Classement thématique série 1848–1945:
IV. RÉFUGIÉS, IMMIGRATION, POLICE DES ÉTRANGERS
IV.1 LA SUISSE ET L'IMMIGRATION JUIVE
Printed in
Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 12, doc. 429
volume linkBern 1994
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Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
▼ ▶ Archival classification | CH-BAR#E2001D#1000/1552#3215* | |
Old classification | CH-BAR E 2001(D)1000/1552 115 | |
Dossier title | Bericht von Dr. Rothmund an Bundespräsident Baumann und an den BR (1938–1938) | |
File reference archive | B.44.31.1 • Additional component: Deutschland |
dodis.ch/46689
BERICHT
ÄUSSERUNGEN ZUR EINFÜHRUNG DER ZUSICHERUNG AUF MIT BESONDEREM KENNZEICHEN FÜR JUDEN VERSEHENEN DEUTSCHEN PÄSSEN
Anonymes Schreiben aus Zürichvom 5. Oktober 1938 an die eidgenössische Fremdenpolizei nimmt die Einführung des «Visumszwanges» für Juden zum Anlass, die Behörden aufzufordern, vor allem illegal eingereiste Juden wegzuweisen und keine neuen mehr hereinzulassen. Er weist auf die übergrosse Zahl ausländischer Juden in Zürich hin und droht mit Selbsthilfe des Volkes.
Peterer, Stein(Aargau), schreibt am 6. Oktober an den Bundesrat, er habe von einem ihm bekannten Grenzwächter eine Schilderung der Verzweiflung von Juden erhalten, denen der Grenzübertritt verweigert wurde. Er fordert den Bundesrat auf, die nationalsozialistischen Methoden nicht zu unterstützen, sondern die Grenze allen Juden zu öffnen, aus christlichem und schweizerischem Sinne. Wenn bescheidene Leute wirtschaftlich geschützt werden müssen, genüge es, Ausschreitungen beizeiten zu unterbinden.
A. Schyveschuurder, Vorstandsmitglied der Niederl. Israel. Gemeinde in Haarlem, schreibt am 6. Oktober auf Firmenpapier einer Konfektionsfirma an die eidgenössische Fremdenpolizei, er habe aus der Nationalzeitung mit Befremden von der neuen schweizerischen Massnahme Kenntnis erhalten und ersucht um Aufschluss. Er kann in Zukunft für seine Bekannten und die Kundschaft verschiedener Reisevereine Reisen nur in solche Länder organisieren, wo der deutsche Pass ohne weiteres zur Einreise berechtigt. Jüdische Reisende sind gute Kundschaft der Hotels (nicht Hopla), ihr Ausbleiben wäre ein Schaden für die Schweizer Hotellerie. Er behält sich, je nach der Auskunft, die er erhält, vor, auch englische Kreise zu unterrichten.
Die Schweiz. Gesandtschaft im Haag macht die eigenössische Polizeiabteilung am 7. Oktober darauf aufmerksam, dass die jüdischen Kreise Hollands die schweizerische Massnahme schlecht aufgenommen haben. In den Niederlanden Ansässige erklären, lieber auf Ferien in der Schweiz zu verzichten, als von den deutschen Behörden das Kennzeichen « J» zu verlangen; das treffe erst recht auf jüdische Mischlinge zu. Die Gesandschaft schlägt vor, eine holländische Rückreisegarantie solle zum Erhalt der schweizerischen Zusicherung genügen. - Die deutschen Konsulate in Holland haben noch keine Weisung erhalten, die Gesandtschaft musste wegen Fehlens des Kennzeichens Juden die Zusicherung verweigern, als sie zu Geschäftszwecken in die Schweiz reisen wollten.
Der Bund schweizerischer Frauenvereinean seiner Jahresversammlung in Neuenburg (Nationalzeitung vom 10. Oktober) protestiert gegen die Forderung besonderer Ausweise für Juden an der Schweizer Grenze und gegen politische Intoleranz überhaupt.
Die Nationalzeitung vom 11. Oktober hält sich über die Bezeichnung «arischnichtarisch» auf. Begreift die Notwendigkeit einer Kontrollmassnahme, bezeichnet aber die Annahme der deutschen Terminologie als schwächliches Nachgeben Deutschland gegenüber und Aufmunterung, in seinen Methoden fortzufahren. Eine weitere Folge der schweizerischen Kontrollmassnahme sei, dass an der Grenze auch deutsche Nichtjuden zurückgewiesen würden; sie bringt das Beispiel eines in Frankreich ansässigen Deutschen.
Ein weiterer Artikel sagt, Juden, die ausserhalb Deutschlands wohnen, verzichten auf das Kennzeichen und auf die Einreise in die Schweiz; sie bringt das Schreiben eines deutschen Juden im Haag, der erklärt, statt wie jedes Jahr nach Lugano, nun an die französische Riviera zu reisen. Auch seine Freunde würden sich den «beschämenden, erniedrigenden und zeitraubenden Schritten» nicht aussetzen. Die Zeitung weist auf die Folgen für die schweizerische Wintersaison hin.
Das Israelitische Wochenblatt, Zürich, vom 10. Oktober, protestiert gegen den «Visumszwang» und die Frage «nach Konfession und Rasse» an der Schweizergrenze.
A. Holt, amerikanischer Staatsangehöriger in Cannes, schreibt am 11. Oktober an den Bundesrat; er ist empört darüber, dass die Schweiz Rassenunterschiede mache. Er sei ein alter Feriengast der Schweiz, in Zukunft komme er nicht mehr und seine Bekannten teilen seine Auffassung.
