Printed in
Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 10, doc. 139
volume linkBern 1982
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Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
Archival classification | CH-BAR#E27#1000/721#23386* | |
Dossier title | Ernennung von Delegationen für die Abrüstungskonferenz und Instruktionen an die Delegatierten (1931–1935) | |
File reference archive | 12.B.1.c |
dodis.ch/45681
1. Bindende Instruktionen; Verpflichtung, sich persönlicher Meinungsäusserungen zu enthalten:
Herrn Nationalrat Häberlin3 ist die Missbilligung des Bundesrates auszusprechen.
2. Eventuell ist der Rückzug der militärischen Delegierten aus der Delegation zu erwägen.
3. Punkte, auf die in mehreren Eingaben an das Politische Departement hingewiesen und die in die Instruktion an die Delegierten aufgenommen werden müssen:
a) Nicht-Einbeziehung der Miliztruppen in den Abrüstungsvertrag.
Es ist von höchster Bedeutung, dass unsere Delegierten diese Frage grundsätzlich stellen. Angesichts der den USA gegebenen Zusicherung und der in der vorbereitenden Abrüstungskommission mehrheitlich vertretenen Auffassung der Nichteinbeziehung der nicht ausgebildeten Reserven liegt ein Beschluss der Abrüstungskonferenz im Sinne der Nichteinbeziehung der Miliztruppen durchaus im Bereich der Möglichkeit,
b) Beschliesst die Abrüstungskonferenz im gegenteiligen Sinne, so muss unsere Delegation darauf bestehen, dass auch die ausgebildeten Reserven eingerechnet werden. Aber auch so würde sich für die Schweiz daraus eine militärpolitisch sehr schwierige, um nicht zu sagen unmögliche Lage ergeben, die es notwendig machen wird zu prüfen, ob nicht auf den militärischen Schutz des Landes gegen aussen überhaupt verzichtet und die zweite der Armee obliegende Aufgabe «Aufrechterhaltung der staatlichen Ordnung im Innern» der Polizei allein übertragen werden muss. Denn proportional gleichmässige Herabsetzung der Rüstungen wirkt sich tatsächlich zu unserem Nachteil sehr ungleich aus, und zwar in einem Masse, das die militärische Verteidigung des Landes unmöglich machen wird.
c) Die allgemeine Wehrpflicht darf nicht angetastet werden. Sie ist nicht nur militärische Grundlage unseres Wehrsystems, sondern politische Grundlage des Bundesstaates4.
d) Der militärische Schutz unserer Unabhängigkeit erfordert eine Armee in jetziger Stärke mit Weiterentwicklung der Ausbildung und Bewaffnung entsprechend den neuen Bedürfnissen. Reduktion würde uns ausser Stand setzen, den im Londoner Pakt vom 13.2.19205 international übernommenen Verpflichtung zur Wahrung der militärischen Neutralität aus eigener Kraft nachzukommen.
e) Will man an der Landesverteidigung festhalten, so kann dies nur auf dem Boden der allgemeinen Wehrpflicht geschehen unter Beobachtung folgender militärischen Notwendigkeiten:
Eine Verkürzung der Dienstzeiten ist ausgeschlossen;
eine künstliche, den Geburten- und Tauglichkeitsziffern nicht entsprechende Herabsetzung der Bestände ist ausgeschlossen;
unsere materielle Rüstung ist in mancher Beziehung ungenügend. Wir müssen diesbezüglich ausdrückliche Vorbehalte machen und unsere Anträge für den zukünftigen Bedarf formulieren. Das gleiche gilt bezüglich der ersten grundlegenden Ausbildung (Verlängerung der Rekrutenschulen).
0 Ausserdem sind verschiedene mehr technische Punkte in die Instruktionen an die Delegierten aufzunehmen. (Direkte oder indirekte Rüstungsbeschränkung, Schema der Ausgaben für Meldung an das Völkerbundssekretariat, Einrechnung der Ausgaben für Gasmasken, Militärversicherung etc., Übertragung der Kredite vom Landheer auf die Luftwaffe etc.)
Über diese und weitere Einzelheiten kann Oberst Züblin, Experte der Gst. Abt., am besten referieren.
4.) Dass die militärpolitische Lage der Schweiz heute weniger kritisch sei als früher, ist eine Auffassung des Herrn Nationalrates Häberlin, die für den Fall eines kriegerischen Konfliktes, dessen Möglichkeit auch er nicht leugnet, nicht standhält. Die gegenteilige Auffassung, dass durch das in Europa gestörte Gleichgewicht der Mächte die nationale Sicherheit der Schweiz stark herabgemindert worden ist, hat u. E. mehr Berechtigung.
Aber sei dem, wie ihm wolle: Europa hat ein Interesse am Bestand einer Schweiz, die ihre Unabhängigkeit selbst zu schützen vermag.
5.) Art.8 der Satzungen des Völkerbundes6 nennt als Voraussetzung der Abrüstungen ausdrücklich die nationale Sicherheit. Unsere Armee dient ausschliesslich der Landesverteidigung, d.h. der nationalen Sicherheit. Sie ist kein Instrument für die Führung von Angriffen im strategischen Sinne. Das Ausland kennt unsere militärische Ausrüstung und Ausbildung und weiss das.
- 1
- E 27, Archiv-Nr. 23386. Signé par le Colonel G. Combe, ier Chef de section du Service de l’Etat-Major général du Département militaire.↩
- 2
- Les 20 et 21 janvier 1932, la délégation suisse à la Conférence sur la réduction et la limitation des armements examine, sur la base d’un texte du Département politique (E 2001 (C) 5/99), et en présence de G. Motta, H. Haeberlin et R. Minger, les propositions à soumettre au Conseil fédéral. Cf. no 142.↩
- 3
- Conseiller national radical de Zurich, membre de la délégation suisse à la Conférence sur la réduction et la limitation des armements et de l’Association suisse pour la SdN.↩
- 4
- Article 18 de la Constitution fédérale.↩
- 5
- Cf. no 132, n. 10.↩
- 6
- Cf. no 132, n3.↩
Tags
League of Nations
Geneva Disarmament Conference (1932–1934)