Classement thématique série 1848–1945:
II. RELATIONS BILATÉRALES
1. Allemagne
1.1. Relations commerciales
Printed in
Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 10, doc. 174
volume linkBern 1982
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Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
Archival classification | CH-BAR#E1004.1#1000/9#12764* | |
Dossier title | Beschlussprotokoll(-e) 08.06.-10.06.1932 (1932–1932) |
dodis.ch/45716 CONSEIL FÉDÉRAL
Procès-verbal de la séance du 10 juin 19321 969. Verhandlungen mit Deutschland
Procès-verbal de la séance du 10 juin 19321
Wie dem Bundesrate bekannt ist, hat am 23. Mai in Bern eine Besprechung stattgefunden2, an welcher die Herren Bundespräsident Motta, Bundesrat Schulthess und Bundesrat Musy, sowie die Generaldirektion der Nationalbank, der Präsident der Generaldirektion der Bundesbahnen3 und Vertreter der Banken, des Handels und der Industrie, der Landwirtschaft und der Verkehrsinteressen teilgenommen haben.
An dieser Sitzung ist übereinstimmend von allen Seiten festgestellt worden, dass die gegenwärtigen Wirtschaftsbeziehungen zwischen der Schweiz und Deutschland absolut unhaltbar geworden sind. Ganz besonders trifft dies zu für den Waren- und für den Fremdenverkehr. Was die Warenein- und -ausfuhr anbelangt, so ist allerdings infolge der schweizerischen Kontingentierungsmassnahmen4 die Einfuhr deutscher Waren zurückgegangen. In viel stärkerem Ausmasse jedoch ging unser Export nach Deutschland zurück, was zum Teil auf die stark verminderte deutsche Kaufkraft, zu einem nicht unwesentlichen Teil jedoch auf die ausserordentlich rigorose Art der deutschen Devisenbewirtschaftung zurückzuführen ist. Die Klagen unserer Exportindustrie auf diesem Gebiete haben sich denn auch in letzter Zeit ausserordentlich vermehrt und verstärkt. Während noch im Jahre 1930 40% des deutschen Imports durch unsern Export gedeckt wurden, ist diese Quote im Jahre 1931 auf 30% und gegenwärtig, d.h. für die ersten vier Monate des laufenden Jahres, auf 25% gefallen.
Was den Fremdenverkehr anbelangt, so ist bekannt, dass die deutschen Devisenbeschränkungen5 es den deutschen Staatsangehörigen nahezu verunmöglichen, überhaupt noch in die Schweiz zu kommen, und die damit für unsere Hotellerie und die übrigen Fremdenverkehrsinteressen entstehende Schädigung ist ausserordentlich gross.
Mit Bezug auf den Kapitalverkehr wurde seitens der Bankwelt mitgeteilt, dass Deutschland bis jetzt die Zinsen regelmässig zahle und dass während der Dauer des Stillhalteabkommens6 Kapitalrückzahlungen schweizerischerseits nur entgegengenommen werden dürfen, wenn sie innert kürzester Frist Deutschland wieder zur Verfügung gestellt werden. Diese Situation kann sich selbstverständlich grundlegend ändern, sobald das Stillehalteabkommen abgelaufen sein wird (Februar 1933) oder sobald Deutschland ein Moratorium erklärt.
Die an der Konferenz vom 23. Mai gezogene Konklusion ging deshalb dahin, dass es ganz besonders dringlich sei, für den Warenverkehr und für den Fremdenverkehr sofortige Erleichterungen zu erzielen und dass die Interessen des Kapitalverkehrs vorläufig noch zurückgestellt werden können. Mit Bezug auf die beiden ersten Punkte jedoch sei ein rasch in Kraft zu setzendes kurzfristiges Abkommen unbedingt notwendig.
