Language: German
24.1.1939 (Tuesday)
Le Ministre de Suisse à Berlin, H. Frölicher, au Chef du Département politique, G. Motta
Letter (L)
Frölicher recommande de reconnaître le régime de Franco.
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Printed in

Jean-François Bergier et al. (ed.)

Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 13, doc. 7

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Bern 1991

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Cover of DDS, 13

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dodis.ch/46764
Le Ministre de Suisse à Berlin, H. Frölicher, au Chef du Département politique, G. Motta12

Entschuldigen Sie, wenn ich mich zu einer Frage äussere, die zwar nicht in meine Zuständigkeit fällt, aber die mich aus meiner früheren Tätigkeit3 her begreiflicherweise stark interessiert.

Es handelt sich um die schweizerische Politik gegenüber Spanien. Zur Zeit ist die Regelung die, dass die Regierung in Barcelona de jure anerkannt ist, während mit Franco nur de facto Beziehungen bestehen. Es liegt somit eine bevorzugte Behandlung des republikanischen Spaniens vor, eine unterschiedliche Behandlung, die sich bisher vom Gesichtspunkte der Priorität aus rechtfertigen lässt.

Es fragt sich nun aber, ob heute diese ungleiche Behandlung noch angezeigt erscheint, nachdem der endgültige Erfolg Francos in greifbarer Nähe ist und bereits der grösste Teil Spaniens von den nationalen Truppen besetzt ist. Es liegt daher nahe, eine Lösung zu wählen, bei der die völkerrechtliche Gleichbehandlung beider Bürgerkriegsparteien zum Ausdruck kommt, nämlich offizielle Beziehungen mit beiden Teilen, d.h. de jure-Anerkennung Francos, ohne Abbruch der bestehenden offiziellen Beziehungen mit dem republikanischen Spanien. Jede der beiden Regierungen würde also anerkannt werden für diejenigen Gebiete des spanischen Territoriums, die von ihr beherrscht werden. Die Beziehungen zu dem republikanischen Spanien würden aufhören, sobald diese Regierung in Spanien nicht mehr existiert.

Ich bin mir bewusst, dass diese Lösung bisher noch von keinem anderen Land gewählt worden ist. Das ist aber kein Nachteil, sondern scheint mir vom Standpunkt unserer unabhängigen Neutralitätspolitik aus eher erwünscht. Die jetzige Lösung haben wir auch beinahe als erstes Land gefunden und dann gesehen, dass sie von England und vielen anderen Staaten nachgemacht wurde. Bleiben wir bei der jetzigen Lösung, so segeln wir in der Beurteilung Nationalspaniens und unserer autoritären Nachbarstaaten im Kielwasser Englands. Eine originelle Lösung, die auf der Gleichbehandlung ruht, wäre eine Manifestation für eine schweizerische unabhängige Neutralitätspolitik.

Die Volksfrontfreunde bei uns würden allerdings bei ihrer antifaschistischen Einstellung opponieren. Aber das haben sie ja bisher auch immer getan, ohne dass man sich hat hindern lassen diejenigen Massnahmen zu ergreifen, die die aussenpolitischen Interessen der Schweiz erfordern. Frankreich, das unter dem Einfluss der Volksfront in seiner spanischen Politik sehr unglücklich manövriert hat, - heute empfiehlt endlich der «Temps» die Entsendung eines diplomatischen Agenten nach Burgos - müsste, wenn meiner Anregung Folge gegeben wird, anerkennen, dass die Schweiz im Gegensatz zu den autoritären Staaten die Beziehungen mit dem republikanischen Spanien nicht abgebrochen hat.

Die Völkerrechtler könnten wohl darüber streiten, ob die offizielle Anerkennung zweier Regierungen in Spanien eine de jure-Anerkennung sei. Rechtlich betrachtet handelt es sich meines Erachtens in der Tat um eine provisorische Anerkennung beider Bürgerkriegsparteien. Sie würde automatisch zu einer endgültigen Anerkennung, sobald die eine oder andere Regierung das gesamte spanische Territorium beherrscht. Für das schweizerische Ansehen in den autoritären Staaten - und deshalb glaube ich mich auch zu einer Frage äussern zu dürfen, die mich direkt nichts angeht - dürfte ein solcher Schritt im gegenwärtigen Moment vorteilhaft sein. Er würde zum Ausdruck bringen, dass wir ohne Druck von irgendeiner Seite diejenigen Lösungen wählen, die wir in Wahrung unserer Interessen und im Hinblick auf unsere Neutralitätspolitik als die richtigen ansehen.

1
Annotation manuscrite de Motta en haut du document: Dieser Brief ist sehr interessant. Er deckt sich mit den Auffassungen, die ich gestern ausgesprochen habe. 26.1.39. Lors de sa séance du 24 janvier, le Conseil fédéral examine une demande d’audience du représentant du gouvernement franquiste en Suisse. A la suite de la prise de position de Motta, qui hält es für durchaus zulässig, ja sogar für angezeigt, dass der Herr Bundespräsident[Etter]dem Vertreter von Franco- Spanien die nachgesuchte Audienz gewähre, le Conseil fédéral accepte la demande d’audience (E 1004.1 1/381, No170).
2
Lettre: E 2001 (D) 1/ 31.
3
Avant d’être accrédité à Berlin en 1938, Frölicher avait été adjoint du Chef de la Division des Affaires étrangères du Département politique. A ce titre, il avait participé aux démarches entreprises pour la défense des intérêts suisses en Espagne; cf. DDS, vol. 11, doc. 312, dodis.ch/46233.