hervor, daß am 17. in der
Ortschaft Bruzella auf eine eidgenössische Ordonanz, glücklicherweise ohne Erfolg, ein Schuß abgefeuert worden sei; ferner, daß in Folge einer in der Lombardei angeordneten Aushebung eine Vermehrung der italienischen Emigranten in Aussicht stehe. Dieses letztere wurde von dem Staatsrathe des Kantons Tessin am gleichen Tage bestätigt, dabei jedoch bemerkt, daß die Zahl der im dortigen Kanton sich aufhaltenden Flüchtlinge sich bis auf 939 Personen vermindert habe.
Es werden diese Aktenstücke derjenigen Kommission des Nationalrathes übermittelt, welche über die Angelegenheiten des Kantons Tessin resp. über die Anstände zwischen der dortigen Regierung und den eidg. Rpräsentanten ihr Gutachten abzugeben hat. (S. Missivenb. Bd. I, N° 2.).
Die Regierung des Kantons Genf machte unter’m 18/19. d. Mts. in Antwort auf das vorörtliche Kreisschreiben vom 2/3. v. Mts. die Anzeige, daß im dortigen Kanton der Stempel für Zeitungen durch die Verfassung vom Jahr 1847 abgeschafft sei.
Es ist hievon dem belgischen Geschäftsträger Herrn Achart Mittheilung zu machen. (S. Miss. B. Bd. I, N° 3.).
Eine Zuschrift des Herren Killias, schweizerischer Abgeordneter in Handelssachen in Frankfurt a/m, über die dortige politischen Zustände und insbesondere über die kritische Lage des Reichsministeriums in folge der Ereignisse in Wien und Berlin, hatte bei den einzelnen Mitgliedern des Bundesrathes circulirt. Aus dieser Depesche war, als die Schweiz besonders interessirend, zu ersehen, daß der deutsche Reichsgesandte bei der Eidgenossenschaft, Herr Franz Baveaux diese seine Stelle niedergelegt hat.
Die Zuschrift erfodert keine Schlußnahme und geht ad acta.
Das Präsidium machte die Anzeige, daß auf sein Ersuchen Herr Bundesrath Näff ein Schema derjenigen Gegenstände entworfen habe, die sich auf den Organismus der Geschäfte des Bundesrathes beziehen und die vor Allem in Berathung fallen dürften. Mit Rücksicht hierauf wurden sodann folgende Beschlüsse gefaßt:
- a. Der Amtsantritt des Bundesrathes soll auf übliche Weise den sämmtlichen Kantonsregierungen, den schweizerischen Agenten im Auslande und den auswärtigen Staatsregierungen zu Kenntniß gebracht werden (S. Miss. B. Bd. I, N° 4.), nachdem der ehemalige Vorort seinen Rücktritt von der Leitung der Bundesgeschäfte wird angezeigt haben.
- b. Der Kanzler ist beauftragt, eine Proklamation zu entwerfen, in welcher dem schweizerischen Volke von der Konstituirung der neuen Bundesbehörden Kenntniß gegeben wird.
- c. Eine Vertheilung der Geschäfte nach Art. 91. der Bundesverfassung unter die Mitglieder des Bundesrathes, soll für einmal noch unterbleiben, weil erst vier Mitglieder die Annahme der Stelle erklärt haben. Hingegen wurde Herr Bundesrath Frei-Herose beauftragt, ein dießfallsiges Geschäftsreglement, nach welchem jedem Bundesrathe im Sinne des obgenannten Artikels der Verfassung sein Departement zugewiesen und dessen näherer Organismus bestimmt werden, zu entwerfen und der Behörde vorzulegen.
- d. In Berücksichtigung, daß nach § XIII des Tagsatzungsreglements vom 14. September abhin mit der Konstituirung des Bundesrathes die eidgenössische Kanzlei thatsächlich zu existiren aufgehört hat, wurde dem Kanzler Vollmacht ertheilt, die Bundeskanzlei provisorisch zu bestellen; derselbe erhielt sodann den ferneren Auftrag, den Entwurf zu einem Gesetze über die Einrichtung der Kanzlei nach Maßgabe des Art. 93 der Bundesverfassung auszuarbeiten und mit thunlicher Beförderung vorzulegen.
- e.) Im Weitern wurde dem Kanzler gestattet, noch fernerhin das Aktuariat bei’m Nationalrathe zu versehen, und es sollen in seiner Abwesenheit die einschlagenden Funktionen bei dem Bundesrathe durch einen hiefür passenden Kanzlersekretär besorgt werden.
- f. Vom abgetretenen eidgenössischen Vororte ist ein Verzeichniß der laufenden, noch zu erledigenden Geschäfte zu gewärtigen.
- g. Der Kanzler ist beauftragt, bis zur definitiven Bestellung des Finanzdepartements, die Zahlungen der eidgenössischen Kassa ferner auszurichten.
- h. Die Rechnungen der ehemaligen eidgen. Zentralverwaltung sollen auf den 5. November abgeschlossen und einem Mitgliede des Bundesrathes zur Berichterstattung an die Behörde mitgetheilt werden.
- i. Herr Bundesrath Näff ist ersucht, sobald die Rechnung über die Zentralkassa bis zum 5. November h. a. gestellt sein wird, dieselbe zu prüfen und der Behörde Bericht zu erstatten. – Die Kanzlei wird gleichzeitig3
- k. In Gewärtigung der endlichen Übergabe der Geschäfte von Seite des eidgenössischen Kriegsrathes ist
- 1. demselben anzuzeigen, daß der Bundesrath sich mit heutigem Tage constituirt, daß er die in’s Militärwesen einschlagenden Geschäfte übernommen und die einstweilige Leitung derselben dem Herrn Bundesrath Ochsenbein übertragen habe.
- 2. dem eidgenössischen Kriegsrathe für seine vielfachen und ersprießlichen Leistungen im eidgen. Militärwesen den besten Dank und die volleste Anerkennung auszusprechen.
- 3. den Kriegsrath einzuladen, die Rechnung für die ordentlichen Militärausgaben bis 6. November h. a. abzuschließen und das Sekretariat einstweilen in bisheriger Weise eine neue Rechnung fortführen zu lassen.
- 4. Der Bundesrath gewärtigt die definitive Rechnung des Oberkriegskommissariats über den Sonderbundskrieg und ersucht den Kriegsrath, das Kommissariat einzuladen, über den Stand der Rechnungen
- l. In das Sitzungslokal dieser Behörde soll eine möglichst vollständige Sammlung derjenigen Akten, Abschiede, Gesetze etc. besorgt werden, welche dem Bundesrath nothwendig sein dürften.
- m. Endlich wurde der Herr eidgenössische Kanzler beauftragt, mit Beförderung einen Vorschlag in Bezug auf ein für den Bundesrath zu verfertigendes Siegel der Behörde zu hinterbringen.
- n. Bei den beiden Räthen soll die Bewilligung eines unbestimmten4 Kredites zu Bestreitung der Zentralausgaben nachgesucht werden, indem die Feststellung eines verfassungsmäßigen Voranschlages erst später statt haben könne, nachdem eine genaue Übersicht der Bedürfnisse sowie der Hülfsmittel, über die zu verfügen ist, gewonnen sein werde. (S. Missasb. Bd. I, N° 6.). Ende der Sitzung ¼ vor 10 Uhr.
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