Das Volkswirtschaftsdepartement hat am 24. Mai dem deutschen Gesandten in Bern die Situation auseinandergesetzt und ihm die Aufnahme sofortiger und dringlicher Verhandlungen über den Waren- und Fremdenverkehr vorgeschlagen. Gestützt auf die von Herrn Minister Müller nach Berlin gemachten Mitteilungen hat die deutsche Regierung Herrn Geheimrat Dr. Hagemann vom Reichswirtschaftsministerium nach Bern delegiert, um mit dem Departement die Grundlage über eine zu schaffende Verständigung zu diskutieren. Diese Besprechungen sind letzten Montag, den 6.d.Mts. aufgenommen worden und wurden unsererseits durch den Direktor der Handelsabteilung geführt. Nach einer allgemeinen Schilderung der Verhältnisse hat Herr Direktor Stucki die schweizerischen Wünsche und Vorschläge wie folgt dargelegt:
Die Schweiz muss unbedingt darauf dringen, dass deutscherseits vermehrte Devisenzuteilungen gemacht werden, sowohl für den Import schweizerischer Waren nach Deutschland, als für deutsche Reisende, die sich nach der Schweiz zu begeben wünschen. Angesichts der Gestaltung der gegenseitigen Handelsbeziehungen muss die Schweiz verlangen, dass durch die deutsche Devisenbewirtschaftung weder der Import schweizerischer Waren noch die Ausreise deutscher Touristen praktisch gehemmt werde.
Deutscherseits wurde zu diesen Begehren erklärt, dass sie unerfüllbar seien. Die deutsche Devisenbewirtschaftung behandle alle Länder gleich, was den Warenimport anbelangt, und könne auch nicht für die Schweiz ein Ausnahmeregime zugunsten der Reisenden ertragen. Zugeständnisse wären nur dann möglich, wenn eine Einschränkung des Eingangs an Schweizerdevisen zum Nachteil der Reichsbank vermieden werden könnte, d. h. wenn die Schweiz bereit wäre, bedeutend mehr Ware in Deutschland zu kaufen als bisher. Der Gegenwert dieser Waren könnte dann eventuell für solche Sonderzwecke zur Verfügung gestellt werden, und der Nettoerlös der Reichsbank an Schweizerdevisen würde nicht vermindert.
Herr Direktor Stucki hat hierauf erwidert, dass man einem Lande, welches bisher viermal so viel Ware aus Deutschland bezog als es dorthin liefert, unmöglich zumuten könne, diese Käufe noch zu steigern, um sich dadurch Konzessionen zu erkaufen, die einem so guten Kunden gegenüber ohnehin selbstverständlich seien. Um den deutschen Wünschen entgegenzukommen, hat er dann einen vorläufig als durchaus persönlich bezeichneten Vorschlag in folgender Richtung gemacht:
Auf 1. Juli wird der sog. Kompensationsverkehr organisiert sein. Der Bundesrat ist entschlossen, die Importe der in seinem Beschluss vom 6. Mai genannten Massengüter von denjenigen Ländern zu tätigen, die der Schweiz genügend Entgegenkommen beweisen7. Beim heutigen Zustand gehört Deutschland sicherlich nicht zu diesen Ländern. Man muss sich also deutscherseits darauf gefasst machen, dass man Kohle, Zucker und Malz nicht mehr aus Deutschland, sondern aus solchen Staaten beziehen werde, die uns entsprechendes Entgegenkommen beweisen. In diesem Falle ginge der Deutschen Reichsbank eine Summe von ca. 80 Millionen Schweizerfranken (Importe der genannten drei Artikel aus Deutschland im Jahre 1931) verloren. Man könne Deutschland die Garantie geben, diese Waren weiter zu beziehen, falls der Gegenwert auf ein Separatkonto in der Schweiz einbezahlt würde. Aus diesem Separatkonto wären dann einerseits denjenigen deutschen Reisenden, die darum nachsuchen, eine Erhöhung der Devisenzuteilung bis auf ca. Fr. 1000 pro Monat zu gewähren, und anderseits den deutschen Importeuren, die nicht genügend Devisen zur Bezahlung schweizerischer Waren erhalten, die nötigen Zuschüsse zu machen. Der nicht beanspruchte Teil könnte hierauf der Reichsbank zur Verfügung gestellt werden.
