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Diplomatische Dokumente der Schweiz, Bd. 13, Dok. 101
volume linkBern 1991
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| Archiv | Schweizerisches Bundesarchiv, Bern | |
| Signatur | CH-BAR#E1004.1#1000/9#13502* | |
| Dossiertitel | Beschlussprotokoll(-e) 09.06.-12.06.1939 (1939–1939) |
dodis.ch/46858 CONSEIL FÉDÉRAL1 Procès-verbal de la séance du 12 juin 1939
1194. Überwachung der Ein- und Ausfuhr im Kriegsfall
Es ist mit Sicherheit vorauszusehen, dass im Falle eines Krieges das Ausland an die Ausfuhr seiner Waren nach der Schweiz Bedingungen für deren Verwendung knüpfen wird, um zu verhindern, dass dem Gegner aus solchen Warenlieferungen Vorteile erwachsen.
Das gleiche Bestreben des Auslandes hat im Jahre 1915 zur Errichtung der «Société Suisse de Surveillance économique» (S.S.S.) und der «Schweizerischen Treuhandstelle» (S.T.S.) geführt. Es handelte sich bei diesen Organisationen um Überwachungsstellen, die der schweizerischen Wirtschaft vom Ausland aufgezwungen worden waren. Diese unerfreuliche Tatsache, zusammen mit der im Drange der Verhältnisse stark improvisierten Schaffung der Kontrollorgane führten zu einem grossen und schwerfälligen Überwachungsapparat mit starker Einmischung des Auslandes durch Delegation seiner Vertreter in die Organisationen. Dies gilt es in einem künftigen Krieg zu vermeiden. Die Schweiz muss aus der Einsicht in die Notwendigkeit einer Überwachung der Ein- und Ausfuhr autonom eine möglichst einfache Kontrollorganisation errichten und durch deren Vorbereitung im Frieden Improvisationen bei Kriegsausbruch zu vermeiden suchen.
In den Verhandlungen über die Zufuhr von lebenswichtigen Gütern, welche die Schweiz mit sämtlichen Nachbarstaaten und weiteren Ländern vorsorglich schon jetzt führt, wird vom Ausland die Frage aufgeworfen, welche Sicherheit unser Land für die Innehaltung der an die Ausfuhr bestimmten Waren nach der Schweiz geknüpften Bedingungen biete. In diesen zwischenstaatlichen Verhandlungen werden die vom Bundesrat bestellten Unterhändler dem Ausland gegenüber die Garantie der Innehaltung der Bedingungen erklären müssen. Eine solche Garantie-Erklärung verpflichtet die Eidgenossenschaft. Es erscheint deshalb als wichtig, dass der Bund durch eine eigene, staatliche Überwachungsorganisation die Innehaltung der mit dem Ausland vereinbarten Verwendungsvorschriften innerhalb der schweizerischen Wirtschaft sicherstellt.
Die Überwachungsstellen des Weltkrieges waren private Organisationen, deren Verhältnis zum Staat kein eindeutiges war. Man kann sich fragen, ob nicht auch in einem künftigen Kriegsfall eine private Überwachungsorganisation einer staatlichen vorzuziehen wäre. Die Prüfung dieser Frage auf Grund der Erfahrungen des Weltkrieges (u[nter]a.[nderem auch Einmischung des Auslandes) und aus der Beurteilung der gegenwärtigen Lage führen uns zum Schluss, dass für die Zukunft einzig eine staatliche Überwachung der Ein- und Ausfuhr in Betracht kommen kann. Die Eidgenossenschaft verpflichtet sich dem Ausland gegenüber zur Innehaltung der Verwendungsvorschriften, und das Ausland würde sich heute kaum mehr mit der Übertragung der Kontrolle an mehr oder weniger unabhängige private Organisationen einverstanden erklären. Der Bund selbst hat - vor allem im Zusammenhang mit der übrigen kriegswirtschaftlichen Organisation und der damit verbundenen Einflussnahme auf die nationale Wirtschaft - ein Interesse daran, die Überwachung, wenigstens in ihrer Spitze und Leitung, in eigene Hände zu nehmen. Das soll nicht hindern, dass für die praktische Durchführung von Kontrollfunktionen in den einzelnen Wirtschaftszweigen jene privatrechtlichen Syndikate genutzt werden, welcher die kriegswirtschaftliche Organisation zur Beschaffung und Verteilung der Güter bedarf.
Sowohl die Wahrung der wirtschaftlichen Interessen gegenüber dem Ausland, dfasj hfeisstj vor allem die Führung der notwendigen Verhandlungen über die Freigabe der Warenausfuhr nach der Schweiz, wie auch die Überwachung der eingeführten Waren, sind nach der Verordnung des Bundesrates über die Organisation der Kriegswirtschaft vom 8. März 19382
und nach dem vom Volkswirtschaftsdepartement am 24. November 1938 erlassenen Reglement3 über die Aufgaben der Kriegswirtschaftsämter Aufgaben der Handelsabteilung des Volkswirtschaftsdepartements. Sie wird dabei in steter Fühlung mit den übrigen Kriegswirtschaftsämtern und in engstem Zusammenwirken mit den schweizerischen Gesandtschaften im Ausland vorgehen. Die interne Überwachungsorganisation ist so geplant, dass ihre Spitze in der Sektion für Einund Ausfuhr der Handelsabteilung, die praktische Durchführung der einzelnen Kontrollmassnahmen dagegen bei den kriegswirtschaftlichen Syndikaten, dfasj h[eisstj bei sachkundigen Branchenorganisationen liegen würden. Das Volkswirtschaftsdepartement wird dem Bundesrate nach weiterer Förderung der bereits unternommenen Vorarbeiten den Entwurf zu einem Bundesratsbeschluss über die Überwachung der Ein- und Ausfuhr zur vorsorglichen Kenntnisnahme und Genehmigung unterbreiten4.
Für die Weiterführung der Vorbereitungsarbeiten sowie für notwendig werdende Auskünfte gegenüber fremden Regierungsstellen ist heute schon ein vorläufiger, grundsätzlicher Entscheid des Bundesrates über den privaten oder staatlichen Charakter der zu schaffenden schweizerischen Überwachungsorganisation wünschbar.
Das Volkswirtschaftsdepartement beantragt deshalb, seinem Vorschlag, es seien die Vorbereitungen für eine Überwachungsorganisation der Ein- und Ausfuhr so zu treffen, dass die Kontrolle grundsätzlich in den Händen staatlicher Organe liegt, zuzustimmen.
In seinem Mitbericht erklärt sich das Politische Departement mit diesem Anträge einverstanden und beantragt Zustimmung. Überdies macht es folgende Anregungen:
1. Déclarer d’emblée aux Puissances intéressées que nous renonçons à réexporter les marchandises qu’elles nous procureraient, étant entendu que la Suisse s’entendrait préalablement avec elles chaque fois que certaines quantités de ces marchandises lui seraient indispensables pour des échanges;
2. Communiquer aussitôt que possible à ces Puissances les dispositions d’ordre interne régissant la future organisation, ces dispositions devant reposer sur des principes clairs et frapper les fraudes de sanctions sévères, en rendant ainsi inutile toute ingérence inadmissible de l’étranger.
Es wird beschlossen:
1.) Dem Antrage des Volkswirtschaftsdepartements wird zugestimmt;
2.) Das Volkswirtschaftsdepartement wird beauftragt, die obenstehenden Anregungen zu prüfen.
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Ausbruch des Zweiten Weltkriegs (1939)
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