Language: German
10.10.1924 (Friday)
CONSEIL FÉDÉRAL Procès-verbal de la séance du 10.10.1924 ]
Secret minutes of the Federal Council (PVCF-S)
Désir de la Russie soviétique de renouer les relations avec la Suisse; les nouvelles conditions de Moscou. Le Conseil fédéral préfère laisser à des particuliers le soin de nouer les premiers contacts et à la diplomatie soviétique l’initiative de s’adresser aux Légations de Suisse à Londres ou à Berlin.
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Antoine Fleury, Gabriel Imboden (ed.)

Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 8, doc. 355

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Bern 1988

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dodis.ch/44997
CONSEIL FÉDÉRAL
Procès-verbal de la séance du 10 octobre 19241

Beziehungen zu Russland

Mündlich

Der Vorsteher des Justiz- und Polizeidepartementes teilt mit, ein in leitender Stellung bei einer grossen schweizerischen Fabrik beschäftigter Ingenieur habe ihm gesagt, er wisse von zuverlässiger Seite, dass der Botschafter der russischen Sowietregierung in Berlin sich dahin geäussert habe, Russland wäre bereit, wieder Beziehungen zur Schweiz aufzunehmen, sofern darüber in offizieller Weise in London verhandelt würde; eine Entschuldigung der Schweizer Regierung wegen der Ermordung Worowskis würde nicht mehr verlangt; es würde genügen, wenn der Bundesrat seinem Bedauern über diese Tat Ausdruck gäbe; über eine den Erben Worowskis zu bewilligende Entschädigung würde eine Verständigung leicht sein. Der eingangs erwähnte Ingenieur erklärte, er habe Beziehungen zu der Sowietvertretung in Berlin und könnte dort vorläufig einmal ganz privat die Sache an die Hand nehmen und festzustellen suchen, ob sich hier ein Weg öffne, um zur Aufhebung des russischen wirtschaftlichen Boykotts gegenüber der Schweiz zu gelangen, was von weiten Kreisen des Handels und der Industrie sehr begrüsst würde.

Der Vorsteher des Justiz- und Polizeidepartementes ist der Meinung, wenn es gelänge, den Weg zu Verhandlungen über die Wiederaufnahme von Handelsbeziehungen zu Russland dadurch zu ebnen, dass der Irrtum der Moskauer Regierung zerstreut würde, die immer noch glaubt, es sei auf einen Eingriff des Bundesrates zurückzuführen, dass der Fall Worowski vom kantonalen Gericht beurteilt worden sei, und durch den Hinweis darauf, dass der Bundesrat der Witwe und der Tochter Worowskis sein Bedauern über die Mordtat in aller Form ausgesprochen habe, so sollte eine Annäherung auf diesem Boden versucht werden. Es müsste aber so vorgegangen werden, dass jeder Zweifel darüber ausgeschlossen wäre, dass nicht der Bundesrat, sondern die Sowietregierung den ersten Schritt zur Annäherung unternommen hat. Unklar sei die Wendung betr. eine den Angehörigen Worowskis zu gewährende Entschädigung. Davon, dass der Bundesrat eine solche Entschädigung gewähre, könne natürlich keine Rede sein.

In der Beratung wird anerkannt, dass die Wiederaufnahme von Handelsbeziehungen zu Russland, also die Beseitigung des wirtschaftlichen Boykotts, zu wünschen wäre, da Russland gewisse Industrieprodukte, namentlich gewisse Maschinen nötig hat, die die schweizerische Industrie liefern könnte, und da feststeht, dass es solche Industrieerzeugnisse von anderswoher bezieht und auch bezahlt. Wenn sich eine solche Annäherung auf der eben geschilderten Grundlage vorbereiten liesse, so sollte der Versuch hiezu gemacht werden. Die Feststellung, dass der Bundesrat den Angehörigen Worowskis sein Bedauern über die Mordtat ausgesprochen habe2, entspreche den Tatsachen und könne wohl in Kauf genommen werden. Bei alledem müsse aber mit grösster Vorsicht vorgegangen werden, um der Sowietregierung auch nicht den geringsten Anlass zu einer Blosstellung des Bundesrates zu geben. Was die allfälligen Verhandlungen mit Vertretern der Sowietregierung anbelange, so wäre es wünschenswert, wenn sie in Berlin geführt werden könnten. Tunlich erscheine es auch, den Sowietleuten zu verstehen zu geben, sie sollen, um solche Verhandlungen in Gang zu bringen, einen Schritt bei der Gesandtschaft in London oder in Berlin tun.

Auf Grund der Beratung wird der Vorsteher des Justiz- und Polizeidepartementes ermächtigt, den eingangs erwähnten Ingenieur wissen zu lassen, der Bundesrat habe nichts dagegen einzuwenden, wenn er, vorläufig durchaus privat, mit den Sowietleuten, zu denen er in Berlin Beziehungen hat, die Frage der Aufhebung des russischen Boykotts im Sinne der vorstehenden Erwägungen zur Sprache bringe, wobei er auch zu verstehen geben könne, dass von russischer Seite zur Anbahnung von offiziellen Verhandlungen ein Schritt bei der Schweizer Gesandtschaft in London oder Berlin getan werden könne.3

1
E 1005 2/2. Etait absent: R. Haab.
2
Cf. no 272.
3
Cf. no 357.