Classement thématique série 1848–1945:
II. LES RELATION BILATÉRALES ET LA VIE DES ÉTATS
II.1 ALLEMAGNE
II.1.1. QUESTIONS DE POLITIQUE GÉNÉRALE ET BILATÉRALE
Également: L’Office allemand des Affaires extérieures refuse une nouvelle confirmation de la neutralité suisse vu l’activité de la SdN à Genève. Annexe de 9.6.1938
Également: Fort des assurances d’Hitler, Frölicher va tenter d’obtenir de Weizsäcker une réponse plus favorable confirmant la neutralité suisse. Annexe de 9.6.1938
Également: Extrait de la réponse d’Hitler à l’allocution de remise des lettres de créances de Frölicher. Annexe de 9.6.1938
Printed in
Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 12, doc. 318
volume linkBern 1994
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Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
▼ ▶ Archival classification | CH-BAR#E2001D#1000/1554#557* | |
Old classification | CH-BAR E 2001(D)1000/1554 52 | |
Dossier title | Reconnaissance de la neutralité suisse par l'Allemagne et l'Italie (1938–1941) | |
File reference archive | E.12.20.b |
dodis.ch/46578
Gestern abend wurde ich vom Aussenminister Herrn von Ribbentrop und daran anschliessend vom Staatssekretär Herrn von Weizsäcker in Antrittsaudienz empfangen.
Der Aussenminister, dem ich zum ersten Mal begegnete, empfing mich sehr freundlich und unterhielt sich mit mir während längerer Zeit. Er schien es jedoch vermeiden zu wollen, auf Fragen einzugehen, die die beiden Länder betreffen. Er interessierte sich hauptsächlich für die wirtschaftliche Lage der Schweiz, wie sie sich nach der Abwertung entwickelt hat, und stellte mir viele Fragen, die ich zwar regelmässig beantwortete, ohne aber ganz sicher zu sein, dass die Antworten vollständig richtig waren. Immerhin glaube ich, dass ich bei diesem Examen nicht durchgefallen bin. Dieses Interesse für unsere Volkswirtschaft ermöglichte mir, ihn auf die Unterbrechung der Wirtschaftsverhandlungen aufmerksam zu machen und der Hoffnung Ausdruck zu geben, dass im Interesse der beidseitigen Beziehungen eine Lösung gefunden werde. Im übrigen fiel mir auf, wie sehr der Aussenminister die deutschen wirtschaftlichen Schwierigkeiten betonte, d. h. das Problem, wie die grossen deutschen Volksmassen in Zukunft ernährt werden sollen. Es bleibt die Frage offen, ob er damit eine expansive Aussenpolitik begründen wollte oder die etwas schroffen Verhandlungsmethoden der deutschen Handelsdelegation.
Herrn von Weizsäcker konnte ich Ihre persönlichen Grüsse übermitteln, die er mich bat, bestens zu erwidern. Er sagte mir, dass er ebenso überrascht wie erfreut gewesen sei, von Ihnen ein Glückwunschschreiben zu seiner Ernennung als Staatssekretär erhalten zu haben.
Über meine Aussprache mit Herrn von Weizsäcker betreffend die Frage der Neutralität darf ich auf mein Telegramm von gestern2 verweisen. Ich weiss zur Zeit noch nicht, wer die erwähnten Schwierigkeiten erfunden hat. Vielleicht werde ich heute abend bei der Besprechung mit dem Staatssekretär hierüber Aufschluss erhalten.
Bezüglich der allgemeinen Lage zeigte sich Herr von Weizsäcker besorgt. Deutschland wolle den Krieg vermeiden und werde bei diesen Bemühungen durch England ehrlich unterstützt. Aber in Prag seien gewisse Kräfte am Werk, die in einem allgemeinen Krieg die einzige Rettung der gegenwärtigen Tschechoslowakei sehen. Deutschland könne sich schliesslich nicht alles gefallen lassen und es sei ein Fehler gewesen, dass England und Frankreich in Prag mehr die Unterstützungsbereitschaft zum Ausdruck gebracht haben als dass sie auf eine Demobilisierung und auf eine Autonomielösung gedrungen hätten. Bis jetzt habe man nicht den Eindruck, dass die Tschechoslowakei einen ernsthaften Versuch unternehmen werde, um den Sudeten deutschen die von ihnen verlangte Autonomie zu gewähren. Auf meine Frage, ob diese von Henlein geforderte Autonomie eine endgültige Lösung bedeute oder nur als eine Etappe anzusehen sei, liess Herr von Weizsäcker durchblicken, dass es wenig wahrscheinlich sei, dass die Sudeten deutschen auf die Dauer im tschechoslowakischen Staatsverband verbleiben wollen. Aus diesen Aufschlüssen habe ich den Eindruck gewonnen, dass Deutschland den Krieg vermeiden will, aber eine günstige Gelegenheit abwartet, um ohne wesentliches Kriegsrisiko den Anschluss der deutschen Teile der Tschechoslowakei an Grossdeutschland durchzuführen.
