Classement thématique série 1848–1945:
I. LA SUISSE ET LA SOCIÉTÉ DES NATIONS
I.4. Le relèvement économique de l'Autriche
Printed in
Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 8, doc. 115
volume linkBern 1988
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Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
▼ ▶ Archival classification | CH-BAR#E2001B#1000/1504#510* | |
Old classification | CH-BAR E 2001(B)1000/1504 18 | |
Dossier title | Hilfsaktion für Österreich und Zentraleuropa (1921–1923) | |
File reference archive | B.55.4.1 |
dodis.ch/44757
Durch Botschaft vom 17. Juni 19202 hat der Bundesrat der Bundesversammlung beantragt, sie möge ihn ermächtigen, sich an der internationalen Kreditaktion zugunsten Zentraleuropas mit einer Summe von im Maximum 25 Millionen Franken zu beteiligen.
Als Sicherheit hat die österreichische Regierung für die erhaltenen Vorschüsse Obligationen auszugeben, welche spätestens am 1. Januar 1925 rückzahlbar sind und zu 6% in der Valuta des Gläubigerstaates verzinst werden. Als Garantie für die Verzinsung und Rückzahlung dieser Obligationen haften sämtliche Aktiven und Einnahmequellen des österreichischen Staates.
Durch Bundesbeschluss vom 27. September 19203 hat die Bundesversammlung dem Bundesrat die Ermächtigung erteilt, sich an der Kreditaktion für Österreich unter den oben angegebenen Bedingungen zu beteiligen.
Die erwähnte Botschaft gibt erschöpfenden Aufschluss über die Entwicklung der ganzen Hilfsaktion bis zum Monat Juni 19 20, und wir dürfen hier auf jene ausführlichen Darlegungen verweisen. II.
Diese Kreditaktion ist heute, was die Lieferungen anbetrifft, für die Schweiz erledigt. Das Ernährungsamt hat an Österreich Waren geliefert für Frs. 23 911 281.07, wozu noch Frs. 1000 000 kommen für die Aktion der Rückschaffung der Kriegsgefangenen aus Russland.
Die Obligationen sind seitens der österreichischen Regierung unterzeichnet und von uns nach Paris an das Sekretariat der C.I.C.R.E. zur Bestätigung gesandt worden.
Die Obligationen geniessen nach den seinerzeitigen Abmachungen ein Pfandrecht im I. Rang auf sämtliche Staatsgüter und Staatseinnahmen Österreichs.Das Finanzkomitee des Völkerbundes hat das Problem der Wiederaufrichtung Österreichs einer ernsthaften Prüfung unterworfen und kam zum Schluss, dass eine Besserung der Finanzen nur möglich sei, wenn Österreich zeitweilig von der grossen Last der schwebenden Hypotheken befreit werde, freilich ohne dass dadurch die österreichische Staatsschuld geschmälert würde. Die Internationale Kreditkommission glaubt die Möglichkeit einer solchen Sanierung in der Anwendung des Systems Ter Meulengefunden zu haben. Da dieses System als Grundlage für den Wiederaufbau Österreichs gedacht ist, und da sich die weitere finanzielle Mithülfe der Schweiz darauf aufbauen soll, erscheint es uns notwendig, das System Ter Meulen in seinen Grundzügen kurz zu skizzieren;
Auf der Finanzkonferenz, die im letzten Herbst vom Völkerbund nach Brüssel berufen worden war, trat das Thema der internationalen Kredite in den Vordergrund. Auf Empfehlung einer eigens hiezu bestellten Kommission wurde von den zahlreich eingereichten Entwürfen im Prinzip dem eines holländischen Bankfachmanns, Ter Meulen, zugestimmt. Nachdem der Völkerbundsrat die Angelegenheit an die «Kommission für Volkswirtschaft und Finanz» weitergeleitet hatte, wurde als erster praktischer Erfolg der verschiedenen Besprechungen und Studien ein «Organisator» gewählt, dessen Aufgabe darin bestand, mit den interessierten Regierungen und Handelskreisen Fühlung zu nehmen, um die letzten Einzelheiten festzulegen und das System in die Praxis umzusetzen.
