Classement thématique série 1848–1945:
V. LA COMMISSION CENTRALE DU RHIN
Printed in
Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 8, doc. 337
volume linkBern 1988
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Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
Archival classification | CH-BAR#E1004.1#1000/9#11953* | |
Dossier title | Beschlussprotokoll(-e) 09.05.-09.05.1924 (1924–1924) |
dodis.ch/44979 CONSEIL FÉDÉRAL
Procès-verbal de la séance du 9 mai 19241 1021. Erlass einer Verordnung betreffend die Führung der Schweizerflagge auf dem Rhein.
Procès-verbal de la séance du 9 mai 19241
Die einzige das Flaggenrecht ordnende Vorschrift der Rheinschiffahrtsakte von 1868 findet sich in Absatz 3 des Artikels 2, der folgenden Wortlaut hat:
«Als zur Rheinschiffahrt gehörig soll jedes Schiff betrachtet werden, welches zur Führung der Flagge einer der Rheinuferstaaten berechtigt ist und sich hierüber durch eine von der betreffenden Behörde ausgestellte Urkunde auszuweisen vermag.»
Die Flagge diente also bisher auf dem Rhein nur als Ausweis dafür, dass ein Schiff «zur Rheinschiffahrt gehöre». Das betreffende Schiff erwarb sich damit die Rechte und Vorteile, die den «zur Rheinschiffahrt gehörigen» Schiffen zustand.
Der Friedensvertrag von Versailles hat hierin insoweit eine Änderung geschaffen, als er in Artikel 356 den Schiffen aller Staaten und ihren Ladungen dieselbe Rechte und Vorrechte zusprach wie den «der Rheinschiffahrt dienenden Schiffen und ihren Ladungen». Die frühere Bedeutung der Zugehörigkeit eines Schiffes zur Rheinschiffahrt und gleichzeitig auch die bisherige Rechtswirkung der Flagge fiel damit dahin. Der Gebrauch der Flagge blieb allerdings nach wie vor in Deutschland sowohl wie in Holland landesrechtlich geregelt. Die Schweiz aber hat eine Regelung der Voraussetzungen des Flaggenrechtes bis heute nicht geschaffen, in der Meinung, dass eine solche Ordnung im Zusammenhange mit dem durch die Revision der Rheinschiffahrtsakte bedingten Erlass einer umfassenden öffentlichrechtlichen schweizerischen Schiffahrtsgesetzgebung getroffen werden könnte.
Dieser Zustand hatte so lange keine besonderen Nachteile zur Folge, als auf dem Rhein «normale» Zustände herrschten. Das Fehlen einheitlicher Regeln für den Flaggengebrauch auf dem Rhein machte sich dagegen fühlbar anlässlich der Ruhrbesetzung. Die alliierten Staaten wünschten ihre Massnahmen nur gegenüber Deutschland zu treffen, waren aber einigermassen in Verlegenheit, wie sie die deutschen Schiffe von den neutralen Schiffen unterscheiden sollten. Da der Gebrauch der Schweizerflagge in keiner Weise geregelt war, konnte die Flagge nicht als Ausweis schweizerischer Nationalität betrachtet werden. Der Nachweis, ob es sich tatsächlich um schweizerische Schiffe handle, musste daher durch die zeitraubende Kontrolle der Schiffspapiere erbracht werden.
Bei Anlass der Sitzung des «Comité de Jaugeage» wurde von französischer Seite die Anregung gemacht, es möchte geprüft werden, ob nicht unter den Rheinuferstaaten einheitliche Vorschriften für den Flaggengebrauch aufgestellt werden könnten. Die Zentralkommission schloss sich in ihrer darauffolgenden Sitzung dieser Anregung an und beauftragte das von ihr eingesetzte «Comité pour le droit privé fluvial», das Problem näher abzuklären. Dieses Komitee tagte im März in Paris. Es genehmigte in erster Lesung den Entwurf eines Vertrages, der nunmehr der Prüfung der beteiligten Regierungen unterliegt. Im Dezember dieses Jahres wird das Komitee zur erneuten Beratung der Vorlage zusammentreten.