Auch Herrn von Weizsäcker wies ich auf die Unterbrechung der Wirtschaftsverhandlungen hin und auf die nachteiligen Folgen, die für die gegenseitigen Beziehungen entstehen müssen, wenn die Herren Wirtschaftler nicht eine Verständigungsbasis finden können.
Wie ich Ihnen telegraphisch berichtet habe3, wurde ich heute um 12.15 Uhr vom Reichskanzler zur Übergabe des Beglaubigungsschreibens und des Abberufungsschreibens meines Vorgängers empfangen. Die Reden, die beidseitig gehalten wurde, habe ich dem Politischen Departement bereits Übermacht. In der Antwort des Reichskanzlers4 erkennt man die Mitwirkung des Auswärtigen Amtes, das gemäss den Aufschlüssen Herrn von Weizsäckers vermeiden möchte, eine Anerkennung der schweizerischen Neutralität zum Ausdruck zu bringen5.
Wenn ich somit bei der offiziellen Ansprache des Reichskanzlers eine gewisse Enttäuschung erfahren musste, war ich umso angenehmer überrascht von den spontanen Erklärungen, die Hitler mir anschliessend im Privatgespräch gemacht hat.
Nach einigen Fragen persönlicher Natur leitete der Reichskanzler das Gespräch sofort zu politischen Fragen über, die die beiden Länder betreffen. Er begann damit, dass er sagte, Deutschland sei hocherfreut über die Lösung, die in der Neutralitätsfrage gefunden wurde. Artikel 16 des Völkerbundspaktes sei doch nicht ganz ohne Gefahr für die Schweiz gewesen. Wer Friedensbrecher sei, könne man, wie die Weltgeschichte der jüngsten Zeit lehre, nie eindeutig feststellen und dieses Urteil in einem europäischen Konflikt sei auch einem Gremium in Genf nicht möglich. Er sei zwar wie jedermann in Deutschland auch vor der Rückkehr der Schweiz zur umfassenden Neutralität der Ansicht gewesen, dass die Schweiz im Ernstfälle neutral bleiben werde. Etwas anderes könne er sich von der Schweiz in Anbetracht ihrer geographischen Lage und ihrer völkischen Zusammensetzung gar nicht denken. Aber trotzdem sei die Klärung, die nunmehr erfolgt sei, zu begrüssen, weniger wegen der praktischen Konsequenzen als weil sie eine klare Lage schaffe und dies auch den an der Neutralität interessierten Staaten ermögliche, klare Antworten zu geben. Deutschland gehöre zu diesen an der Neutralität der Schweiz interessierten Staaten und vielleicht noch mehr als andere. Wenn nicht nur die Schweiz sondern auch Belgien und Holland neutral seien, dann sei ein Krieg zwischen Frankreich und Deutschland aus militärischen Gründen sozusagen ausgeschlossen. Die Befestigungen auf beiden Seiten der deutsch-französischen Grenze verunmöglichten, soweit sich diese Konsequenzen überblicken lassen, ein Durchkommen und nur die Flanken könnten einem Angreifer eine gewisse Chance geben. Die Sicherung der beiden Flanken durch neutrale Staaten, die wirklich neutral sind und ihre Neutralität zu verteidigen verstehen, liege im deutschen Interesse. So könne er sagen, dass Deutschland, wie bis anhin, ein grosses Interesse an der schweizerischen Neutralität habe und er wiederhole noch einmal, was er bereits Herrn Alt Bundesrat Schulthess erklärt habe: In Deutschland denkt kein Mensch daran und wird nicht daran denken die schweizerische Neutralität zu missachten. Mit der neutralen Schweiz will Deutschland in Freundschaft leben. Sie habe nichts zu befürchten und über wirtschaftliche Fragen müsse man sich durch gegenseitiges Entgegenkommen verständigen. Es sei ihm bekannt, dass zur Zeit die Wirtschaftsverhandlungen ins Stocken geraten seien; er hoffe jedoch, dass man eine Lösung finden werde, die die Fortführung der Verhandlungen ermögliche. Man müsse aber berücksichtigen, dass Deutschland immer noch in einer schwierigen wirtschaftlichen Lage sei und dass sich seine Vorschläge aus diesen Verhältnissen erklären.
