Beiliegend erhalten Sie ein Schreiben des Bauernverbandes3. Herr Professor Laur geht meiner Ansicht nach von der falschen Voraussetzung aus, als ob die Schweiz am Wegfall der österreichischen Einfuhrbeschränkungen nicht ein ebenso grosses Interesse hätte, wie Österreich am Wegfall der schweizerischen. Der Export aus der Schweiz nach Österreich beträgt in den ersten 9 Monaten 1924 71,0 Millionen Fr., der Import aus Österreich nur 25,8 Millionen Fr. Die Handhabung der österreichischen Einfuhrbeschränkungen beengt unsern Handel mindestens ebenso viel wie unsere Einfuhrbeschränkungen dies Österreich gegenüber tun4.
Im übrigen ist es ja gerade unsere Absicht, in provisorischer Weise, d.h. bis zur Aufnahme von Handelsvertragsunterhandlungen, dem österreichischen Zolltarif die grössten Schärfen zu nehmen. Inwieweit dies gelingt, werden die Besprechungen zeigen. Dass Österreich einfach bis zum Abschluss eines Handelsvertrages die alten Zölle weiter gewähre, kann wohl schlechterdings heute nicht mehr verlangt werden, dagegen wird man meiner Ansicht nach darauf zu tendieren haben, dem Abkommen noch viel mehr als demjenigen mit Deutschland den Charakter eines Provisoriums zu geben, das nur bis zum Abschluss von Handelsvertragsunterhandlungen, die für möglichst nahe Zeit vorauszusehen sind, zu dauern hat. Die Diskussion mit den österreichischen Delegierten wird bald zeigen, welcher Termin dafür in Betracht fallen kann.
Ich habe mit Herrn Bundesrat Scheurer abgemacht, dass am Donnerstag Mittag die Eröffnungssitzung stattfinden wird und dass am Abend ein kleineres Diner im Bellevue gegeben werden soll. Der Beginn von Verhandlungen ist ja dazu immer am geeignetsten, weil sich dann die später auftretenden notwendigen Gegensätze noch nicht so gezeigt haben. Wenn es dann zu einem definitiven Schluss kommt, werden Sie sowieso dannzumal die Österreicher nochmals einzuladen haben5.