dodis.ch/46697 Le Conseiller de Légation à la Légation de Suisse à
Berlin, F. Rappeler, au Chef de la Division de Police du Département de Justice et Police, H.
Rothmund1
Persönlich und vertraulich Berlin, 28. Oktober 1938
Lieber Herr Rothmund,
Unsere Abmachungen betreffend die Bedingungen für die Zulassung deutscher Juden haben bereits Schule gemacht. Am 15. Oktober wurde von schwedischen und deutschen Vertretern eine Niederschrift unterzeichnet, die sich zu einem guten Teil wörtlich an unsere Abmachungen anlehnt. Mein schwedischer Kollege war so freundlich, mir von der Niederschrift vertraulich Kenntnis zu geben mit der Bitte, davon keinen weiteren Gebrauch zu machen. Im gleichen Sinne lasse ich Ihnen eine Abschrift2 derselben zugehen.
Wie Sie sehen werden, weist sie vor allem drei Abweichungen gegenüber unserem Text auf. Einmal haben die Schweden es ängstlich vermieden, ausdrücklich von deutschen Juden zu sprechen. Die Wendung «Personen», die ihren Heimatstaat verlassen, um nicht dorthin zurückzukehren, hat jedoch den grossen Nachteil, dass die Umschreibung des betroffenen Personenkreises unbestimmt bleibt. Eine gewisse Korrektur erfährt dieser Nachteil durch Ziffer I Abs. 2, wonach deutscherseits den Inhabern von gekennzeichneten Pässen empfohlen werden soll, sich vor der Einreise nach Schweden an die zuständige schwedische Vertretung zu wenden.
Sodann mussten die Schweden eine besondere Konzession machen, indem sie mit sofortiger Wirkung auch auf das Visum für den österreichischen Pass verzichteten, wozu sie sich entschlossen, weil diese Frage für sie nur geringe Bedeutung hat.
Andererseits ist es ihnen, wie mir gesagt wurde, nur mit grosser Mühe gelungen, unter Abs. 6 der unserer Niederschrift entsprechenden Formel über die allfällige Wiedereinführung des allgemeinen Sichtvermerkszwanges eine ausdrückliche Feststellung zu erhalten, dass keiner der beiden Teile sich auf die einmonatige Kündigungsfrist berufen werde, wenn der andere Teil eine kürzere Frist für geboten halte. Ich denke, dass wir uns auf diesen Satz, der ja nur eine Auslegung des vorangegangenen bedeutet, nötigenfalls berufen könnten.
Neu sind die in Ziffer II und III geregelten Spezialfragen. Auch für uns von Interesse dürfte wohl die deutsche Zusicherung in Ziffer III sein, abgelaufene deutsche Pässe, für deren Erneuerung zeitraubende Rückfragen erforderlich seien, vorläufig kurzfristig verlängern zu wollen.
In der Hoffnung, dass die von uns getroffenen Abmachungen sich nach der unvermeidlichen Übergangszeit in der Praxis bewähren werden, grüsst sie bestens
j^r ergebener
gez. F. Kappeler