Classement thématique série 1848–1945:
II. RELATIONS BILATÉRALES
1. Allemagne
1.3. Questions de travail
Printed in
Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 10, doc. 244
volume linkBern 1982
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Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
▼ ▶ Archival classification | CH-BAR#E2001C#1000/1534#946* | |
Old classification | CH-BAR E 2001(C)1000/1534 53 | |
Dossier title | Abkommen mit Deutschland vom 4. Mai 1933 (1933–1935) | |
File reference archive | B.31.01.01.a • Additional component: Deutschland |
dodis.ch/45786 Le Chef du Département de Justice et Police, H. Hâberlin, au Ministre de Suisse à Berlin, P. Dinichert1
Wie Sie der beiliegenden Notiz2 entnehmen wollen, hat der Chef der Polizeiabteilung3 am 9. März. mit dem Sekretär der Deutschen Gesandtschaft4 die neue deutsche Ausländerverordnung5 und die sich daraus ergebende Lage durchgesprochen. Wir sind mit Ihnen der Meinung, dass der Versuch gemacht werden sollte, mit Deutschland zu einer Verständigung zu kommen über die fremdenpolizeiliche Behandlung der Angehörigen in den beiden Ländern. Sehr wichtig erscheint es uns, dass eine solche Verständigung vor dem Inkrafttreten der neuen deutschen Ausländerverordnung, also vor dem l.Mai, abgeschlossen wird, damit nicht zuerst die Schweizer schlecht behandelt werden und die Position nachher zurückerobert werden muss, was mit den grössten Schwierigkeiten verbunden sein könnte, sondern unsere Landsleute von Anfang an einem Sonder-Régime unterstellt werden. Auf der ändern Seite können wir aber u. E. nicht durchkommen mit einer nur oberflächlichen Behandlung der Angelegenheit durch die deutschen Behörden. Der Zeitpunkt scheint uns gekommen zu sein, diese ausserordentlich wichtige Frage grundsätzlich anzupacken. Wir denken dabei allerdings nicht an eine Änderung des Niederlassungsvertrages6, sondern an eine vorläufige Regelung der fremdenpolizeilichen Praxis, in Anlehnung an den bestehenden Vertrag, vielleicht als dessen Auslegung.
Wir gehen mit Ihnen einig darin, dass auszugehen ist von der schweizerischen Niederlassung7 und vom deutschen Befreiungsschein8. Wir sind aber heute nicht in der Lage, eine absolute Bindung einzugehen, die uns verpflichten würde, mit den auch im Entwurf zu einem internationalen Niederlassungsvertrag9 vorgesehenen Ausnahmen (Studien und Kuraufenthalt) nach einem fünfjährigen ununterbrochenen Aufenthalt stets die Niederlassung zu bewilligen, wenn überhaupt die weitere Anwesenheit gestattet werden will. Einmal aus formellen Gründen: Wir können die Kantone nur durch einen Staatsvertrag dazu verpflichten. Sodann aus materiellen Gründen: Wir müssen die Möglichkeit haben Ausnahmen zu machen, da die Entwicklung der Krise nicht abgesehen werden kann. Wir werden allerdings versuchen, diese Ausnahmen zu formulieren, wozu aber ein Überblick über die ganzen Kategorien von in Betracht fallenden Deutschen nach ihrem Aufenthaltszweck nötig ist. Vielleicht finden wir eine Lösung, gemäss der die 5 Jahre die Regel bilden und die Ausnahmen nach 10 Jahren nachfolgen müssen. Wir müssen uns aber dies noch gründlich überlegen. Ferner müssen wir selbstverständlich erreichen können, dass die Befristung des Befreiungsscheins für Schweizer nur formelle Bedeutung haben wird. Ob wir den unbefristeten Befreiungsschein werden erhalten können scheint uns aber fraglich zu sein, es sei denn, dass Art.30 der deutschen Verordnung10 so ausgelegt wird, dass von dieser Ausnahme auch durch künftige zwischenstaatliche Vereinbarungen gemacht werden können.
Wir sollten uns unseres Erachtens aber nicht nur mit dem Befreiungsschein befassen, sondern auch mit den Vorschriften, die bis zum Zeitpunkt gelten, der das Anrecht auf den Befreiungsschein bringt. Diese sind, wenn sie strikte angewendet werden, prohibitiv, und deshalb viel strenger als die schweizerischen, weil parallel zur Arbeitserlaubnis des Arbeitnehmers die Beschäftigungsgenehmigung für den Arbeitgeber läuft. Wir sollten wenn möglich den Schweizer von dieser letztem befreien können. Wäre dies wegen der Auslegung des § 30 ausgeschlossen, so müssten wir zum mindesten weitgehende Zusicherungen erhalten. Diese könnten sich auf die tatsächlichen Verhältnisse stützen, da wir trotz erneuter verschärfter Weisungen für die Abwehr neuzureisender ausländischer Arbeitskräfte noch ein Vielfaches von Deutschen zulassen werden, im Verhältnis zur Zahl der Schweizer, die in Deutschland Arbeit suchen11.