Gleichsam zur Illustration der Notwendigkeit einer Regelung des Flaggenrechtes gelangt in eben diesem Zeitpunkte die Schweizer Schleppschiffahrtsgenossenschaft in einer Eingabe an das politische Departement2, in welcher der Wunsch ausgesprochen wird, es möchten unverzüglich die für den Gebrauch der Schweizerflagge erforderlichen Vorschriften erlassen werden. Die Genossenschaft weist auf die Gefahr hin, dass ausländische, insbesondere deutsche Firmen ihre Schiffe in Zukunft unter Schweizerflagge fahren lassen werden. Auf Grund der vom Bundesrate kürzlich erlassenen Ausführungsverordnungen zum Schiffsregistergesetz vom 31. Oktober 19223 würden diese ausländischen Gesellschaften nach Gründung von Tochtergesellschaften mit Sitz in Basel ihre Schiffe ins Schiffsregister von Basel eintragen und sich derart für berechtigt erachten, auf diesen Schiffen die Schweizerflagge zu hissen. Damit würde aber der Schweizerflagge in Zukunft jegliche Bedeutung genommen. Es würde natürlich rasch durchsickern, dass unter Schweizerflagge nicht nur Schweizerschiffe, sondern auch Schiffe von Unternehmungen fahren, die vielleicht wohl in der Schweiz ihren Sitz haben, ihrer Zusammensetzung nach aber als «ausländische» zu bezeichnen sind. Der gute Ruf der Schweizerflagge könnte damit leicht untergraben werden.
Das politische Departement hält die Befürchtungen der Schleppschiffahrtsgenossenschaft für begründet und ein rasches Handeln in der Angelegenheit für angezeigt. Eine Regelung, die schon heute die Voraussetzungen des Flaggenerwerbs feststellen würde, dürfte aber deshalb nicht zweckmässig sein, weil, wie erwähnt, eben jetzt die Frage der internationalen Regelung dieser Voraussetzungen geprüft wird. Dagegen scheint der andere von der Schleppschiffahrtsgenossenschaft gemachte Vorschlag, es sei vorübergehend und bis zur endgültigen Ordnung der Voraussetzungen der Gebrauch der Schweizerflagge auf dem Rhein überhaupt zu untersagen, einer Prüfung durchaus wert zu sein. Der gewünschte Zweck, Missbrauch mit der Schweizerflagge zu verhindern, würde damit erfüllt werden, und der Bundesrat würde sich freie Hand wahren, eine endgültige Lösung des Flaggenproblems dann zu treffen, wenn einmal die internationale Regelung vorliegt oder wenigstens Klarheit darüber herrscht, ob eine internationale Regelung überhaupt möglich ist. Die Zuständigkeit des Bundesrates, eine Verordnung in diesem Sinne zu erlassen, besteht auf Grund des erwähnten Schiffsregistergesetzes, dessen Artikel 68, Absatz 2, den Bundesrat berechtigt, «bis zum Erlasse eines Bundesgesetzes über die öffentlichrechtlichen Verhältnisse der Schiffahrt auf dem Verordnungswege alle zum Betriebe der Schiffahrt erforderlichen, durch internationale Verträge oder das internationale Recht im allgemeinen bedingten öffentlichrechtlichen Vorschriften aufzustellen».
Im Einvernehmen mit dem eidgenössischen Departement des Innern, dem eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement und dem Regierungsrate des Kantons Basel-Stadt beantragt das politische Departement:
Der Bundesrat möge folgende Verordnung erlassen:Verordnung betreffend
die Führung der Schweizerflagge auf dem Rhein.
(Vom 9. Mai 1924)
Der Schweizerische Bundesrat,
gestützt auf Artikel 66, Absatz 2, des Bundesgesetzes über
das Schiffsregister vom 28. September 1923, verordnet:
Art. 1.
Bis zum Erlasse von Vorschriften über den Erwerb des Flaggenrechts wird die Führung der Schweizerflagge auf dem Rhein verboten.
Art. 2.
Wer in Zuwiderhandlung von Artikel 1 dieser Verordnung auf dem Rhein die Schweizerflagge führt, wird mit Busse bis zu 10000 Franken bestraft.
Art. 3.
Diese Verordnung tritt am 20. Mai 1924 in Kraft.
Dieser Antrag wird genehmigt.
In die Gesetzessammlung.4