Language: German
27.6.1938 (Monday)
Le Ministre de Suisse à Berlin, H. Frölicher, au Chef de la Division des Affaires étrangères du Département politique, P. Bonna
Letter (L)
Attitude des Etats-Unis, de la Pologne, de l’Italie dans la question de l’application aux Israélites étrangers de l’obligation de déclarer leurs biens comme «avoirs juifs». Information de Frölicher aux Consulats de Suisse que Berne ne voit aucune possibilité d’éviter aux Israélites suisses de se soumettre au décret allemand.

Classement thématique série 1848–1945:
II. LES RELATION BILATÉRALES ET LA VIE DES ÉTATS
II.1 ALLEMAGNE
II.1.3 ALLEMAGNE. LES PERSÉCUTIONS ANTISÉMITES
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Printed in

Oscar Gauye (ed.)

Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 12, doc. 335

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Bern 1994

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Repository

dodis.ch/46595
Le Ministre de Suisse à Berlin, H. Frölicher, au Chef de la Division des Affaires étrangères du Département politique, P. Bonna1

Ich beehre mich den Empfang Ihres Schreibens vom 23. dieses Monats2 betreffend die Anmeldung jüdischer Vermögen in Deutschland zu bestätigen und Ihnen für Ihre Mitteilungen bestens zu danken. Die vom Auswärtigen Amt in Aussicht gestellte Verbalnote zur Bestätigung der mündlich gegebenen Aufschlüsse ist mir bis jetzt noch nicht zugegangen.

Die Gesandtschaft war inzwischen bemüht, sich Aufschluss über die Haltung anderer Staaten zu verschaffen, und es gelang dabei, folgendes in Erfahrung zu bringen.

1. Die amerikanische Botschaft hat nunmehr eine schriftliche Antwort auf ihre Protestnote erhalten. Eine Abschrift davon wurde mir in Aussicht gestellt und ich werde sie Ihnen nach Eingang übermitteln. Nach den mündlichen Angaben, die mein erster Mitarbeiter von dem zuständigen amerikanischen Kollegen erhalten hat, deckt sich der Inhalt der Note mit den mündlichen Auskünften, die mein Mitarbeiter vom Auswärtigen Amt erhielt und worüber ich Ihnen bereits mit Schreiben vom 20. dieses Monats3 berichtete. Insbesondere wurde auch den Amerikanern geantwortet, dass an der Anmeldungspflicht für diejenigen Juden amerikanischer Nationalität, die ihren Wohnsitz in Deutschland haben, festgehalten werde. Die amerikanische Botschaft hat ihre Regierung telegraphisch um Weisungen zu der Frage gebeten, ob die grundsätzlichen Einwände gegen eine Sonderbehandlung einzelner amerikanischer Staatsbürger mit Bezug auf die amerikanischen Juden mit Wohnsitz in Deutschland aufrechterhalten werden sollen. Inzwischen wird den amerikanischen Juden in Deutschland auf ihre Anfragen geantwortet, dass ihnen ein Rat, ob sie die Anmeldung bis zum 30. Juni vornehmen sollen, nicht erteilt werden könne. Man geht aber wohl nicht fehl in der Annahme, dass unter diesen Umständen die meisten amerikanischen Juden die Anmeldung vornehmen werden. Hinsichtlich der nicht in Deutschland ansässigen Juden gab die deutsche Antwortnote der amerikanischen Botschaft Veranlassung, eine Reihe von Rückfragen an das Auswärtige Amt zu richten, insbesondere um näher abzuklären, in welchen Fällen ein seit der Machtübernahme aus Deutschland ausgewanderter Jude, der in der Folge die amerikanische Staatsangehörigkeit erworben hat, als Emigrant betrachtet und der Anmeldungspflicht unterworfen werde. Die Gesandtschaft wird bemüht sein, seinerzeit von den ergänzenden Aufschlüssen des Auswärtigen Amtes ebenfalls Kenntnis zu erhalten.

2. Polen befindet sich in einer ganz besonders schwierigen Lage, weil im alten Reich nicht weniger als 50000 polnische Juden leben, wozu noch 20000 weitere in Österreich kommen. Die polnische Regierung ist bestrebt, mit Deutschland zu einer Gesamtregelung des Problems der polnischen Juden in Deutschland zu gelangen. Sie hat einerseits kein besonderes Interesse für diese Leute übrig, da sie bis zum Einsetzen der antijüdischen Massnahmen in Deutschland sich in polenfeindlicher Weise betätigt und ihre Anhänglichkeit an Polen erst seither entdeckt haben sollen. Da nun aber mit einem massenhaften Zurückströmen dieser Elemente zu rechnen ist, geht das Bestreben dahin, entweder ihre Entlassung aus dem polnischen Bürgerrecht herbeizuführen, oder aber, soweit sie zurückkommen, zu erreichen, dass sie ihre Vermögen mitnehmen können. Hinsichtlich der Anmeldung ihrer Vermögen in Deutschland wurden die hier ansässigen polnischen Juden darauf hingewiesen, dass sie, da sie ja nun einmal hier ihren Wohnsitz haben und deshalb den deutschen Gesetzen unterliegen, wohl guttun werden, der Anmeldungspflicht nachzukommen.

3. Was Italien betrifft, so sind tatsächlich, soviel mein Mitarbeiter erfahren konnte, anlässlich des neuen italienisch-deutschen Handelsvertrages Abmachungen über die italienischen Juden in Deutschland getroffen worden, die darauf hinauslaufen, dass denjenigen in Deutschland ansässigen italienischen Juden, die bereits im Moment der Machtübernahme die italienische Staatsangehörigkeit besassen, ermöglicht wird nach Italien zurückzukehren unter Mitnahme ihres Vermögens, das über das Clearing transferiert werden soll. Entsprechendes gilt von denjenigen Juden in Österreich, die im Moment des Anschlusses bereits italienische Staatsangehörige waren. An den übrigen Juden italienischer Staatsangehörigkeit, die sich in Deutschland befinden, desinteressiert sich die italienische Regierung.

Dass etwa andere Staaten gegen die Anmeldungspflicht ihrer in Deutschland wohnhaften jüdischen Staatsangehörigen neue Vorstellungen erhoben hätten, ist der Gesandtschaft nicht bekannt geworden.

Angesichts der geschilderten Sachlage habe ich ein weiteres Rundschreiben an die schweizerischen Konsulate in Deutschland gerichtet, worin ich sie davon verständigte, dass Sie keine Möglichkeit sehen, schweizerische Staatsangehörige jüdischer Abstammung mit Wohnsitz in Deutschland von der Anmeldung ihrer Vermögen zu befreien. Sie ausdrücklich dazu anzuhalten, die Vermögensanmeldung innert der vorgesehenen Frist vorzunehmen, schien mir nicht angebracht.

1
Lettre: E 2001 (D) 2/263.
2
Non reproduite.
3
Non reproduite.