Classement thématique série 1848–1945:
II. LES RELATION BILATÉRALES ET LA VIE DES ÉTATS
II.1 ALLEMAGNE
II.1.2 ALLEMAGNE. AFFAIRES DE PRESSE
Printed in
Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 12, doc. 333
volume linkBern 1994
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Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
Archival classification | CH-BAR#E2001E#1000/1571#24* | |
Dossier title | Beilagen 1 bis 269 gem. Inhaltsverzeichnis (1939–1945) | |
File reference archive | A.15.40.1 |
dodis.ch/46593
Gestern wurde ich von Reichsminister Goebbels in Antrittsaudienz empfangen. Einige Kollegen hatten mir empfohlen, die wichtigsten Reichsminister zu besuchen. Andere sagten, dass besser davon Abstand genommen werde. Das Protokoll des Auswärtigen Amtes wollte sich anfänglich nicht zu dieser Frage äussern, teilte mir aber dann später mit, dass es lebhaft begrüsst würde, wenn ich gewisse Reichsminister, deren Namen man mir nannte, aufsuchen würde. Als ich mich dann vor zwei Tagen erkundigte, wann der Reichsminister für Volksaufklärung und Propaganda mich empfangen könne, wurde mir umgehend geantwortet, dass ich auf den nächsten Tag erwartet werde.
Der Empfang war ein überaus freundlicher. Herr Goebbels kam sofort auf das Problem der Pressebeziehungen zu sprechen. Er sagte, dass es auch der Wunsch Deutschlands sei, den Pressefrieden zwischen den befreundeten Ländern herzustellen. Allerdings sei es für Deutschland nicht leicht, die bestehenden Zeitungsverbote aufzuheben, weil Deutschland es nicht zulassen könne, dass eine deutsch geschriebene Auslandspresse die Rolle der in Deutschland verbotenen Inlandspresse übernehme. Zwar wolle er diese Schwierigkeiten nicht überschätzen. Das deutsche Volk stehe heute beinahe in seiner Gesamtheit zum Führer. Es komme darauf an, ob die in Frage stehenden schweizerischen Zeitungen eine Haltung einnehmen würden, die man in Deutschland als unfreundlich oder gar als staatsfeindlich empfinde.
Im übrigen wolle Deutschland nichts anderes, als dass man beidseitig auf Beleidigungen und Beschimpfungen verzichte und bei der Beurteilung der Verhältnisse im anderen Land den guten zwischenstaatlichen Beziehungen Rechnung trage. Diese guten Beziehungen seien ja vorhanden. Der Reichskanzler habe ein für allemal erklärt, dass Deutschland mit der neutralen Schweiz in Freundschaft leben wolle. Grundsätzliche Differenzen bestünden nicht und über die wirtschaftlichen Schwierigkeiten müsse man sich verständigen. Wegen des Sitzes des Völkerbundes in Genf brauche zwischen den beiden Ländern kein Zwist zu entstehen; Deutschland sei zwar kein Freund dieser Institution, aber es werde Völkerbund einerseits und Genf und die Schweiz andererseits auseinanderhalten.
Was könne nun geschehen, um die für die Aufhebung der Verbote notwendige Entspannung zu schaffen? Herr Goebbels ist sich darüber klar, dass die Regierung eines demokratischen Staates nicht über die gleichen Möglichkeiten verfüge wie ein autoritär regierter Staat. Von einem Presseabkommen halte er auch nicht viel und strebe auch keines an. Wichtiger als Rechtsregeln sei eine praktische Lösung, die zum Ziele führe. Vielleicht könnte die schweizerische Regierung ihren Einfluss dahin geltend machen, dass die feindschaftliche und unobjektive Beurteilung der deutschen Verhältnisse in den in Betracht kommenden Zeitungen aufhöre. Er könne mir versichern, dass er bereits Weisung erteilt habe, dass in der deutschen Presse Angriffe gegen die inneren Einrichtungen der Schweiz zu unterbleiben hätten und dass man davon Abstand nehme, auf die zahlreichen Unfreundlichkeiten zu antworten. Es liege ihm fern, durch die Entfesselung eines Pressefeldzuges die allfälligen Bemühungen des Bundesrates, zu einem Pressefrieden zu gelangen, zu erschweren.
Als erste Geste sei nun die Zulassung von gewissen Zeitungen an Schweizer in Deutschland in Aussicht genommen. Die Modalitäten der Lösung würden zur Zeit von seinem Ministerium geprüft. Er hoffe, dass auch diese Massnahme zur Entspannung beitragen werde.
Im übrigen würde er mir gern persönlich zur Verfügung stehen, wenn ich dies zur Behandlung von Fragen, die sein Ministerium betreffen, wünschen sollte.
Von meiner Seite konnte ich antworten, dass sich die Auffassung meiner Regierung im wesentlichen mit der seinigen deckt. Seit längerer Zeit sei der Bundesrat bemüht, mässigend auf die schweizerische Presse einzuwirken. Durch eine Presseverordnung seien Beschimpfungen und schwere Ausschreitungen verboten worden und der Bundesrat sei entschlossen, diese Verordnung nunmehr streng zu handhaben. Die Bemühungen seien nicht ohne Erfolg geblieben und würden auch weiterhin fortgesetzt, um so die nötigen Voraussetzungen für die Aufhebung der Zeitungsverbote zu schaffen. Auch nach schweizerischer Auffassung komme ein Presseabkommen nicht in Frage, weil die Schweiz in Anbetracht ihrer Neutralitätspolitik autonom und allgemein solche Fragen regeln müsse und sich nicht auf eine Regelung nur mit einem Nachbarstaat festlegen könne.
Bezüglich der in Aussicht genommenen Massnahme wegen der Zulassung verbotener Zeitungen an Schweizerbürger gab ich dem Wunsch Ausdruck, dass nicht nur die «Neue Zürcher Zeitung» und die «Basler Nachrichten» in diese Regelung einbezogen würden, sondern auch der «Bund». Vor meiner Abreise aus Bern hatte ich nämlich eine Besprechung mit Herrn Pochon-Jent, der mir sagte, dass er in jeder Hinsicht zu den Auffassungen des Bundesrats in dieser Pressefrage stehe und dass er dafür sorgen werde, dass die Redaktion seiner Zeitung diesen Auffassungen Rechnung trage. Herr Reichsminister Goebbels versprach, diese Anregung zu prüfen und ich hoffe, dass sie berücksichtigt wird, obwohl bei der Deutschen Gesandtschaft in Bern hierfür keine grosse Geneigtheit vorhanden ist.
- 1
- Lettre: E 2001 (E) 1/7.↩
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