Classement thématique série 1848–1945:
IV. POLITIQUE ET ACTIVITÉS ÉCONOMIQUES
2. Ravitaillement de la Suisse en temps de guerre
2.2. L’économie de guerre
Printed in
Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 13, doc. 160
volume linkBern 1991
more… |▼▶Repository
Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
Archival classification | CH-BAR#E1004.1#1000/9#13525* | |
Dossier title | Beschlussprotokoll(-e) 08.09.-12.09.1939 (1939–1939) |
dodis.ch/46917 CONSEIL FÉDÉRAL
Procès-verbal de la séance du 12 septembre 19391 1745. Wirtschaftsverhandlungen mit dem Ausland; Verhandlungen mit Frankreich
Procès-verbal de la séance du 12 septembre 19391
Das Volkswirtschaftsdepartement berichtet was folgt:«I.
A. Das Ausfuhrverbot für eine Reihe lebenswichtiger Waren, das von der Französischen Regierung am 28. August 1939 erlassen wurde2, hat zusammen mit den durch die gespannte internationale Lage insbesondere auf dem Rhein und dem Rhein-Rhone-Kanal vorher schon aufgetretenen Transportschwierigkeiten die Zufuhr aus Frankreich nach der Schweiz stillgelegt.
Den Interventionen der Schweizerischen Gesandtschaft in Paris und einer schweizerischen Delegation ist es am 1. September 1939 gelungen, von den französischen Behörden eine Reihe von Waren allgemein für die Ausfuhr nach der Schweiz frei zu bekommen, sofern diese Waren vor dem 29. August 1939 in Frankreich nach der Schweiz unterwegs waren3. Auf der Liste der so freigegebenen Waren befinden sich als wichtigste: Eisen, Weizen, flüssige Treibstoffe und Düngmittel. Sie sind, sofern die bereits in der Nähe der Schweizergrenze waren, noch ins Land hereingekommen; recht bedeutende Mengen flüssiger Treibstoffe, die in Kanalschiffen unterwegs waren, gelangen gegenwärtig auf dem Bahnweg nach der Schweiz. Für alle nicht auf der Liste der ausdrücklich freigegebenen Waren verzeichneten Güter sind in jedem Einzelfall Gesuche um Ausfuhrbewilligung an die zuständigen französischen Ministerien zu richten. Diese Vorschrift verzögert und erschwert zurzeit die Zufuhr der in Frankreich liegenden und für die Schweiz bestimmten Waren.
Durch ein am 1. September 1939 von Frankreich erlassenes generelles Einfuhrverbot wurde die Lage für die Schweiz noch entscheidend verschlechtert. Nach den geltenden Vorschriften müsste für Schweizerwaren, welche auf dem Seeweg zur Durchfuhr nach der Schweiz nach Frankreich gelangen, sowohl eine französische Einfuhrbewilligung als auch eine Ausfuhrbewilligung erreicht werden. Unsere Gesandtschaft in Paris hat die Gefährdung der schweizerischen Landesversorgung durch diese Vorschriften erkannt und sofort beim französischen Handelsminister interveniert um eine Regelung zu erwirken, die der besonderen geographischen Lage der Schweiz angemessen ist. Die französische Regierung hat daraufhin Vorschläge für eine vorläufig provisorische Regelung der gegenseitigen Wirtschaftsbeziehungen unter den gegebenen ausserordentlichen Verhältnissen gemacht; sie sollen als Grundlage der aufzunehmenden Verhandlungen dienen. Diese Vorschläge sind durch die Ergebnisse der Verhandlungen zu ergänzen, welche Herr Matter als Chef des Kriegs-Transport-Amts im Auftrag des Volkswirtschaftsdepartements schon längere Zeit vor Kriegsausbruch mit den französischen Behörden gepflogen hat, und in denen ausser Transportfragen auch Fragen der Belieferung der Schweiz mit französischen Erzeugnissen eine weitgehende Abklärung erfahren haben4. II.
