Vichy, 20. August 1944 (Reçu, 20. August, 12h.00, offen)
Heute früh 07h00 ist Marschall Pétain von den Streitkräften der Besetzungsmacht unter Anwendung von brutaler Gewalt verhaftet worden. Der Eingang zu seinem Hotel inkl. Schlafzimmer wurde brutal aufgesprengt.
Der Marschall hat bei mir protestiert. Die Garde des Marschalls hat befehlsgemäss nicht geschossen, da angedroht war Vichy gegenteiligenfalls zu bombardieren.
08h00 wurde der Marschall von der deutschen Streitmacht nach unbekannter Richtung abgeführt. Der Marschall erklärte dem Nuntius und mir, die wir Zeugen des ganzen erschütternden Vorgehens waren, dass er nicht mehr in der Lage sei in den Funktionen als Staatschef zu walten und Gefangener sei.
Ministerpräsident Laval und andere Minister wurden verhaftet und befinden sich in Beifort. Man hatte Laval von der Besetzungsmacht mitgeteilt, dass er von Paris nach Beifort müsse, weil sich Pétain dort befinde. Ebenso teilte man Pétain mit, dass er nach Beifort müsse, da sich die Regierung dort befinde.
In Frankreich ist kein Staatschef und keine Regierung vorhanden. Erklärung die Laval am 6. August gemacht und die jetzt ihre Bedeutung hat.
Die fremden Diplomaten wurden von der Besetzungsmacht aufgefordert den Marschall zu begleiten. Mit Ausnahme von Japan weigerte sich das diplomatische Korps inkl. Achsenstaaten mit PétainVichy zu verlassen. Ich habe mich dem Vorgehen angeschlossen und geweigert von Vichy abzureisen. Werde mit ganzer Gesandtschaft nach Schweiz reisen, sobald Durchfahrt sicher. Verhandeln darüber. (Fortsetzung folgt.) Werden Donnerstag nächste Woche zurückkehren. Hier erwartet man Maquis und Kämpfe zwischen ihnen und Miliz.
Benachrichtigt unsere Familien alle seien wohl trotz grösster Anstrengungen und weitere Meldungen folgen.
(Obige Meldung wurde 10h45 aufgenommen).
Füge der Meldung bei.
Ich habe hier als Vertreter unseres Landes sehr wichtige und von beiden Seiten verdankte Vermittlerdienste leisten können.
Heute Abend tritt das diplomatische Korps zu einer Besprechung der Lage zusammen. Es wird wahrscheinlich von mir verlangt, dass ich als Vermittler hier bleibe und nicht nächster Tage in die Schweiz gehe. Erbitten Instruktionen ob einem solchen Wunsche entsprochen werden könnte. Glaube persönlich hier sehr nützlich sein zu können.
(1 lh56 erbittet Herr Minister Stucki dringend Instruktionen betreffend Verbleibens in Vichy.)