An einer Besprechung der eidgenössischen Fremdenpolizei mit den Herren Saly Mayer und Silvain Guggenheimvom 12. Oktober 1938 über die Behandlung der jüdischen Emigranten in der Schweiz machte Herr Mayer darauf aufmerksam, dass die Regelung, wie sie für Deutsche getroffen wurde, sehr unangenehme Konsequenzen haben kann. Die internationale Judenschaft legt die Einführung der Notwendigkeit der Zusicherung für Pässe von Nichtariern dahin aus, dass nun auch in der Schweiz mit einer Rassegesetzgebung angefangen worden sei. Das Ausland versteht nicht, dass es sich um eine deutsche Massnahme handelt, die uns gezwungen hat, den Unterschied zu machen. Die ausländischen Juden hüten sich heute, nach Italien oder Deutschland zu gehen. Es ist zu erwarten, dass sie nun auch die Schweiz meiden und ihre Ferien in erster Linie in Frankreich verbringen werden. Der schweizerischen Hotellerie ist jedenfalls mit unserer Massnahme ein arger Schlag versetzt worden. Die schweizerischen Juden sorgen, soweit es in ihrer Macht steht, dafür, dass die Massnahme im Ausland verstanden wird, aber es ist kaum möglich, sie so zu erklären, dass sie nicht als schweizerische Massnahme gegen die Juden ganz allgemein angesehen wird.
Der Schweizer Hotelier-Vereinteilt dem Vorsteher des eigenössischen Justizund Polizeidepartements in einem Schreiben vom 12. Oktober 1938 mit, er erhalte zahlreiche Briefe und Anfragen von ehemaligen deutschen Juden, die glauben, an der Schweizer Grenze Schikanen ausgesetzt zu sein. Der Hotelier-Verein versteht die Notwendigkeit, zu kontrollieren, ob Einreisenden die Wiederausreise möglich ist. Er schlägt aber vor, dazu solle die Bescheinigung der Behörden des gegenwärtigen (nichtdeutschen) Wohnsitzlandes des Einreisenden, wonach diesem die Rückkehr gesichert sei, genügen.
Légation de Suisse à Londres. M. le ministre Paravicini m’a téléphoné3, le 10 de ce mois, et m’a dit qu’il n’avait pas osé faire paraître le communiqué4 par crainte des répercussions en Angleterre. Il compte nous entretenir de toute la question la semaine prochaine lorsqu’il sera à Berne. Dans une lettre du 11 octobre5, M. Paravicini confirme ce qu’il m’avait déjà dit au téléphone, que l’Ambassade d’Allemagne n’a pas reçu d’instructions concernant l’apposition du signe distinctif dans les passeports des non-aryens. La Légation a donc accordé des «assurances» à des Juifs allemands dont le passeport ne portait pas le signe distinctif et leur a en même temps donné une déclaration expliquant l’absence de ce signe. A la chancellerie de l’Ambassade d’Allemagne à Londres, on aurait déclaré aux Juifs qui se sont présentés que c’est la Suisse qui exige l’apposition du signe distinctif et que l’Allemagne n’y est pour rien.
Légation de Suisse à Bruxelles. M. de Stoutz, dans une lettre du 12 octobre6, relève que le consulat et la légation d’Allemagne n’ont pas reçu d’instructions concernant l’apposition du signe distinctif. Les Juifs allemands que notre Légation invite à passer au consulat d’Allemagne pour faire munir leurs passeports du signe distinctif se rebiffent et s’indignent de voir la Suisse agir de connivence avec l’Allemagne dans les mesures de persécution contre les Juifs. Beaucoup considèrent comme infamant qu’on leur demande s’ils sont ou non aryens. La légation ne sachant que faire leur dit finalement à tous que le passeport allemand n’ayant pas besoin d’être muni d’un visa suisse, ils peuvent le présenter tel quel à la frontière suisse, mais qu’ils risquent d’être refoulés s’ils sont non-aryens et qu’ils peuvent éviter ce risque en faisant apposer dans leurs passeports le signe distinctif, au vu duquel la Légation de Suisse pourra examiner la possibilité de leur accorder une «assurance». Les mesures prises et les explications que donne la Légation sont très mal accueillies, surtout par certains Juifs établis depuis très longtemps en Belgique qui sont à la tête d’affaires importantes et qui déclarent que la Suisse peut les considérer comme perdus pour le tourisme. Le directeur de l’agence suisse du tourisme à Bruxelles dit que la perte pour l’hôtellerie suisse n’est pas négligeable.
Consulat de Suisse à Marseille. Il a remis le communiqué à la presse et nous envoie une coupure du «Petit Marseillais» du 8 octobre. Le journal a fait suivre le communiqué d’un commentaire qui nous est favorable.
- 1
- Ce rapport n’est pas signé. Le dossier du Département politique dans lequel il a été retrouvé est intitulé: Berichte von Herrn Dr. Rothmund an den Bundespräsident Baumann & an den Bundesrat.↩
- 2
- (Copie): E 2001 (D) 2/115.↩
- 3
- A Baechtold, Chef de la Police des Etrangers, qui remplaçait Rothmund, alors en vacances, à la tête de la Division de Police.↩
- 4
- Du 4 octobre 1938, cf. No 416, note 5.↩
- 5
- Cf. E 2200 London 53/1.↩
- 6
- Cf. No 423.↩
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