Die mit Frankreich aufzunehmenden Verhandlungen werden sich auf folgende Gegenstände zu beziehen haben:
1. Regelung der Ausfuhr von Waren,
welche vor dem Erlass der Ausfuhrverbote unterwegs waren.
Die Französische Regierung erklärt sich bereit, die am 1. September 1939 getroffene Regelung auch nach dem Eintritt des Kriegszustandes aufrecht zu halten und fordert von der Schweiz die freie Ausfuhr jener Waren, welche vor der Inkraftsetzung des generellen schweizerischen Ausfuhrverbots (4. September 1939) in der Schweiz nach Frankreich zur Beförderung aufgegeben waren. Wir könnten der französischen Forderung umso eher zustimmen, als es sich um ganz geringe Warenmengen handelt, die auf schweizerischer Seite an der Grenze aufgehalten sind, und durch deren Freigabe die Landesversorgung nicht gefährdet wird. Wir finden aber die generelle Freigabe der aufgehaltenen Waren durch die Schweiz in keiner Weise in Harmonie mit der bloss teilweisen Freigabe der in Frankreich aufgehaltenen Güter durch die Französische Regierung (Liste vom 1. September 1939) und dem Weiterbestehen der Vorschrift, dass für alle übrigen Sendungen, welche vor dem 29. August 1939 nach der Schweiz unterwegs waren, der mühsame und unerwünschte Weg der Einzelgesuche und Einzelbewilligung beschritten werden muss. Die Schweiz muss daher von Frankreich volles Gegenrecht verlangen, d.h. die freie Ausfuhr aller Waren, die vor dem 29. August 1939 zur Spedition nach der Schweiz aufgegeben waren.
2. Regelung der Einfuhr von Waren, welche vor Erlass des
französischen Einfuhrverbots (1. September 1939) unterwegs waren.
Die Französische Regierung erklärt sich bereit, Waren, welche vor dem 2. September nach Frankreich mit Bestimmung für die Schweiz aufgegeben waren, ohne besondere Einfuhrbewilligung hereinzulassen. Sie fordert als schweizerische Gegenleistung eine entsprechende Handhabung der «jüngst erlassenen schweizerischen Einfuhrverbote». Da von der Schweiz keine solchen Einfuhrverbote erlassen worden sind, ist die französische Forderung gegenstandslos, abgesehen davon, dass über die Einfuhrregelung zwischen der Schweiz und Frankreich ein Abkommen besteht, das einstweilen noch nicht aufgehoben ist. Das Einfuhrverbot Frankreichs steht denn auch im Widerspruch mit der bestehenden vertraglichen Regelung im «Arrangement complémentaire de la Convention commerciale franco-suisse», vom 31. März 19375, dessen weitere Anwendung die Schweiz verlangen muss.
3. Regelung der Durchfuhr.
Die Französische Regierung erklärt sich bereit, eine generelle Ausnahme von ihren Ein- und Ausfuhrverboten für jene Waren zu machen, welche im direkten Transit zur Durchfuhr durch Frankreich nach der Schweiz oder aus der Schweiz durch Frankreich nach Drittländern gelangen. Sie fordert die gleiche Behandlung für französiche Waren, welche die Schweiz nach Drittländern transitieren und für Waren aus Drittländern bei ihrer Durchfuhr durch die Schweiz nach Frankreich. Da die Schweiz bisher den direkten Transit in keiner Weise eingeschränkt hat, besteht kein Hindernis für die Annahme des französischen Vorschlags, der uns für den Transitverkehr eine sehr willkommene Erleichterung bringt.
Da der Begriff des «transit direct», wie er im französischen Vorschlag verwendet wird, nicht ohne weiteres auch jene für die Schweiz wichtigen Fälle deckt, in denen schweizerische Durchfuhrgüter vorübergehend in französischen Lagerhäusern eingelagert werden, ist durch die Verhandlungen die Tragweite des französischen Vorschlages noch genauer abzuklären. Für den Fall einer engen Interpretation durch die französischen Behörden müsste die Einbeziehung der genannten Fälle erwirkt und als schweizerische Gegenkonzession die Freigabe des gebrochenen Transits, der heute bewilligungspflichtig ist, zugestanden werden.
