Classement thématique série 1848–1945:
IV. POLITIQUE HUMANITAIRE
IV.3. ATTITUDE DE LA SUISSE À l'ÉGARD DES JUIFS
Également: Discussion entre le Chef de la Division de Police, H. Rothmund, et le Secrétaire de la Fédération suisse des Communautés israélites, G. Brunschvig, sur l’antisémitisme et sur les relations entre les autorités fédérales et les milieux juifs. Annexe de 26.9.1944
Pubblicato in
Documenti Diplomatici Svizzeri, vol. 15, doc. 242
volume linkBern 1992
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Archivio | Archivio federale svizzero, Berna | |
▼ ▶ Segnatura | CH-BAR#E4800.1#1967/111#272* | |
Vecchia segnatura | CH-BAR E 4800.1(-)1967/111 62 | |
Titolo dossier | Konferenzen (1943–1953) | |
Riferimento archivio | 1.18 |
Archivio | Archivio federale svizzero, Berna | |
▼ ▶ Segnatura | CH-BAR#E4800.1#1967/111#206* | |
Vecchia segnatura | CH-BAR E 4800.1(-)1967/111 48 | |
Titolo dossier | Zum Flüchtlingsbericht Prof. Ludwig: Unterlagen zur Stellungnahme von Herrn BR von Steiger, verschiedene Dokumentationen (1938–1944) | |
Riferimento archivio | 1.015 |
dodis.ch/47846
Notice du Chef de la Division de Police du Département de Justice et Police, H. Rothmund1
SOLLEN WIR OFFIZIELL BEI DER DEUTSCHEN REGIERUNG INTERVENIEREN ZUGUNSTEN DER SICH NOCH IN DEUTSCHLAND ODER IN VON DEUTSCHLAND BESETZTEN GEBIETEN BEFINDENDEN JUDEN?
Es sind uns von der Gestapo am 21. August 1944 in einem Eisenbahnzug 318 ungarische Juden ohne Voranmeldung an die Grenze gestellt worden. Dieses Vorgehen widerspricht den internationalen Gepflogenheiten und läuft auch den im schweizerisch-deutschen Niederlassungsvertrag2 getroffenen Abmachungen zuwider.
Die 318 ungarischen Juden sind ein Teil von ungefähr 1600 offenbar ausgewählten ungarischen Juden, die zusammen in ein Lager bei Hannover verbracht worden sind, wo sie anscheinend gut behandelt werden. Die zu uns gekommenen waren wenigstens in gutem körperlichem Zustand.
Es sind private Besprechungen in Gang gekommen zwischen Vertretern des SS-Sicherheitshauptamtes in Berlin und einer Gruppe ausländischer Juden in Zürich, Mantello und Konsorten, vertreten durch alt-Nationalrat Dr. Duft, die durch einen gewissen Herrn Trümpy mit den deutschen Stellen in Verbindung gekommen sind. Diese Gruppe bemühte sich zu Beginn angeblich darum, diese 1600 ungarischen Juden nach Spanien usw. zu bringen. Als dies nicht ging, wurden die obengenannten 318 nach der Schweiz verbracht und sollen auch die ändern zu uns kommen.
In zweiter Linie fanden Besprechungen statt zwischen einer Delegation aus Budapest, der auch ein deutscher Vertreter des SS-Sicherheitshauptamtes angehört, und Herrn SalyMayer, dem Vertreter des American Joint Distribution Committee. Herr SalyMayer stellt sich auf den Standpunkt, es könne sich nicht darum handeln, einige hundert oder tausend dieser Juden nach der Schweiz oder irgend in ein anderes Land zu bringen und die ändern viele hunderttausende ihrem Schicksal zu überlassen. Er müsse dafür sorgen, dass alle am Leben blieben und durchgehalten werden könnten. Der «Preis», den das erste Komitee zu bezahlen gewillt ist, ist uns nicht bekannt. Sie spekulieren dem Vernehmen nach auf das American Joint Distribution Committee. Herr SalyMayer soll von den Amerikanern die Bewilligung zu erhalten versuchen, Waren zu liefern. Zunächst sei - bei früheren Verhandlungen in Ankara - von 10000 Lastwagen die Rede gewesen. Jetzt offenbar von ändern Waren, die jedoch ebenso wenig geliefert werden könnten wie die Lastwagen.