Das Projekt Ter Meulenwill die internationalen Handelsbeziehungen erleichtern; das Übel, woran die Weltwirtschaft krankt, kann durch kein künstliches Mittel beseitigt werden. Ter Meulen geht von der Annahme aus, dass jeder Staat, so hoffnungslos auch seine finanzielle Lage scheint, über Güter verfügt, die eine in Gold zu berechnende Einnahme ergeben (Ein- und Ausfuhrzölle, Eisenbahnen usw.) und die sehr wohl als Pfand für die Ausgabe von Obligationen dienen könnten. Statt aber, wie bisher üblich, Anleihen in wenigen Malen und für jeweils grosse Beträge aufzunehmen, schlug Ter Meulen vor, Obligationen nach dem augenblicklichen Bedürfnis und zwar zur Finanzierung der Einfuhr unentbehrlicher Rohstoffe und Nahrungsmittelm die Länder mit entwertetem Gelde auszugeben, überhaupt diese Staaten durch Gewährung kontrollierbarer Kredite in den Stand zu setzen, zu produzieren.
Die Laufzeit solcher Obligationen wird näher bestimmt. Der Zinsfuss wird nicht einheitlich, sondern für jedes Schuldnerland einzeln festgesetzt. Die Pfänder werden von einer vom Völkerbundsrat aus Fachmännern der ganzen Welt zu ernennenden internationalen Kommission verwaltet oder können von dieser den betreffenden Regierungen zur Verwaltung überlassen werden. Den endgültigen Entscheid hierüber hat der Völkerbundsrat.
Die Einnahmen aus den Pfändern sind in erster Linie zur Sicherung des Zinsen- und Amortisationsdienstes zu verwenden. Alle Obligationen müssen vor ihrer Ausgabe von der internationalen Kommission (oder den von ihr bestellten Subkommissionen oder Agenten) mitunterzeichnet sein, die über die Annahme der Pfänder beschliessen, den Gesamtbetrag (in Gold) der dagegen auszugebenden Obligationen festsetzen und für jede einzelne Emission ihre Einwilligung geben sollen, selbstverständlich nachdem sie sich vergewissert haben, dass der verlangte Kredit dem vorgeschriebenen Zwecke dient.
Die so ausgegebenen Obligationen bezwecken nur die Verstärkung der Garantie zugunsten des ausländischen Kreditgebers. An den bisher üblichen Geschäftsgebaren sollen sie nichts ändern. Der Importeur des kreditbedürftigen Landes wird somit die Obligationen von seiner Regierung entlehnen (zu Bedingungen, die jede Regierung selbst festzusetzen hat), um sie dem ausländischen Verkäufer zur Sicherstellung des verlangten Kredits weiterzugeben. Das Geschäft wird ganz wie bisher zwischen Käufer und Verkäufer abgeschlossen; die zwischen ihnen vereinbarten Bedingungen (Zinsfuss, Verfallzeit usw.) haben mit den Modalitäten der Obligation nichts zu tun. Der Kreditgeber wird einzig die Währung zu bestimmen haben, in der die Obligation ausgestellt werden soll (gewöhnlich die Währung seines Landes). Es ist nicht von Belang, ob der Kredit vom Exporteur selbst oder von dessen Bank wie auch, ob er dem Importeur unmittelbar oder seinem Bankier gewährt werde. In allen Fällen wird der Teil, dem der Kredit eröffnet wird, dem unmittelbaren Kreditgeber die Obligationen als Pfand übergeben. Wenn die Regierung des kreditbedürftigen Landes selbst als Importeur auftritt oder einen ändern Kredit zu produktiven Zwecken benötigt, wird sie in gleicher Weise die Ter Meulen- Obligationen als Garantie anbieten.
