Classement thématique série 1848–1945:
II. LES RELATIONS INTERGOUVERNEMENTALES ET LA VIE DES ETATS
II.9 ITALIE
Printed in
Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 7-II, doc. 51
volume linkBern 1984
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Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
▼ ▶ Archival classification | CH-BAR#E2200.19-01#1000/1709#31* | |
Old classification | CH-BAR E 2200.19-01(-)1000/1709 2 | |
Dossier title | Reprise des relations diplomatiques entre l'Allemagne et les différentes Puissances de l'Entente. (1919–1919) | |
File reference archive | I.C.29 |
dodis.ch/44262 Le Chargé dAffaires de Suisse à Rome, Th. von Sonnenberg, au Chef du Département politique, F. Calonder1
Verschiedene Wahrnehmungen veranlassen mich, Sie darauf aufmerksam zu machen, dass die Gesandtschaft und unsere Konsulate in Italien in eine schwierige Lage kommen können, wenn wir den Schutz der deutschen Interessen noch länger ausüben müssen.
Italien hat bekanntlich den Handelsverkehr mit Deutschland schon vor Wochen freigegeben. Bereits vorher waren deutsche Handelsagenten in privater und offizieller Mission in Italien eifrig tätig.
Hier unterhandeln zur Zeit der deutsche Grosskaufmann Bütow (der während des ganzen Krieges in Italien geblieben ist), unser deutscher Mitarbeiter Dr.Toepke und Redaktor Passarge von der «Vossischen Zeitung» offiziös mit der Regierung über allerlei Fragen, die sich unserer Kontrolle entziehen.
Der Ihrem Departement bekannte Ingenieur der Gasgesellschaft Augsburg, Neef, welcher der bayrischen Gesandtschaft in Bern zugeteilt war und versehen mit einer Vollmacht der deutschen Gesandtschaft in Bern hier eingetroffen war, hat Rom gestern verlassen, nachdem er unter anderm mit dem Handelsminister und Grossindustriellen, Herrn Dante Ferraris, über die Wiederaufnahme der italienisch-deutschen Handelsbeziehungen, die Gründung grosser industrieller Unternehmungen in Piemont mit italienisch-deutschem Kapital und endlich über den Verzicht Italiens auf das ihm laut Friedensvertrag von Versailles zustehende Recht, das deutsche Privateigentum in Italien zu konfiszieren, unterhandelt hat. Herr Neef hat, wie er mir erzählte, und wie übrigens angesichts des Umschwunges der Sympathien zugunsten Deutschlands längst von uns erwartet wurde, ganz beruhigende Zusicherungen erhalten. Deutschland wird Italien unter irgendeiner Form eine Entschädigung von einigen Milliarden zusichern (ob dieses auf deren Bezahlung dringen wird, ist noch nicht sicher). Italien wird aber den deutschen Besitz, der durch die Sequestratore übrigens vielerorts stark abgewirtschaftet ist, freigeben. Es hat sich umso leichter dazu verstanden, als erfahrungsgemäss die Zwangsliquidationen sehr schlechte finanzielle Resultate geben.
Die Handelsbeziehungen werden so rasch als möglich wieder aufgenommen, sobald einige formelle und materielle Schwierigkeiten beseitigt sein werden, über die weiter verhandelt wird.
In Mailand ist ein gewisser Holzach (den Ihre Abteilung sogar mit einem diplomatischen Visum versehen hat) tätig. Er findet, wie jeder deutsche Agent, in Handels- und Industriekreisen die entgegenkommendste Aufnahme.
Wenn man bedenkt wie sehr unsere Landsleute wegen angeblichen «Handels mit dem Feinde», «Disfatismo» und Verdächtigungen aller Art während der Kriegsjahre in ungerechtester Weise in Italien leiden mussten, so kann man sich angesichts dieses Treibens eines peinlichen Gefühls nicht erwehren, denn Italiens Feinde von gestern sind schon seine «ottimi amici» geworden.
Zweck dieses Berichtes ist, Sie darauf aufmerksam zu machen wie schwierig, ja unsern schweizerischen Interessen schädlich es wäre, weiter mit der offiziellen Wahrung der deutschen Interessen betraut zu bleiben, während die Agenten der deutschen Regierung hier offiziös eine umfang- und erfolgreiche, von uns nicht kontrollierbare Tätigkeit entwickeln, die namentlich auf kaufmännischem und industriellem Gebiete mit den schweizerischen Interessen in Konkurrenz tritt.
Von der Abteilung für Schutz fremder Interessen erhalte ich heute Kenntnis von einem Berichte meines Berliner Kollegen vom 9. August, wonach «soweit dort bekannt, die Frage einer diplomatischen Vertretung Deutschlands bei den Ententestaaten bisher noch nicht in Erwägung gezogen worden ist, als nicht die Ententestaaten ihrerseits sich darüber schlüssig geworden sind, wann sie diplomatische Vertreter nach Deutschland zu schicken gedenken.»
Was Italien anbelangt, ist die Nachricht gewiss nicht zutreffend, indem seit Monaten der Gesandte Bordonaro mit allem nötigen Personal (unabhängig von der italienischen Militärmission) die offiziöse Leitung der italienischen Botschaft in Berlin übernommen hat. Die Franzosen haben in Wien den Botschafter Allizé, die Deutschen in Paris den seit der Friedenskonferenz bekannten Baron Lersner als Geschäftsträger. Es ist mir deshalb nicht begreiflich, warum Deutschland nach Italien keinen offiziösen Vertreter sendet, der Herrn Bordonaro in Berlin entsprechen würde.
Man erwartet zwar hier täglich den neuen deutschen Gesandten beim Vatikan, Herrn von Bergen (die preussische Gesandtschaft ist abgeschafft), für den in aller Eile die kaiserliche Villa Falconieri in Frascati eingerichtet wurde. Dieser Gesandte dürfte nach den in Rom bestehenden Usancen kaum auch mit dem Quirinal in Beziehung treten können.
Ich glaube, im Interesse der schweizerischen Sache in Italien Ihnen anheimstellen zu dürfen, in Verbindung mit der Abteilung für Schutz fremder Interessen zu prüfen, wie in Berlin auf die baldige Sendung eines Vertreters Deutschlands gewirkt werden könnte, der uns die deutschen Interessen abnähme.2
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