Thematische Zuordung Serie 1848–1945:
III. BILATERALE BEZIEHUNGEN
25. Tschechoslowakei
25.1. Handelsvertragsverhandlungen
Imprimé dans
Documents Diplomatiques Suisses, vol. 9, doc. 45
volume linkBern 1980
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Archives | Archives fédérales suisses, Berne | |
▼ ▶ Cote d'archives | CH-BAR#E1001#1000/6#546* | |
Ancienne cote | CH-BAR E 1001(-)1000/6 546 | |
Titre du dossier | Anträge des Eidg. Volkswirtschaftsdepartementes 1925 (1925–1925) | |
Référence archives | 1.7 |
dodis.ch/45062
Antrag des Vorstehers des Volkswirtschaftsdepartementes, E. Schulthess, an den Bundesrat1
Die schon seit langem in Aussicht genommenen Handelsvertragsunterhandlungen mit der Tschechoslovakei sind nunmehr in greifbare Nähe gerückt. Nachdem die Handelsbeziehungen dieses Staates mit seinen Nachbarländern durch eine Reihe kurz nacheinander abgeschlossener Verträge geregelt worden sind, besteht nun auch für die Schweiz die Möglichkeit, mit der tschechoslovakischen Regierung die Frage zu erörtern, wie der bestehende Meistbegünstigungsvertrag im Interesse der beiden Länder durch Tarifbestimmi ngen ergänzt werden könnte2. Ende März dieses Jahres fand in Bern zwischen dem Gesandten der Tschechoslovakei und dem Chef des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes der Austausch der beidseitigen Begehrenlisten3 statt. Gleichzeitig kamen beide Teile überein, dass die Verhandlungen gegen Ende Mai in Prag beginnen sollen.
Die Verhandlungen dürften sich nicht leicht gestalten, denn der tschechoslowakische Zolltarif enthält trotz der umfassenden Ermässigungen, die er in Verträgen mit ändern Ländern, besonders mit Österreich, erlitten hat, auf den meisten den schweizerischen Export interessierenden Positionen Ansätze, die sozusagen prohibitiv wirken. Die Zollbelastung erreicht fast durchwegs ein Vielfaches der entsprechenden schweizerischen Ansätze. Dieses Missverhältnis ist darauf zurückzuführen, dass die Ansätze des tschechoslovakischen Zolltarifes im Jahre 1919festgelegt wurden, als die tschechoslovakische Krone auf VI7 bis 1/2 0 ihres Goldwertes gesunken war, und später, als die Krone sich auf ungefähr ‘/7 der Goldparität stabilisierte, keine autonomen Änderungen erfuhren. Es besteht kein Zweifel, dass die relativ gesunde und industriell hochentwickelte tschechoslovakische Volkswirtschaft schweizerische Waren in stärkerem Masse als jetzt aufnehmen könnte, wenn zu erreichen wäre, dass das schon an und für sich teure Produkt der schweizerischen Arbeit bei der Einfuhr in die Tschechoslovakei einer erträglichen Zollbelastung unterworfen würde. Die Höhe der tschechoslovakischen Zollansätze hat dazu geführt, dass die schweizerische Ausfuhr nach diesem Land in letzter Zeit im Wert nicht viel mehr als 40% der entsprechenden tschechoslovakischen Einfuhr in der Schweiz betrug.
Das Eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement schlägt dem Bundesrat vor, folgende Richtlinien zu genehmigen, die für diese Handelsvertragsunterhandlungen wegleitendsollen:
1. Der schweizerische Entwurf zu einem neuen Handelsvertrag mit der Tschechoslovakei4 [...] stellt das Ergebnis einer möglichst vielseitigen Fühlungnahme mit behördlichen Stellen, sowie Produzenten und Handelskreisen dar, soweit diese am Verkehr mit der Tschechoslovakei interessiert sind. Die Samm lung der privaten Begehren vollzog sich durch Vermittlung des Vororts des Schweizerischen Handels- und Industrie-Vereins und des Schweizerischen Bauernverbandes. Deren Vorschläge wurden nach vorgenommener Sichtung und Bereinigung in dem Entwurf entsprechend verwertet.
