Classement thématique série 1848–1945:
II. LES RELATIONS INTERGOUVERNEMENTALES ET LA VIE DES ETATS
II.14 RUSSIE
Printed in
Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 7-II, doc. 134
volume linkBern 1984
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Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
▼ ▶ Archival classification | CH-BAR#E2015#1000/129#108* | |
Old classification | CH-BAR E 2015(-)1000/129 35 | |
Dossier title | Spezielle Fälle. A-Z (1918–1951) | |
File reference archive | 07.a.09 |
Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
▼ ▶ Archival classification | CH-BAR#E2015#1000/129#107* | |
Old classification | CH-BAR E 2015(-)1000/129 35 | |
Dossier title | IV. Heimschaffungszug. 1920. Listen (1920–1920) | |
File reference archive | 07.a.08 |
dodis.ch/44345 Aide-Mémoire de l’Adjoint de la Division des Affaires étrangères du Département politique, W. Thurnheer1
[...]2 2. Kann etwas geschehen, um das Los der Schweizer in Russland zu verbessern?
Zu dieser Frage ist folgendes zu bemerken: Da wir keine eigene Vertretung in Russland haben, uns ferner auch nicht durch einen anderen Staat dort vertreten lassen können und endlich keine direkte Beziehung zu der russischen bolschewistischen Regierung aufzunehmen wünschen, ist eine offizielle Verwendung unsererseits zugunsten der Landsleute in Russland ausgeschlossen; insbesondere aus letztgenanntem Grunde wird es uns auch nicht möglich sein, einen offiziösen Delegierten nach Russland zu senden; zudem würde eine solcher kaum das Visum zur Einreise nach Russland erhalten können ohne Zusicherung von Gegenrecht. Es kann dies mit ziemlicher Sicherheit aus den Ausführungen Radeks gegenüber Moor (siehe Brief unserer Gesandtschaft in Berlin3)geschlossen werden. Gegen die Entsendung eines Delegierten sprechen weiterhin politische Gründe. In der Note, die wir neulich der Entente in der Russenfrage zukommen liessen4, haben wir erklärt, dass in der Schweiz keine Pässe nach dem bolschewistischen Russland ausgestellt werden. Noch viel weniger könnten wir einem Vertreter der Sovietregierung gestatten, wenn auch nur in offiziöser Mission, nach der Schweiz zu kommen. Es wäre das eine vollkommene Verleugnung unseres bisherigen Verhaltens, dies zu einer Zeit, wo die Entente die Blockade gegenüber Russland beschlossen hat, sicherlich unangenehme Folgen zeitigen könnte. Auch die Regierung in Omsk, die heute schon über bedeutende Gebiete Russlands verfügt, würde zweifelsohne eine derartige Freundlichkeit gegenüber den Bolschewisten, ihren Feinden, übel vermerken und daraus für die zukünftige Politik gegenüber der Schweiz Konsequenzen ziehen, unter denen später unsere Kolonie in Russland leiden könnte. Die gleichen Leute, die heute auf Entsendung eines Delegierten dringen, würden uns eventuell später, wenn sie die Konsequenzen dieser Handlung zu spüren bekommen, Vorwürfe machen. Auch unser Volk dürfte kaum begreifen, dass der Bundesrat, der damals mit so viel Energie und raschem Entschluss, zu einer Zeit, wo unsere Kolonie in Russland viel grösser und blühender war wie jetzt, ohne Rücksicht auf diese aus politischen Gründen die Ausweisung der offiziösen Sovietmission verfügte5, nun, wo in Russland alles am Zusammenbruch ist, wieder eine Vertretung Lenins annimmt, trotzdem man aus Erfahrung weiss, was dies für unser Land bedeutet.
Von der Entsendung eines Radiotelegramms an die Sovietregierung, in dem wir diese ersuchen, den Schweizern mehr Rücksicht zu tragen, kann man kaum viel Erfolg erhoffen. Ein solches wäre allenfalls angezeigt bei Belagerung der Städte Moskau oder Petersburg, kurz vor deren Einnahme. Es ist dies eine Anregung, die von unserem Konsul in Abo gemacht wurde, in der Hoffnung, dadurch die Schweizer vor Grausamkeiten, wie sie im letzten Augenblick begangen werden, zu schützen; das Telegramm kann aber ebensogut die gegenteilige Folge haben.
Sollte rein von privater Seite aus ein Delegierter nach Russland geschickt werden, so wird dieser kaum mehr ausrichten können als diejenigen Männer, die zur Zeit in Russland die Interessen unserer Kolonie vertreten, z.B. in Moskau Mörikofer.
Unsere Tätigkeit wird daher darauf beschränkt bleiben müssen, möglichst umfassende Informationen über die Stellung unserer Kolonie zu erhalten. Aus diesem Grunde haben wir das Konsulat in Abo, das dänische Rote Kreuz in Kopenhagen, unsere Gesandtschaft in Berlin und das Konsulat in Warschau beauftragt, uns Informationen zu verschaffen. Von einer internationalen Institution bekamen wir kürzlich vertraulichen Bericht, dass von Warschau aus ein Individuum nach Russland gereist sei, das sich über die Verhältnisse der Schweizer Kolonie erkundigen werde. Wir haben um Bekanntgabe der seinerzeitigen Mitteilungen gebeten, bemerken aber heute schon, dass derartige Meldungen mit Vorsicht aufzunehmen sind, da solche Boten sich naturgemäss aus zweifelhaften Elementen rekrutieren.6
P.S. Da wir aus London erfuhren, dass von Kopenhagen Lebensmittelsendungen nach Russland organisiert wurden für die dort zurückgebliebenen Ausländer, beauftragten wir unseren Konsul in Dänemark, sofort Lebensmittel zu kaufen und diese mit dem nächsten Transport unserer Kolonie in Russland zuzuleiten; es wurde ihm hierfür ein Kredit von 6000 Fr. eröffnet aus den für den Heimtransport vom Bundesrat zur Verfügung gestellten Summen. 2. II. 1920.
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