Kommt der Schuldner, d. h. der Importeur, allen seinen Verpflichtungen nach, so hat der Inhaber der Obligation die fälligen Zinsscheine (Coupons) und nach endgültiger Regelung des Kredits auch die Titel an ihn (oder an die Bank, die an seine Stelle trat) zurückzugeben. Die Obligationen werden in diesem Falle von der internationalen Kommission annulliert, und an ihre Stelle können nun andere treten. Das System ist also eine Art Kreditreservoir, das sich fortwährend wieder automatisch anfüllen soll. Wird zwischen dem Importeur und dem Exporteur eine Verlängerung des Kredites vereinbart, so hat der Importeur bei seiner Regierung um die Erlaubnis hiezu nachzukommen. Im Falle der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners kann der Gläubiger die als Faustpfand erhaltene Obligation entweder als Kapitalanlage zurückbehalten oder sie veräussern, nachdem er sie umsonst der schuldnerischen Regierung gegen Bezahlung seines Guthabens angeboten hat. Ergibt die Veräusserung einen Überschuss, so ist dieser an die schuldnerische Regierung abzuführen; wird im Gegenteil das Guthaben durch den Erlös nicht gedeckt, so hat die Regierung hiefür nicht aufzukommen; der Gläubiger kann jedoch den Schuldner wie gewohnt zivil- oder handelsrechtlich belangen.
Die ganze Einrichtung ist so elastisch als möglich gedacht und soll sich auch an die in verschiedenen Ländern teils schon beschlossenen, teils erst geplanten Staatlichen oder genossenschaftlichen Exportkreditsysteme anschliessen, wie auch die immer beliebter werdende Risikoversicherung der Kreditgewährung dadurch sehr erleichtert würde. Die Gewährung sowohl kurz-, wie langfristiger Kredite kann durch die Ausgabe der Obligationen in gleicher Weise ermöglicht werden; kurzfristige Kredite kommen besonders in Betracht zum Zweck der Einfuhr der nötigsten Rohstoffe und Nahrungsmitttel, langfristige für Anlage und Ausbau solcher Produktionsquellen, welche dafür Gewähr bieten, dass der Kapitalaufwand in angemessener Zeit wieder aus ihren Erträgnissen zurückbezahlt werden kann. In beiden Fällen soll die auf sicherster Grundlage ausgegebene Obligation dem Kreditgeber eine Garantie erster Güte bieten, und dem kreditnehmenden Land soll dadurch die zu seinem wirtschaftlichen Aufbau, zur Wiederaufnahme der Produktion nötige Kreditbeschaffung, trotz aller finanziellen Schwierigkeiten, zu annehmbaren Bedingungen ermöglicht werden.Dieses System Ter Meulen soll nun zu Gunsten Österreichs Anwendung finden. Die internationale Kreditkommission erklärt aber, dies sei nur unter der Voraussetzung möglich, dass alle Gläubiger Österreichs aus dem Friedensvertrag und aus der Hilfsaktion einmal in eine Stundung für Kapital und Zinsen einwilligen und ferner auf ihr Pfandrecht verzichten.
Im Monat März 1921 teilten die hiesige französische Botschaft4 und die englische Gesandtschaft5 durch eine Note mit, Frankreich, England, Italien und Japan hätten im Princip beschlossen, auf eine noch festzusetzende Dauer auf die ihnen aus dem Friedensvertrag zustehenden Prioritätsrechte auch für die Wiederaufbaukredite zu verzichten. Die Schweiz ist ersucht worden, auch ihrerseits auf ihre Prioritätsrechte zu verzichten.
