dodis.ch/45385
Der Vorsteher des Volksmrtschaftsdepartementes,
E. Schulthess, an den schweizerischen Gesandten in
Madrid, M. de
Stoutz1
Wir beehren uns, den Empfang Ihrer Berichte vom 9.2 und 10. ds.Mts.3 über die Frage der Änderung der Handelsübereinkunft mit Spanien dankend zu bestätigen.
Von Ihren Ausführungen haben wir mit Interesse Kenntnis genommen und erlauben uns, dazu folgendes zu bemerken:
Nachdem der Bundesrat in seiner letzten Note4 gegenüber den spanischen Begehren einen durchaus ablehnenden Standpunkt eingenommen hatte und sich seit jenem Zeitpunkt die Situationen bei uns in keiner Weise grundsätzlich geändert hat, haben wir nicht ohne Bedenken von den Mitteilungen Kenntnis genommen, die Sie Herrn Castedo gemacht haben. Auch wenn man berücksichtigt, dass Sie nachdrücklich hervorgehoben haben, rein persönlich und ohne irgendwelche Instruktionen zu sprechen, fürchten wir doch, dass Herr Castedo den Eindruck gewonnen hat, es sei eine Änderung der schweizerischen Stellungnahme, d.h. ein grundsätzlicher Verzicht auf unsere Konzessionen zu erwarten. Noch mehr überrascht hat uns, dass Sie einen solchen Verzicht mit Wirkung auf kurze Zeit, d.h. schon für den Monat März in Aussicht stellten. Dies war ja schon aus rein legalen Gründen durchaus unmöglich, da der Bundesrat nicht von sich aus auf den für uns wesentlichen Inhalt eines Vertrages verzichten könnte, der seinerzeit vom Parlament ratifiziert wurde. Ein solcher Verzicht müsste enthalten sein in einem neuen Handelsvertrag zwischen den beiden Ländern, der den heute noch bestehenden aufheben und sich mit der reinen Meistbegünstigung begnügen würde. Ein solcher neuer Handelsvertrag aber bedürfte der Ratifikation durch das schweizerische Parlament.
Abgesehen von dieser Formfrage glauben wir kaum, dass der Bundesrat den Standpunkt wird verlassen können, den er in seiner letzten Note an die hiesige spanische Gesandtschaft zum Ausdruck gebracht hat. Dies umsoweniger, als der Vorort des Schweizerischen Handels- und Industrie-Vereins mit aller Energie dagegen Stellung nimmt. Mit Rücksicht auf die grosse Schwierigkeit der Entscheidung möchten wir dem Bundesrat nicht Antrag stellen, ohne dass die Angelegenheit mit Ihnen mündlich eingehend besprochen worden wäre. Da nicht nur der Chef unserer Handelsabteilung, sondern auch die Herren Prof. Laur und Dr. Wetter nächste Woche in Paris sind, so möchten wir Sie bitten, zu einer Besprechung der ganzen Frage mit den genannten drei Herren nächsten Dienstag, den 21. ds., nach Paris zu fahren5. Die Besprechung wird ohne Gegenbericht nachmittags ca. 5 Uhr in der Chambre de commerce suisse, 61, Avenue Victor-Emmanuel, stattfinden. Die Herren logieren im Hotel Bristol, Rue du Faubourg St. Honoré. Wir haben Ihnen in diesem Sinne heute telegraphiert und hoffen, dass Sie abkömmlich sind.
Mit Rücksicht auf die Notwendigkeit dieser Besprechung bitten wir Sie, die spanische Regierung wissen zu lassen, dass uns eine Antwort bis zum 20. Februar nicht möglich ist und wir um weitere zwei bis drei Wochen Geduld bitten müssen.
Endlich erlauben wir uns, darauf aufmerksam zu machen, dass es sehr wichtig ist, wenn die schweizerischen Kaufleute in Spanien nicht Angst vor einem eventuellen Zollkrieg zeigen, sondern bei jeder Gelegenheit darauf aufmerksam machen, dass die spanische Zumutung für die Schweiz nicht annehmbar sei.