Der französische Vorschlag verknüpft die Gewährung der generellen Durchfuhrbewilligung mit den jeweils gegebenen Transportmöglichkeiten. Es wird das Ziel der schweizerischen Unterhändler sein, dahin zu wirken, dass die französische Durchfuhrbewilligung unabhängig von den jeweiligen Transportverhältnissen gegeben wird.
4. Die gegenseitige Belieferung mit Erzeugnissen der
nationalen Wirtschaft.
In den durch Herrn Matter geführten Verhandlungen war es zur Feststellung der zu befördernden Gütermengen notwendig geworden, den französischen Behörden eine Liste jener Waren zu unterbreiten, deren Lieferung durch Frankreich die Schweiz auch im Falle eines Krieges erwartet. Durch eine Note vom 30. August 19396 ist uns ein weitgehendes Entgegenkommen mit Bezug auf die Belieferung der Schweiz aus der französischen Produktion in Aussicht gestellt worden. Die schweizerische Warenliste wird zurzeit in Zusammenarbeit mit dem Kriegs-Ernährungs- und Kriegs-Industrie- und Arbeits-Amt überprüft und bereinigt; auf einige von französischer Seite gestellte Aufklärungsbegehren ist noch Antwort zu erteilen. Die französischen Behörden haben uns eine Liste jener Waren in Aussicht gestellt, auf deren Lieferung durch die Schweiz sie besonderes Gewicht legen.
Als französische Begehren in dieser Richtung sind uns bis heute bekannt geworden:
a) die Lieferung des bis zum 2. September 1939 in der Schweiz bestellten Kriegsmaterials,
b) die Weiterbelieferung Frankreichs mit elektrischer Energie,
c) die Aufrechterhaltung des zwischen der Aluminiumgesellschaft Neuhausen und der Société pour l’Aluminium française im Juli 1938 abgeschlossenen Abkommens, das die Belieferung Neuhausens mit französischem Bauxit und eine entsprechende Rücklieferung von Aluminium vorsieht.
5. Die französischen Verwendungs-Vorschriften.
In den französischen Vorschlägen findet sich der Passus:
«Le Gouvernement suisse s’engage à ne pas réexporter en pays tiers les marchandises qui auront été importées de France en Suisse, qu’elles soient d’origine française ou de toute autre origine.
Les dispositions qui seront prises à cet égard par le Gouvernement suisse seront appliquées en collaboration avec les Services commerciaux de l’Ambassade de France à Berne.»
Es wird eine der schwierigsten Aufgaben der kommenden Verhandlungen sein, dieses französische Begehren so zu konkretisieren, dass die schweizerische Neutralität und die Grundlagen der wirtschaftlichen Existenz unseres Landes gewahrt bleiben. Die Organisation, welche die Schweiz in autonomer Weise zur Überwachung der Ein- und Ausfuhr zu schaffen im Begriffe ist, sind den französischen Behörden bereits kurz zur Kenntnis gebracht worden; es ist dabei besonderes Gewicht auf die Tatsache gelegt worden, dass diese Überwachungsorganisation - im Gegensatz zu jenen, welche in den Jahren 1915-1918 bestanden haben - eine staatliche sein wird. Dem oben zitierten französischen Begehren (Verbot der Wiederausfuhr) gedenken wir einen schweizerischen Gegenvorschlag folgenden Inhalts entgegenzustellen:
«Le Gouvernement suisse s’engage à ne pas réexporter en pays tiers les marchandises qui auront été importées de France en Suisse, qu’elles soient d’origine française ou de toute autre origine.
Sont toutefois exceptées de cet engagement les marchandises ayant subi en Suisse une transformation complète ou une des opérations essentielles du processus de fabrication ainsi que les marchandises pour lesquelles la part du travail effectué en Suisse s’élève à 50% au moins du prix de vente du produit fini.