In seiner Antwort an die hiesige französische Botschaft und an die englische Gesandtschaft anerkannte der Bundesrat die Notwendigkeit der Wiederaufrichtung Österreichs und stimmte im Princip dem System Ter Meulen zu. Immerhin hob er den grundsätzlichen Unterschied zwischen den Guthaben aus dem Friedensvertrag und aus den Wiederaufbaukrediten unzweideutig hervor, und betonte, dass die Schweiz viel ungünstiger dastehe als andere Staaten, die ihre Kredite nicht nur an Österreich, sondern auch ändern Zentralstaaten Europas gewährten. Für eine definitive Entscheidung verlangte der Bundesrat ergänzende Aufklärungen.
Die von der Schweiz verlangte Verzichtserklärung hat folgenden Original-Wortlaut:
«Le Gouvernement Suisse s’engage à ne réclamer, avant le 1er juin 1941, aucun paiement de quelque nature que ce soit, relatif aux bons de secours, déjà émis ou à émettre dans l’avenir par le Gouvernement autrichien, et se trouvant en sa possession. Il s’engage aussi à reconnaître un droit de priorité absolue sur les sommes tant en capital qu’en intérêts dues en vertu des bons de secours qu’il détient, à toute vente, hypothèques, servitudes, gages, ou toute autre disposition ou garantie qui pourrait être consentie par l’Autriche avant le 1er juin 1926, avec le consentement préalable de la Commission Internationale de Contrôle, déjà constituée où à constituer plus tard suivant accord entre l’Autriche et ses créanciers. Les susdites obligations s’appliqueraient à tout ou partie des biens et revenus de l’Autriche (autres que ceux mentionnés à la Section II, parag. VIII, du Traité de St-Germain, réparations). Le Gouvernement Suisse prend ces engagements sous la condition expresse que la présente déclaration ne porte aucunement atteinte à son droit de réclamer au 1er juin 1941 l’intérêt simple sur le montant en capital des susdits bons, au taux fixé pour la période jusqu’au 1er juin 1941, ni à la priorité existante des bons de secours par rapport aux revendications contenues dans le dit traité.
Le Gouvernement Suisse s’engage à munir les susdites bons de secours détenus par lui, d’un endos correspondant à la présente déclaration.»
Diese Verzichtserklärung haben bisher abgegeben: Frankreich, England, Japan, Tschechoslowakei und im Princip Italien und Belgien. Es fehlen heute noch namentlich die Vereinigten Staaten, die nordischen Staaten und Holland, Rumänien und Jugoslavien.
Die französische Botschaft, die englische und die österreichische Gesandtschaft drängen ununterbrochen auf einen Entscheid der Schweiz.
Unter diesen Umständen hat das Volkswirtschaftsdepartement am 2. Juli 19216
das Politische Departement und das Finanzdepartement um seine Meinungsäusserung ersucht.
In unserer Antwort vom 6. Juli 19217 wiesen wir auf den humanitären Charakter der Hilfsaktion hin, hoben das grosse, uns zugemutete Opfer eines Verzichtes hervor, glaubten aber, im Rahmen der politischen Erwägung einem Verzicht beistimmen zu sollen, jedoch unter der Bedingung, dass ein gleicher Verzicht auch von allen ändern an der Hilfsaktion mitbeteiligten Staaten geleistet werde.
Das Finanzdepartement hebt in ausführlicher Erörterung die Tatsache hervor, dass die Schweiz viel ungünstiger dasteht als andere Staaten, die ihre Kredite nicht nur an Österreich, sondern auch ändern Zentralstaaten gewährten; ferner unterzieht es die von einzelnen Staaten gelieferten Beiträge einer näheren kritischen Prüfung und weist auch auf den Umstand hin, dass sich in der Schweiz ca. 70 Millionen Banknoten der Österr.-Ungar. Bank befinden, deren Liquidation vielleicht 1% oder 2% ergebe. Das Finanzdepartement macht gleichzeitig auf die Folgen der Verzichtserklärung unter den heutigen Verhältnissen aufmerksam und zieht in Erwägung, ob ein Verzicht unsererseits nicht an die Bedingung geknüpft werden sollte, dass alle neu gewährten Rechte (System Ter Meulen) im Jahre 1941 erlöschen, und dass die suspendierten Rechte wieder voll in Kraft treten, gleichgültig, ob die Ter Meulen-Obligationen bezahlt worden sind oder nicht. Immerhin glaubt das Finanzdepartement, dass das System Ter Meulen, mit einer solchen Bedingung belastet, nicht zustande komme.
