Lingua: tedesco
24.5.1940 (venerdì)
CONSEIL FÉDÉRAL Procès-verbal de la séance du 24.5.1940
Verbale del Consiglio federale (PVCF)
Echéance de l’accord de clearing à fin juin. Négociations pour son renouvellement sur des bases révisées en fonction de la situation.

Classement thématique série 1848–1945:
II. RELATIONS BILATÉRALES
A. AVEC LES ÉTATS LIMITROPHES
1. Allemagne
1.2. Affaires économiques.
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Pubblicato in

Jean-François Bergier et al. (ed.)

Documenti Diplomatici Svizzeri, vol. 13, doc. 289

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Bern 1991

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Collocazione

dodis.ch/47046
CONSEIL FÉDÉRAL
Procès-verbal de la séance du 24 mai 19401

906. Wirtschaftsverhandlungen mit Deutschland

Das Volkswirtschaftsdepartement berichtet folgendes:

«1. Bekanntlich läuft das gegenwärtige schweizerisch-deutsche Verrechnungsabkommen Ende Juni a.c. ab, sodass schon aus diesem Grunde neue Verhandlungen mit Deutschland unvermeidlich sind. Nun legen die Deutschen aus begreiflichen Gründen Wert darauf, dass die kommenden Wirtschaftsverhandlungen wenigstens am Anfang in Berlin geführt werden, da sie seit Kriegsausbruch bereits zweimal in der Schweiz verhandelt haben. Es kommt hinzu, dass offenbar Gesandter Hemmen bei der Bekanntgabe des Resultats der Blockus-Verhandlungen mit den Westmächten insbesondere bei neueren militärischen Stellen auf starken Widerstand gestossen ist und es daher für unerlässlich hält, dass die Schweiz. Delegation auch diesen Stellen gegenüber Gelegenheit bekommt, ihren Standpunkt eingehend vertreten zu können.

2. Es muss zugegeben werden, dass sich unser Abkommen mit Deutschland nicht wie erwartet ausgewirkt hat, indem einer deutschen Verschuldung von über 60 Millionen Fr. nach Kriegsausbruch nunmehr eine solche schweizerischerseits von rund 40 Millionen Fr. gegenübersteht. Es wird sich nun in erster Linie darum handeln, Mittel und Wege zu suchen, dass die Situation wiederum normalisiert wird, d.h. dass die Ausfuhr nach Deutschland gesteigert werden kann, und Deutschland dann in der Folge wiederum Schuldner wird. Es liegt dies auch deshalb im schweizerischen Interesse, weil dann Deutschland nicht dauernd versuchen wird, Begehren an uns zu stellen, die wir mit dem besten Willen einfach nicht erfüllen können, sei es aus «Blockade»-Gründen, sei es wegen kriegswirtschaftlichem Unvermögen. Es besteht auch tatsächlich die Gefahr, dass Deutschland uns die so dringend benötigten Kohlenmengen nicht mehr liefert, da es ja nunmehr auch noch andere neue Staaten im Norden zu beliefern haben wird. Wenn wir bedenken, dass trotz Blockade sich die Ausfuhr nach Deutschland in steigender Richtung bewegt, so sollte es nunmehr nach Abschluss der Verhandlungen mit den Westmächten möglich sein, Einund Ausfuhr wiederum in ein besseres Gleichgewicht zu bringen. Seit Anfang des Jahres gestaltete sich unsere Ausfuhr wie folgt in Millionen Franken: Januar Februar März

April7.6 10,9 13,1

14.6 Die Aussichten für eine wertmässig höhere Ausfuhr sind aber auch deswegen vorhanden, weil ja die Preise steigende Tendenz aufweisen.

