dodis.ch/47096
Le Chef de la Division des Affaires étrangères du Département politique
1 au Ministre de Suisse à
Berlin, H. Frölicher
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Wir beehren uns, den Empfang Ihres Schreibens vom 4. Juli anzuzeigen, das sich mit dem unsern vom 6.d.M.3 gekreuzt hat und mit dem Sie uns mitteilen, dass Sie sich wegen der deutschen Transitsperre für Wagenladungen nach der Schweiz wiederum mit dem Reichsverkehrsministerium in Verbindung gesetzt haben.
Leider ist bis jetzt entgegen früherer Vermutungen eine Lockerung der Sperre nicht zu verzeichnen. Die Schweizerischen Bundesbahnen berichten, dass auch der Verkehr aus Deutschland nach der Schweiz sehr gering sei und dass beispielsweise Kohlentransporte fast ganz ausbleiben. Der Verkehr durch Deutschland nach der Schweiz und auch nach Italien sei sozusagen eingestellt; nur hin und wieder gehen vereinzelte Transporte nach der Schweiz ein. Überdies melden die Bundesbahnen, dass der Transitverkehr von Stettin, Lübeck und Danzig nach Italien über die schweizerischen Strecken vollständig gesperrt, dass dagegen die Beförderung ab diesen Häfen über die Brenner route möglich sei.
Die Schweizerischen Bundesbahnen stehen in dieser Frage mit der Reichsbahn in ständiger Fühlung, jedoch haben ihre direkten Schritte bisher zu keinem Ergebnis geführt. Vielmehr ist ihnen gestern aus Berlin telegraphisch der Bescheid zugegangen, die Sperre müsse beibehalten werden.
Bei der Bedeutung, die dem Durchgangsverkehr durch Deutschland zukommt, wirkt sich diese Sperre für unser Wirtschaftsleben äusserst nachteilig aus. Im Zusammenhang mit den gegenwärtigen Wirtschaftsverhandlungen mit Deutschland hat denn auch die Schweizerische Delegation diese Frage wiederholt zur Sprache gebracht. Es ist ihr aber zu verstehen gegeben worden, dass mit einer Aufhebung der Sperre vor dem Abschluss der Verhandlungen nicht gerechnet werden könne.
Unter diesen Umständen - und trotz des Umstandes, dass die Transitsperre im Widerspruch steht zu den Zusicherungen, die uns die deutsche Regierung am 28. Juni 1939 inbezug auf den freien Transit durch Deutschland gab4 - glauben wir nicht, dass im jetzigen Zeitpunkt eine Intervention Ihrerseits zur gänzlichen Aufhebung der Sperre führen könnte. Dagegen sollte es möglich sein, insofern eine Lockerung zu erzielen, als die wenigen, Ihnen als dringlichst genannten Sendungen zur Durchfuhr durch Deutschland zugelassen werden. Wir wären Ihnen dankbar, wenn Sie uns über das Ergebnis Ihrer Besprechungen mit dem Auswärtigen Amt oder dem Reichsverkehrsministerium über diese dringlichsten Wagenladungen auf dem laufenden halten wollten5.