Das Finanzdepartement kommt zum Schlüsse:
1. Die Schweiz willigt in die Stundung für Kapital und Zinsen ein bis zum Jahre 1941 und zwar bis zu einer Summe von Fr. 12822681.07.
2. Die Schweiz verzichtet bis 1941 auf die ihr aus den Wiederaufbaukrediten zustehenden Prioritätsrechte und zwar für eine Summe von Fr. 12822681.87.
3. Die Schweiz gibt ihre Verzichtserklärungen nur unter der Bedingung ab, dass alle beteiligten Staaten gleichfalls verzichten und zwar gilt dies für einen ganzen oder einen teilweisen Verzieht.
4. In jedem Fall ist der Entscheid des Bundesrates der Bundesversammlung zu unterbreiten.
Das Finanzdepartement beurteilt die Zukunft Österreichs sehr pessimistisch und meint, ein ganzer Verzicht komme einem gänzlichen Verlust unserer Guthaben gleich, während bei einem teilweisen Verzicht und bei der Aufrechterhaltung der Zahlungsfrist im Jahre 1925 für 11 Millionen wenigstens die Hälfte vielleicht gerettet werden könne. Wir legen den Bericht des Finanzdepartements unserem Antrag bei.
Das Volkswirtschaftsdepartement glaubt, die ganze Angelegenheit sei heute keine wirtschaftliche mehr, sondern sie sei eine rein politische geworden, so dass die weitere Verfolgung lediglich unter der Berücksichtigung politischer Erwägungen zu erfolgen habe.8 Nach nochmaliger Prüfung der Gesamtheit aller aufgeworfenen Fragen können wir dem Standpunkt des Volkswirtschaftsdepartements beipflichten, und wir kommen dabei zu dem Ergebnis, Ihnen zu beantragen, der nachgesuchten Verzichtserklärung unter gewissen Bedingungen beizustimmen.
Die Gewährung der Kredite an das zusammengebrochene Österreich bedeutete für uns von Anfang an eine der vielen Hülfsaktionen, die die Schweiz aus vorab humanitären Motiven einem Nachbarstaat zukommen Hess, mit dem sie andauernd in freundschaftlichsten Beziehungen gestanden und den sie in der Not des Zusammenbruches nicht ohne werktätige Hilfe lassen wollte. Die politische Bedeutung, die dieser Hilfsaktion zukommt, braucht wohl kaum ausdrücklich hervorgehoben zu werden. Es kann der Schweiz nicht gleichgültig sein, ob an ihrer unmittelbaren Grenze ein seit Jahrhunderten bestehender Staat plötzlich zusammenbricht, um vielleicht einem ganz neuen Staatengebilde Platz zu machen, von dem man nicht weiss, welches seine Zusammensetzung sein wird und in welcher Weise die traditionell gewordenen gegenseitigen Beziehungen weiter bestehen bleiben und gepflegt werden. Wenn wir uns auch heute die geringe Aussicht auf einen greifbaren Erfolg der Hilfsaktion nicht verhehlen, dürfen wir uns auf Grund der politischen Erwägungen der Teilnahme an einer Massnahme nicht entziehen, die dazu beitragen will, den bedrängten Nachbarstaat vor völligem Zusammenbruch zu retten und seinen Wiederaufbau zu sichern. Die Schweiz kann daher auch aus politischen Rücksichten ihre Mithülfe an diesem Werke der Menschlichkeit und der internationalen Solidarität nicht versagen, und es dürfte weder in der Auffassung des Bundesrates noch des Schweizervolkes liegen, dass die Schweiz durch einseitige Verweigerung an der Teilnahme die ganze Hilfsaktion in Frage stelle.