Wir bitten Sie, zunächst einmal die Frage der Verhandlungsbereitschaft Deutschlands in der angedeuteten Richtung abzuklären und uns darüber zu berichten. Sodann wollen Sie unverzüglich alle Konsulate dringend auffordern, Ihnen möglichst vollständiges Material aus den letzten Jahren zu übermitteln, mit bis ins Detail dargestellten Einzelfällen, auch solchen, die durch Intervention der Konsulate zu einer günstigen Lösung geführt haben. Die Deutsche Gesandtschaft in Bern besitzt erfahrungsgemäss ein grosses Material über die fremdenpolizeiliche Behandlung der Deutschen in der Schweiz. Was uns bei allen Besprechungen mit ihr fehlte, war eine grössere Zahl von Einzelfällen. Ihr Appell an die Konsulate wird sehr eindringlich sein müssen, da diese bisher in dieser Beziehung zum guten Teil versagt haben.
Unterdessen werden wir eingehend prüfen, welche Punkte wir zur Verhandlung zu stellen in der Lage sind12. Vielleicht ergeben sich solche auch noch aus dem von den Konsulaten eingehenden Material. Sind Verhandlungen grundsätzlich möglich, so müssten wir die Kantone zusammenrufen, um im vorneherein ihr Einverständnis mit gewissen einzugehenden Bindungen zu erhalten. Ohne dieses Einverständnis wären wir nicht verhandlungsfähig 13.Sollte der Abschluss einer Vereinbarung möglich sein, so müsste die Gelegenheit benützt werden, das Münchner Abkommen vom 18. April 192714 aufzuheben. [...]
Wir haben noch grosse Bedenken, die Öffentlichkeit mobil zu machen, bevor sich dies als nötig erweist. Unsere öffentliche Meinung ist durch die gegenwärtigen politischen Vorgänge in Deutschland schon so beunruhigt, dass wir die Frage der fremdenpolizeilichen Behandlung der Schweizer in Deutschland der Öffentlichkeit nur preisgeben möchten, wenn ohne ein solches Druckmittel eine Verständigung unmöglich erscheinen würde. Sie dürfen aber ruhig erklären, dass wir keinen Augenblick sicher seien, wann eine solche Beunruhigung spontan durch Mitteilungen Zurückkehrender wachgerufen wird.
- 1
- Lettre (Copie): E 2001 (C) 4/53.↩
- 2
- Non reproduit.↩
- 5
- Du 23 janvier 1933.↩
- 6
- Du 13 novembre 1909 (RO, 1911, vol. 27, pp. 677ss.).↩
- 7
- Loi sur le séjour et l’établissement des étrangers du 26 mars 1931, art.6 (RO, 1933, vol.49, pp. 279ss.).↩
- 8
- Le Befreiungsschein, selon l’ordonnance du 23 janvier 1933, est accordé après un séjour ininterrompu d’au moins dix ans en Allemagne. Sa validité est de deux ans. Il est renouvelable.↩
- 9
- 8.RG, 1932, p.54.↩
- 10
- Du 23 janvier 1933.↩
- 11
- D’après le recensement fédéral du 1er décembre 1930, 135000 Allemands environ séjournent en Suisse. 85 000 d’entre eux ont une activité lucrative. Le nombre des permis d’établissement est d'environ 100000. On estime que cela représente plusieurs fois le nombre des Suisses en Allemagne. (E 2001 (C) 4/53.Niederschrift der schweizerisch-deutschen Verhandlungen über die Fragen des Arbeitsmarktes und der Fremdenpolizei, 4. Mai 1933, p. 2.)↩
- 12
- 11.La proposition du Département politique au Conseil fédéral, le 20 avril 1933, suggère de négocier un traitement comparable, compte tenu des législations en vigueur, des Suisses en Allema- gne et des Allemands en Suisse et l’octroi du Befreiungsschein après cinq ans de séjour ininterrompu, comme le prévoit la législation fédérale, sur l’ensemble du territoire allemand et pour toutes les activités économiques, ainsi que sa durée illimitée ou son renouvellement quasi-automatique. (PVCF du 21 avril E 1004 1/339.)↩
- 13
- En réalité les cantons ne seront pas consultés. Malgré la volonté suisse d’aboutir avant le ln mai 1933, le Reich ne donne son accord pour ouvrir les négociations qu’à la mi-avril. Le Conseil fédéral nomme ses plénipotentiaires et adopte la proposition du Département politique le 21 avril 1933 (cf. note 11). Il n’est plus temps d’aviser les cantons puisque les pourparlers s’ouvrent le 25 avril à Berlin. (E 4800 (A) 1967/1 1, Archiv-Nr. 306. Lettre du Chef du département de justice et police, H. Hâberlin, aux Directeurs cantonaux de police, 18 mai 1933.)↩