dodis.ch/45317
Der Chef der Abteilung fiir Auswärtiges des Politischen Departementes, P.
Dinichert, an den schweizerischen Gesandten in
Berlin,
H.Rüfenacht1
Persönlich und vertraulich
Bern, 16. April 1927
Wir beehren uns, den Empfang Ihres Schreibens vom 14. d.M.2 anzuzeigen, dem eine Aufzeichnung zu der eben abgeschlossenen Übereinkunft mit Russland beigeschlossen war. Ihre interessanten Ausführungen haben unsere volle Aufmerksamkeit gefunden. In Abwesenheit von Herrn Bundespräsident Motta, aber im Einverständnis mit seinem Stellvertreter, Herrn Bundesrat Schulthess, haben wir Ihnen heute morgen nachstehendes Chiffre-Telegramm gesandt:
«Ihr eins und zwei und Bericht 14ten. Beglückwünschen Sie zur Regelung. Veröffentlichen Text Erklärung ohne Kommentar. Halten in der Tat vorderhand amtliche Kommentare an Presse für unerwünscht, da sie Diskussionen mit Gegenseite rufen müssten, die wohl besser unterbleiben.»
Wir sind in der Tat der Meinung, dass es im gegenwärtigen Stadium der Angelegenheit nicht angezeigt sei, der Presse amtliche Kommentare zur Einigung mit Russland zu übergeben, da solche Kommentare aller Voraussicht nach Gegenäusserungen von russischer Seite rufen und damit eine Diskussion heraufbeschwören würden, die besser unterbleibt.
Dass die schweizerische Presse an diese Übereinkunft Erörterungen anschliesst, ist unvermeidlich. Es liegt für sie nahe, für die Beurteilung der nunmehr zustande gekommenen Übereinkunft den Wortlaut des Abkommens heranzuziehen, der bei den Verhandlungen vom Januar 1926 zur Erörterung gestanden hat.
Sollten die Behörden der Union der S.S.R. sich in der russischen Presse zur Übereinkunft äussern, so werden wir natürlich prüfen, was und wie wir darauf zu antworten haben.
Wir möchten nicht verfehlen, Sie zum Abschlüsse der Übereinkunft wiederholt auf das lebhafteste zu beglückwünschen, und bitten Sie, Herr Minister, die Versicherung unserer ausgezeichneten Hochachtung genehmigen zu wollen.