Hitler betonte, dass er nach wie vor für die Erhaltung des allgemeinen Friedens eintrete, verwies darauf, dass seine Heimat Österreich auf Grund des Selbstbestimmungsrechts sich wieder mit Deutschland vereinigt habe und schloss seine Ausführungen noch einmal mit dem Hinweis darauf, dass die Unverletzlichkeit der Schweiz für Deutschland ausser jeder Diskussion stehe.
Ich dankte mit einigen Worten dem Reichskanzler für diese hochwichtigen Aufschlüsse und die bedeutsamen Erklärungen, die sicherlich auch vom Bundesrat mit grosser Genugtuung zur Kenntnis genommen würden. Damit war der Empfang, der etwa 20 Minuten gedauert hatte, zu Ende.
- 1
- Lettre: E 2001 (D) 4/52.↩
- 2
- Télégramme du 8 juin, non retrouvé. A ce sujet, le télégramme No 8, B 1926, expédié de Berlin le 9 juin à 12 h. 43 (reçu à Berne à 16 h.) donnait les précisions suivantes: Staatssekretär sagte mir gestern, dass Antwort auf Neutralitätsnote mit Italien besprochen werde. Definitiver Vorschlag laute ungefähr wie folgt: Deutschland habe mit Befriedigung Kenntnis genommen, da absolute Neutralität im Interesse des europäischen Friedens gelegen sei. Neue Zusicherung der Respektierung der Neutralität, oder wie von mir angeregt unter Bezugnahme auf Hitler-Erklärung, sei bei dieser Gelegenheit für Deutschland schwierig, da aus Gastpflicht der Schweiz in europäischem Konflikt Schwierigkeiten erwachsen könnten. Sekretär zeigte Verständnis, dass Frage, was Völkerbund auf Schweizerboden tue, jetzt nicht geregelt und mehr oder weniger offen gelassen wurde. Austritt Schweiz wurde mit keinem Wort erwähnt. Nachdem Hitler Neutralität anerkannt, als sie noch differenziell war, ist es wenig verständlich, dass Auswärtiges Amt heute bei integraler Neutralität Bestätigung verweigern will. Bemühe mich weiter.↩
- 3
- Télégramme No 10, B 1927, expédié le 9 juin à 17 h. 16 de Berlin (reçu à Berne à 20 h.): Hitler hat mir nach Übergabe Beglaubigungsschreiben in Anwesenheit Aussenminister erklärt, dass er höchst erfreut sei über Klärung Neutralität. Deutschland habe zwar nie daran gezweifelt, dass die Schweiz im Ernstfall nicht neutral sein werde, aber klare Situationen erleichtern damit wohl Antwort. Wie er Bundesrat Schulthess schon sagte, so erkläre er auch heute, dass Deutschland an der Neutralität der Schweiz grosses Interesse habe und dass daher sein Land die Neutralität selbstverständlich achten werde. Da diese Erklärungen über Aufschlüsse Staatssekretärs hinausgehen, werde heute Abend von Letzterem empfangen und werde gestützt auf Eröffnungen Hitlers versuchen, Verbesserung der beabsichtigten Antwort zu erreichen. En tête de ce télégramme Motta a noté de sa main: Communiqué à la séance du Conseil fédéral d’aujourd’hui, 10.6.38. Motta.↩
- 4
- La réponse d' Hitler (copie in E 2001 (D) 4/52) à l’allocution de remise des lettres de créances de Frölicher disait ceci au sujet de la neutralité suisse: Mit Befriedigung habe ich Ihren Worten entnommen, dass Sie es als Ihre besondere Aufgabe ansehen, die Freundschaft, die zwischen dem Deutschen Reich und der Schweiz besteht, zu pflegen und das gegenseitige Verständnis zwischen beiden Völkern zu vertiefen, wie es ihren jahrhundertealten unverändert guten Beziehungen entspricht. Sie dürfen überzeugt sein, dass Sie hierbei stets meine vollste Unterstützung finden werden. Das Deutsche Reich misst in gleicher Weise wie die Schweiz diesen freundnachbarlichen Beziehungen das grösste Gewicht bei. Sie haben mit Recht auf die hohe Bedeutung hingewiesen, die der überlieferten Neutralitätspolitik der Schweiz im Leben der Völker Europas zukommt und die, wie ich bereits in meiner früheren von Ihnen erwähnten Erklärung hervorgehoben habe, auch nach meiner Auffassung ein wichtiges Element des Weltfriedens darstellt.↩
- 5
- Cf. note 1.↩