Thematische Zuordung Serie 1848–1945:
III. BILATERALE BEZIEHUNGEN
22. Russland
22.1. Wiederaufnahme von Handelsbeziehungen
Pubblicato in
Documenti Diplomatici Svizzeri, vol. 9, doc. 246
volume linkBern 1980
Dettagli… |▼▶Collocazione
Archivio | Archivio federale svizzero, Berna | |
▼ ▶ Segnatura | CH-BAR#E2001C#1000/1542#6* | |
Vecchia segnatura | CH-BAR E 2001(C)1000/1542 1 | |
Titolo dossier | Berliner Abkommen 1927 (1927–1927) | |
Riferimento archivio | B.15.0 • Componente aggiuntiva: Russland |
dodis.ch/45263
Der schweizerische Gesandte in Berlin, H.Rüfenacht, an den Vorsteher des Politischen Departementes, G. Motta1
Ich beehre mich, Ihnen bestens dankend den Empfang Ihres Schreibens vom 26. ds.2 und der darin erwähnten 3 Beilagen zu bescheinigen.
Ich kenne Herrn Dr. Wolfers persönlich. Als er hierher kam, ging ihm der Ruf eines Salonsozialisten voraus; er soll seinerzeit auch einer der Führer der sozialistischen Richtung in der Studentenverbindung «Zofingia» gewesen sein. Ferner habe seine politische Weltanschauung ihn veranlasst, aus dem Advokaturbureau seines Schwiegervaters, in dem er zuerst tätig war, auszutreten. Hier ist er aber meines Wissens parteipolitisch nicht hervorgetreten. Der Vortrag über schweizerische und deutsche Demokratie, den ich kürzlich von ihm anhörte, war sachlich und von vaterländischer Wärme.
Ich habe Herrn Dr. Wolfers wiederholt in mein Haus eingeladen und zwar nicht nur zu den grossen Schweizer-Tees, sondern auch zu intimeren Anlässen. Es verwundert mich deshalb ein wenig, dass er sich nicht zuerst an mich gewandt hat. Ich will ihm dies aber nicht verübeln, angesichts seines jugendlichen Glaubens, zu einer hochpolitischen Rolle berufen zu sein. Aber etwas verwundert bin ich darüber, dass Herr a. Nationalrat Dr.Forrer sich bereit erklärt hat, mich in der fraglichen Angelegenheit auszuschalten. Ich danke Ihnen, dass Sie hierauf nicht eingegangen sind.
Sehr korrekt scheint es mir übrigens nicht, dass Herr Dr. Wolfers es seinem Schwiegervater überlassen wollte, ob nicht gewisse Umstände Bern, also Ihrem Departement, verschwiegen werden sollen [...]
Zur Sache selbst erlaube ich mir folgende Bemerkungen:
Wenn die Prämisse Wolfers, dass Russland Gewicht auf die Teilnahme an der Weltwirtschaftskonferenz lege, dass also die Schweiz für Russland den Schlüssel zu dieser Konferenz in Händen habe, richtig ist, so verstehe ich nicht recht, warum die Schweiz diesen für Russland so wertvollen Schlüssel von sich aus offerieren soll. Abgesehen davon ist es doch noch fraglich, ob Russland wirklich Gewicht auf die Teilnahme legt. Ich hatte kürzlich Gelegenheit, mich darüber mit einigen Herren zu unterhalten. Während die Nationalökonomen Professor Georg Bernhard und Geheimrat Dr. Julius Wolff ein russisches Interesse für vorhanden betrachten, sind die Gesandten der russischen Nachbarländer Estland und Litauen übereinstimmend der Ansicht, Russland sei froh, den schweizerischen Konflikt als Vorwand für sein Ausbleiben zu benützen, da es gar nicht wünsche, in Genf Erklärungen abzugeben, statistische Angaben etc. zu machen und sich an den Beratungen über die Gesundung einer Wirtschaft zu beteiligen, deren Form es perhorresziere. Ist dies richtig, so wird die Erklärung, zu deren Abgabe Sie den unbekannten Journalisten ermächtigten, kaum die erwünschte Wirkung haben, sondern von Russland lediglich als Ausdruck unseres Bedürfnisses nach einer Verständigung aufgefasst werden.
Wenn ferner Herr Dr. Wolfers rät, dass durch keinerlei Indiskretionen die öffentliche Meinung auf das Wörtchen «aufrichtig» als Adjektivum des Bedauerns gelenkt werde, so vergisst er, dass seinerzeit nach dem Besuche Tschitscherins in Berlin seine Äusserung gedruckt in der Presse zu lesen war, dass der Streit um dieses Beiwort gegangen sei.
Sie schreiben mir, dass Sie den Namen des deutschen Journalisten zu vernehmen wünschen. Auch im Briefe an Herrn Dr.Forrer haben Sie diesen Wunsch ausgesprochen und dabei Herrn Dr. Wolfers ermächtigt, sich an mich zu wenden. Ich weiss nun nicht, ob ich mit meiner Frage an Wolfers abwarten soll, bis er mich allfällig aufsucht, oder ob ich ihn, wenn er nicht von selbst kommt, zu mir zu bitten habe3. Ich darf Sie darüber noch um Ihre gefällige Weisung bitten.
Wenn der Russische Botschafter überhaupt der ihm inzwischen wohl durch den deutschen Journalisten gemachten Mitteilung weitere Folge geben will, so wird dies kaum in der nächsten Zeit geschehen, da er übermorgen Berlin für mehrere Wochen verlässt.
- 1
- Schreiben: E 2001 (C) 12/1. Beziehungen zu Russland.↩
- 2
- In diesem Schreiben bat Motta den schweizerischen Gesandten in Berlin um folgende Angaben: [...] Je suppose que vous connaissez M. le Dr. Wolfers et que celui-ci se mettra, très pro- bablement, en rapport avec vous. J’aimerais connaître le nom du journaliste allemand qui a d’abord parlé avec Monsieur Wolfers. Je vous serais reconnaissant de me tenir au courant de tout ce que vous pourrez apprendre au sujet des répercussions éventuelles de la conversation de M. Wolfers avec le journaliste dont il s’agit (E 2200 Berlin 2/2).↩
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