Geheimrat Hagemann hat diesen Vorschlag anfänglich auf das lebhafteste bekämpft und immer und immer wieder betont, dass damit die Reichsbank gegenüber dem heutigen Zustand Devisen verliere und dass ein solcher Fonds durch neue, über die heutigen Bezüge hinausgehende schweizerische Käufe gespiesen werden müsste. Auf die Einwendung, dass es doch keinen Sinn habe, zuerst die Einfuhr der genannten «Kompensationswaren» zu sperren und dann von diesem Zustand aus neue Geschäfte zu tätigen, dass man sich also deutscherseits damit abfinden sollte, dass die Schweiz in der Lage und eventuell entschlossen sei, das Mittel der Kompensationspolitik rücksichtslos anzuwenden, ist er schliesslich auf einige Detailfragen, die der schweizerische Vorschlag aufwirft, eingetreten und hat erklärt, den Vorschlag seiner Regierung unterbreiten zu wollen.
Unser Vertreter hat im fernem vorgeschlagen, dass man sich neben dem ersten Problem - Garantie für Kompensationswaren in Verbindung mit Zusatzdevisen für schweizerische Waren und deutsche Touristen - oder unmittelbar nachher, auch einigen sollte über die Herabsetzung deutscher Zölle für Uhren, Stickereien, Maschinen etc., wogegen die Schweiz bereit wäre, Gegenleistungen durch Erhöhung deutscher Zollkontingente zu gewähren. Mit diesem Vorschlag erklärte sich der deutsche Vertreter grundsätzlich einverstanden.
Herr Geheimrat Hagemann ist heute nach Berlin zurückgereist, um seiner Regierung über die gepflogenen Besprechungen Bericht zu erstatten und Instruktionen einzuholen.
Die bisherigen Besprechungen hatten lediglich vorbereitenden und orientierenden Charakter und sollten für die kommenden eigentlichen Verhandlungen eine gewisse Grundlage schaffen. Das Volkswirtschaftsdepartement ist mit dem Chef des politischen Departementes der Ansicht, dass die Schweiz sich bereit erklären sollte, auf der von Herrn Direktor Stucki vorgeschlagenen Grundlage in Detailverhandlungen einzutreten, da sie geeignet ist, sowohl für den Fremdenverkehr wie für den Warenexport rasche und fühlbare Erleichterungen zu schaffen. Wird diese Grundlage deutscherseits akzeptiert, so wird man für die weitern Verhandlungen noch die nötigen Fachleute aus der Mitte des Exporthandels und des Fremdenverkehrs, sowie der Schweizerischen Nationalbank herbeiziehen müssen.
Antragsgemäss wird beschlossen:
Von diesen Mitteilungen wird in zustimmendem Sinne Kenntnis genommen und das Volkswirtschaftsdepartement wird ermächtigt, im angeführten Sinne die Verhandlungen wieder aufzunehmen, falls sich Deutschland dazu bereit erklärt.
- 2
- Cf. no 168, surtout n. 1.↩
- 3
- A. SchraJ1.↩
- 4
- Arrêté fédéral concernant la limitation des importations du 23 décembre 1931 (RO, 1931, vol. 47, pp. 799-800). Sur son application cf no 144, n.2.↩
- 5
- Cf. no 93, n. 1.↩
- 6
- Cf no 94, n.2.↩
- 7
- Dans sa séance du 6 mai, le Conseil fédéral a accepté la prooosition de Schulthess qui demandait la mise sur pieds d’un trafic de compensation pour quelques articles de grande consommation que la Suisse devait importer de l’étranger (céréales, malt, sucre, charbon, benzine, pétrole et produits de sa distillation, tabac, etc... (PVCF du 6 mai 1932 E 1004 1/334). Cette décision du Conseil fédéral a été publiée sous la forme de /’Arrêté fédéral no 4 relatif à la limitation des importations, entré en vigueur le 12 mai suivant (RO, 1932, vol. 48, pp. 222-223).↩