Es wird das Bestreben der schweizerischen Delegation sein müssen, diesen im vorliegenden Entwurf zusammengestellten Begehren auf tschechoslovakischer Seite nach Möglichkeit zum Durchbruch zu verhelfen, wobei das Vorgehen von Fall zu Fall, insbesondere das Abwägen der Wichtigkeit und Dringlichkeit der einzelnen schweizerischen Postulate, der Einsicht und Erfahrung unserer Unterhändler überlassen werden darf.
2. Tschechoslovakische Begehrenlisten.
Die tschechoslovakische Regierung hat durch ihre hiesige Gesandtschaft bis jetzt zwei Listen ihrer Wünsche überreicht. Die eine umfasst die Begehren bezüglich der Zollnachlässe in der Schweiz, die andere die Wünsche bezüglich der Bindung von schweizerischen Zöllen. Gemeint sind dabei überall die Zollansätze des gegenwärtig geltenden schweizerischen Gebrauchstarifes. In welchem Umfange die Ermässigungen gewünscht werden, wird nicht gesagt. Die bezügliche Begehrenliste führt bloss die einzelnen Waren auf, für welche die Zölle reduziert werden sollen. Es handelt sich hier zum Teil um sehr wichtige Artikel, für welche eine Ermässigung der Ansätze unseres gegenwärtigen Gebrauchstarifs wohl kaum in Frage kommen kann. Die gegenwärtige handelspolitische Lage der Schweiz gestattet schwerlich eine Ermässigung auf einem Tarif, der schon ohnehin eine recht unzulängliche Handhabe für Handelsvertragsunterhandlungen bietet. Die schweizerische Delegation wird sich deshalb in ihren Konzessionen im allgemeinen höchstens zu Bindungen der Ansätze dieses Gebrauchstarifes herbeilassen, welche mit Rücksicht auf den in Aussicht stehenden Generaltarif für die Gegenpartei ihren besondern Zukunftswert haben. Entscheidend für eine derart zurückhaltende Einstellung ist auch unser Meistbegünstigungsverhältnis zu den ändern Ländern, auf Grund dessen alle der Tschechoslovakei eingeräumten Tarifkonzessionen den ändern Vertragsstaaten ebenfalls zugute kommen. Herabsetzungen von Zöllen unter das Niveau des Gebrauchstarifes sind also so lange als möglich zu vermeiden. Immerhin halten wir dafür, dass in dieser Beziehung die Delegation die Freiheit haben soll, in Ausnahmefällen, sofern diesen keine weittragende Bedeutung zukommt, von sich aus in bescheidenem Umfang Ermässigungen auch unter den Gebrauchstarif zuzugestehen. Sollte die tschechoslovakische Delegation in wichtigen schweizerischen Zollpositionen auf der Herabsetzung der Ansätze des Gebrauchstarifs beharren, so sind für diesen speziellen Fall neue Instruktionen des Bundesrates einzuholen.
Auf Grund dieser Ausführungen beantragen wir Ihnen zu beschliessen:
1. Von den für die Verhandlungen mit der Tschechoslovakei aufgestellten Richtlinien wird in zustimmendem Sinne Kenntnis genommen, und diese als Instruktion für die schweizerische Delegation genehmigt.
2. Als Delegierte für die Handelsvertragsunterhandlungen werden bezeichnet die Herren:
W. Stucki, Direktor der Handelsabteilung des Eidg. Volkswirtschaftsdepartementes, Bern,
A. Gassmann, Oberzolldirektor, Bern,
Dr. E. Wetter, Delegierter des Vororts des Schweiz. Handels- und Industrie-Vereins. Zürich.
3. Das Volkswirtschaftsdepartement wird ermächtigt, das Sekretariat zu bestellen und überdies der Delegation, soweit nötig, zum Beizug oder Anhörung von Experten Vollmacht zu erteilen.
4. Der Bund übernimmt die Kosten der Delegation für Reise, Unterkunft und Repräsentation. Das Taggeld wird später festgesetzt5.
- 1
- E 1001 1, EVD, 1925. Paraphe: GH. Handelsvertragsunterhandlungen mit der Tschechoslovakei.↩
- 2
- Zum handelsvertraglichen Verhältnis zwischen den beiden Staaten nach der Entstehung der tschechoslowakischen Republik vgl. GBer 1925, S. 505 und Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend den am 16. Februar 1927 mit der tschechoslowakischen Republik abgeschlossenen Handelsvertrag, vom 19. März 1927, BBl 1927,1, S. 225ff.↩
- 3
- Nicht ermittelt.↩
- 4
- Nicht ermittelt.↩
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