Wir fügen noch bei, dass das Finanzkomitee des Völkerbundes sämtlichen beteiligten Staaten die Anregung unterbreitete, der gedachten Hilfsaktion im Interesse der Wiederaufrichtung Österreichs zuzustimmen. Wir glauben daher, dass wir uns dem uns zugemuteten Verzicht nicht entziehen können, müssen aber daran die unzweideutige und ausdrückliche Bedingung knüpfen, dass auch alle ändern in Betracht fallenden Staaten gleichzeitig auf ihre Prioritätsrechte verzichten. Da die Schweiz durch die von ihr eingeräumten Kredite unter den beteiligten Staaten an hervorragender Stelle steht, hat sie zweifellos auch das Recht, zu verlangen, dass die Staaten, die weniger hohe Beträge zeichneten, oder für die die gewährten Kredite in Anbetracht ihrer Beschaffenheit nur ein verhältnismässig bescheidenes Opfer bedeuteten, gleichfalls auf ihre Prioritätsrechte, welcher Natur sie auch seien, verzichten. Diese Frage dürfte für den Bundesrat, der seinen Entscheid im Falle einer Zustimmung zu dem Verzicht doch wohl nur unter dem Vorbehalt der nachträglichen Ermächtigung durch die Bundesversammlung treffen wird, von ausschlaggebender Bedeutung sein.
Die Tatsache, dass die Schweiz die für unsere Verhältnisse bedeutende Summe von 25 Millionen Franken zu Gunsten Österreichs ausgesetzt und verwendet hat, bedingt bei einem Verzicht auf die Priorität für die Schweiz ein wesentlich grösseres Opfer als für diejenigen Staaten, die ihre Kredite neben Österreich auch ändern Staaten zugewendet haben.
Wir glauben aber, dass sich diese für unser Land freilich nicht unbedeutende finanzielle Einbusse aus humanitären Gründen und im politischen Interesse einer Wiederaufrichtung der Volkswirtschaft und des Staatsbudgets unseres hart geprüften Nachbarlandes wohl rechtfertigen und verantworten lasse und stellen den Antrag:
Der Bundesrat wolle durch Überreichung einer Botschaft von den eidgenössischen Räten die Ermächtigung einholen, der ihm von der Französischen Botschaft und der Englischen Gesandtschaft unterbreiteten Verzichtserklärung auf die der Schweiz aus den Österreich gewährten Wiederaufbaukrediten gewährten Rechte beizustimmen, jedoch unter der ausdrücklichen Bedingung, dass ein gleicher Verzicht von allen ändern an der Hülfsaktion mitbeteiligten Staaten geleistet werde.9
- 1
- E 2001 (B) 4/18. Internationale Kreditaktion zu Gunsten Zentraleuropas.↩
- 2
- FF, 1920, vol. III, pp. 731-736, cf. aussi DDS 7/2 no 371.↩
- 3
- Arrêté ayant trait à l’approbation du message du 17 juin 1920, cf. note 1.↩
- 4
- Note du 26 mars 1921, non reproduite.↩
- 5
- Note du 3 mars 1921, non reproduite, cf. EVD 20/111+112, cf. no 52 note 2.↩
- 6
- Non reproduit.↩
- 7
- Non reproduite.↩
- 8
- Dans une lettre du 13 juillet 1921 au Département politique, E. Schulthess écrivit enpostscriptum: Personnellement, nous pensons que si tous les Etats renoncent à leur privilège, la Suisse devrait le faire aussi (E 2001 (B) 4/18).↩
- 9
- Adopté par le Conseil fédéral lors de sa séance du 2 sept. 1921, non reproduit, cf. E 1004 1/280, no2549.↩