3. Ein weiteres Mittel, die Schweiz. Ausfuhr zu steigern besteht in einer weitern Lockerung der Ausfuhrhemmnisse, in der Weise, dass die Wertgrenzen, die bekanntlich bis anfangs dieses Jahres auf 10 °7o reduziert waren, im Februar dann gegen den deutschen Willen auf wiederum 40 % angesetzt wurden, erneut weiter erhöht werden. Wir denken dabei etwa an 50-60%, sodass dann die normale Schweiz. Ausfuhr bei 60% wiederum die gleiche Ausfuhrmöglichkeit hätte wie kurz nach der Abwertung im Jahre 1936. Da hier im Rumpfclearing im Rahmen dieser Wertgrenzen die Deutschen die Ausfuhrwaren nicht frei wählen können, sondern eben im Rahmen des Stichjahres im wesentlichen nur die herkömmlichen schweizerischen Exportprodukte erhalten, werden wir selbstverständlich wiederum auf starke deutsche Opposition stossen. Die Deutschen ziehen eben vor, über Kohle-Eisen-Konto möglichst frei diejenigen Waren aus der Schweiz zu beziehen, die ihnen in der jetzigen Zeit als besonders dringlich und nötig erscheinen.

4. Die Schweiz wird auch verlangen müssen, dass grundsätzlich - wenigstens vorderhand - am bisherigen Verteilungsschlüssel nichts geändert wird und daher die bisher für den Transferfonds, die Nebenkosten etc. reservierten Mittel auch in Zukunft für diese Zwecke reserviert bleiben. Da die auf ca. 10 Millionen Fr. angestiegenen Rückstände auf dem Transferkonto nunmehr völlig getilgt worden sind, sollte es möglich werden - ohne Änderung des jetzigen Verteilungsschlüssels - den gegenwärtig 2 % betragenden Zinssatz auf ca. 3 °7o zu erhöhen, nachdem die dem Transferkonto zufliessenden Mittel von monatlich rund 3 1/2 Millionen Fr. auf 5 Millionen Franken angestiegen sind.

5. Da nunmehr genügend Mittel vorhanden sind, sollte versucht werden, auch bezüglich des Deutschland zugefallenen Teils - die wirtschaftlich wertvollsten Gebiete - von Polen eine tragbare Regelung der Wirtschaftsbeziehungen zu vereinbaren. Die bezüglichen deutschen Vorschläge gehen dahin, dass die neuen Geschäfte mit diesen Gebieten über das deutsche Verrechnungsabkommen zu leiten wären, die Rückstände dagegen auf Separatkonti zu buchen wären. Da unsere Aussenstände in Polen aber viel grösser sein dürften als unsere rückständigen Zahlungen dorthin, müssten [wir auf diese Weise namhafte Summen einfach einfrieren. Hier müssen wir unbedingt auf der Abtragung der alten Aussenstände beharren.

6. Im übrigen wird die Schweiz. Delegation die mit den Westmächten getroffene Blockade-Abmachung mit gutem Gewissen verteidigen können, da sich diese Abmachungen durchaus im Rahmen der herkömmlichen Wirtschaftsbeziehungen halten und Deutschland anfangs des Krieges ja selber die Regelung der gegenseitigen Handelsbeziehungen auf diesem Boden beantragt hatte. Nicht sehr zufrieden soll man in Berlin sein über die Schweiz. Regelung der Kriegsmateriallieferungen, die bekanntlich nach allen Seiten hin möglich sind, wenn die nachfolgenden drei Voraussetzungen gegeben sind:

1. Sicherung der Bezahlung,

2. Lieferung an eine staatliche Behörde und

3. Zurverfügungstellung des nötigen Materials durch den auftraggebenden ausländischen Staat. Die Delegation wird auch gegenüber Deutschland an der bisherigen bundesrätlichen Instruktion festhalten.»

Gestützt auf obige Ausführungen wird antragsgemäss1. Dieser Bericht wird als Instruktion für die am 27. crt. in Berlin beginnenden Wirtschaftsverhandlungen genehmigt;

2. als Delegierte werden bezeichnet: Direktor Dr. Hotz, Delegationschef; Direktor Hornberger, Dir. Schwab, Prof. Laur, Generaldirektor König, Generaldirektor Vieli, Nationalrat Gafner;

3. als Experten werden der Delegation beigegeben: Vize-Direktor Burger von der Verrechnungsstelle, Fürsprech Marti von der Handelsabteilung.

1
E 1004.1 1/397.