Es besteht der Eindruck, dass das unsaubere Geschäft, das die SS mit der einen oder ändern Partei abschliessen will, nicht zustande kommt. Herr SalyMayer, der von allem Anfang an sehr contre-cœur in die Sache hineingegangen ist, hat stets auf Zeitgewinn tendiert in der Erwartung, solange noch ein Gedankenaustausch hin und her gehe, passiere den Juden nichts.
Ich frage mich ernstlich, ob nicht der Zeitpunkt gekommen sei, wo sich die Schweiz offiziell einmischen sollte. Ich stelle mir das folgendermassen vor:
Wir reklamieren sehr energisch wegen der uns überstellten 318 ungarischen Juden, teilen aber zugleich mit, wir seien bereit, die Aufnahme der ändern zu diesem Transport aus Ungarn gehörenden ca. 1300 Juden zu prüfen, vorausgesetzt dass wir alle wünschbare Auskunft - die übrigens bereits vergeblich durch unsere Gesandtschaft in Berlin verlangt worden war - erhielten und die Transporte in unserem Einvernehmen erfolgen würden.
Darüber hinaus würde das Erstaunen ausgedrückt, dass private Verhandlungen stattfänden über Warenlieferungen oder Geldzahlungen zum Zwecke der Verschonung der noch in Deutschland anwesenden Juden von der Deportation und dem Untergang. Die öffentliche Meinung in der Schweiz rege sich mit Recht über die bereits erfolgten Deportationen auf. Deshalb habe denn auch die schweizerische Regierung Schritte in Budapest unternommen, die, wenigstens was die ungarische Regierung anbelange, Erfolg gehabt hätten. Es würde dringend gebeten, dass auch deutscherseits mit den Deportationen aufgehört würde. Wenn es schwer fallen sollte, die noch vorhandenen Juden zu ernähren und zu bekleiden, wäre die Schweiz bereit, durch das Internationale Rote Kreuz Nahrungsmittel und Kleider zur Verfügung zu stellen, damit Deutschland hier entlastet würde.
Dafür müsste natürlich zunächst das Einverständnis der Amerikaner eingeholt werden. Wie mir dieser Tage von Herrn Mac Master mitgeteilt worden ist, hat Herr Mac Clelland, der neue Assistent des amerikanischen Gesandten für Flüchtlingsmassnahmen, ausgedehnte Kompetenzen, sodass zu erwarten ist, dass er Zusicherungen in dieser Beziehung geben könnte. Zusicherungen müssten auch verlangt werden für die Weiterreise der von der Schweiz noch aufzunehmenden Juden.
Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz dürfte ohne Zweifel bereit sein, die Aufgabe der Versorgung der Juden in Deutschland mit Lebensmitteln und Kleidern zu übernehmen.
Nach meiner Kenntnis der Verhältnisse und der in Betracht fallenden Persönlichkeiten in Berlin dürfen wir erwarten, dass eine gutformulierte, aber energisch vorgetragene Intervention in Berlin erhebliche Chancen auf Erfolg aufweist. Sie müsste aber an hoher Stelle angebracht werden, bei Herrn Staatssekretär Steengracht, dem Nachfolger von Herrn v. Weizsäcker. Nachdem die Besprechungen über Mensch gegen Ware von einer Herrn Himmler sehr nahestehenden Stelle ausgeführt oder wenigstens überwacht werden, wissen wir mit Sicherheit, dass es diesen Leuten nicht mehr ganz wohl ist beim Judenmord und dass sie offenbar ein Alibi suchen für nach dem Krieg. Es ist deshalb sehr wohl möglich, dass eine geschickt und energisch vorgetragene Intervention von aussen nicht ungern zum Anlass genommen würde, um einzulenken.
Es ist nicht nötig beizufügen, dass ein schweizerischer Erfolg in dieser Sache von sehr grosser Bedeutung wäre für unser Land, während ein Misserfolg uns m.E. von deutscher Seite keinerlei wichtige Unannehmlichkeiten bringen könnte.
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Atteggiamenti di fronte alle persecuzioni