dodis.ch/46618 Le Chef de la Division des A ff aires étrangères du Département politique,
P. Bonna, au Ministre de Suisse à
Berlin, H. Frölicher
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Wir beehren uns Bezug zu nehmen auf Ihre Briefe vom 13. und 14. Juli2 betreffend ein unlängst erlassenes Reichsgesetz zur Änderung der Gewerbeordnung, wonach Juden und jüdischen Unternehmungen die gewerbsmässige Ausübung des Bewachungsgewerbes, der Auskunftserteilung, des Grundstückhandels, der Vermittlung von Immobiliarverträgen und Darlehen, der Haus- und Grundstücksverwaltung, der Heiratsvermittlung zwischen Nichtjuden und der Fremdenführung untersagt wird. Nach dem gleichen Gesetze werden ferner Juden von der Erteilung von Wandergewerbescheinen, Legitimationskarten für Handelsreisende und Stadthausierscheinen ausgeschlossen.
Sie werfen aus diesem Anlass die Frage auf, wie wir uns zu diesem Gesetz zu verhalten hätten, was dessen Anwendung auf schweizerische Staatsangehörige anbelangt. Wiewohl Sie sich hinsichtlich des Erfolges eines Schrittes Ihrer Gesandtschaft zu dem Zwecke, eine Befreiung schweizerischer Staatsangehöriger von diesen Vorschriften zu erwirken, keine Illusionen machen, fragen Sie sich dennoch, ob es nicht angezeigt wäre, zur Wahrung unseres grundsätzlichen Standpunktes anlässlich eines praktischen Falles trotzdem vorstellig zu werden und zum mindesten gegen die Anwendung der Vorschriften auf Schweizerbürger Protest einzulegen.
Angesichts des Umstandes, dass der zuständige Sachbearbeiter im Auswärtigen Amt, Herr Geheimrat Hinrichs, Ihnen bereits zu verstehen gab, dass die deutsche Regierung nicht in der Lage sei, von ihrer Auslegung der Gleichbehandlungsklausel abzuweichen, man jedoch bereit sei, in Einzelfällen Entgegenkommen zu zeigen, schien es uns vom praktischen Gesichtspunkte aus wenig angezeigt, in dieser Angelegenheit unbedingt auf unserm prinzipiellen Standpunkt bestehen zu wollen. Vielmehr dürfte es das Beste sein, wenn Sie in den, wie wir hoffen, nicht zahlreichen Fällen, die Ihnen unterbreitet würden, sich jeweils zugunsten derjenigen unserer jüdischen Landsleute verwenden würden, die Sie Ihrer Unterstützung für würdig erachteten.