Le Gouvernement suisse prendra les mesures nécessaires pour la stricte exécution de ses engagements. Il désignera les organismes chargés de l’application de ces mesures et en communiquera la liste au Gouvernement français.»III.
Um wertvolle Zeit zu sparen und die für unsere Landesversorgung notwendige Zufuhr durch Frankreich in Fluss zu bringen, wird es angebracht sein, in den Verhandlungen zunächst eine Verständigung über die Freigabe der in Frankreich blockierten Sendungen und über den Transitverkehr durch Frankreich (Verhandlungsgegenstände 1-3) zu suchen. Dabei wird in der Diskussion der Durchfuhrbedingungen aller Wahrscheinlichkeit nach auch die Frage der Verwendung der Waren in der Schweiz (Verhandlungsgegenstand 5: Wiederausfuhr) zur Sprache kommen.
Da wir heute noch nicht im Besitze der Liste jener Waren sind, die Frankreich aus der Schweiz zu beziehen wünscht, und auch die Fertigstellung der schweizerischen Warenliste noch etwas Zeit beanspruchen wird, soll die Frage der gegenseitigen Belieferung mit Erzeugnissen der nationalen Wirtschaft (Verhandlungsgegenstand 4) erst in einer zweiten Phase der Verhandlungen zu lösen versucht werden.
Es wird sich, um die gesteckten Ziele zu erreichen, immerhin als unumgänglich erweisen, schon in der ersten Etappe auch über die Belieferung mit Kriegsmaterial eine Verständigung zu treffen. Ohne der Entscheidung des Bundesrates vorzugreifen, glauben wir, dass - unter Voraussetzung des Gegenrechts und der Sicherstellung der Bezahlung sowie der Sicherung der Schweizerischen Landesversorgung - zunächst einmal die vor dem 2. September 1939 in Auftrag gegebenen Kriegsmateriallieferungen, soweit die Waren bis Ende 1939 fertiggestellt sind, zur Ausfuhr freigegeben werden sollten. Die gleiche Regelung müsste dann allerdings in Aufrechterhaltung der Neutralität auch gegenüber allen ändern Ländern getroffen werden. Die zeitliche Beschränkung erscheint uns notwendig, solange nicht ein Abkommen auf längere Sicht getroffen werden kann, da mit grossen Kriegsmaterialbestellungen gerechnet werden muss, welche noch vor dem 2. September 1939 in der Schweiz untergebracht worden sind.
B. In der Beratung wird darauf hingewiesen, dass, was die Lieferung von Kriegsmaterial anbetrifft, die September- und die Novemberproduktion an Oerlikoner Tankabwehr-Kanonen für die Schweiz Vorbehalten bleiben müssen. Herr Direktor Hotz, von der Handelsabteilung, soll sich diesbezüglich noch mit dem Vorsteher des Militär départements ins Benehmen setzen.
Infolgedessen wird beschlossen :
C. 1. Der Bericht des Volkswirtschaftsdepartements unter Buchstabe A ist
im Sinne von Instruktionen an die Verhandlungsdelegation und dem
obigen Vorbehalt unter Buchstabe B zu genehmigen.
2. Da der Handelsrat bei der Französischen Botschaft in Bern von seiner
Regierung beauftragt ist, über ein provisorisches Abkommen die Verhandlungen in Bern aufzunehmen, werden die dafür notwendigen
Besprechungen in Bern geführt werden7. Für die Führung dieser Verhandlungen werden als Delegierte bezeichnet die Herren Direktor Hotz,
Prof. Keller, Direktor Hornberger, Prof. Laur, R. Kohli (von der Abteilung für Auswärtiges).
- 1
- E 1004.1 1/389.↩
- 2
- Cf. Nos 148 et 155.↩
- 3
- Cf. No 157.↩
- 4
- Cf. No 157.↩
- 5
- K. I. 1607. Cf. E 7110 1967/32/821Frankreich.↩
- 6
- Cf. No 138.↩
- 7
- Les négociations aboutissent à la conclusion d’un accord provisoire le 22 septembre; cf. E 7110 1967/32/821Frankreich.↩
Tags