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Le Chef du Département de l’Economie publique, E. Schulthess, au Ministre de Suisse à Paris, A. Dunant1

Sie machten uns seinerzeit aufmerksam auf den in No. 158 des Journal officiel vom 13. ds. erschienenen Bericht über die Annahme eines vom Duc de la Trémoille eingebrachten Gesetzesentwurfes durch die französische Deputiertenkammer. Der Entwurf sieht u.a. vor, dass die Ursprungszeugnisse für die in Frankreich einzuführenden Waren durch die französischen Konsuln des Herkunftslandes ausgestellt oder visiert werden sollen, wobei indessen nicht der Konsul selbst über die Ausstellung bezw. Visierung der Zeugnisse zu entscheiden hätte, sondern eine ihm beigegebene, durch die Ministerien des Handels und der Finanzen einzusetzende besondere Kommission.

Sie werden mit uns der Ansicht sein, dass dieser Gesetzesentwurf sowohl in seinen einzelnen Bestimmungen als in seiner ganzen Tendenz zu den schwersten Befürchtungen Anlass gibt. Wenn der Entwurf wirklich Gesetz werden sollte, so würde dies nichts Anderes bedeuten als die Fortsetzung und sogar die Verschärfung der ausländischen Kontrolle unseres Wirtschaftslebens, die während des Krieges bis zur Unerträglichkeit ausgeübt worden ist. Ganz unannehmbar und auch mit den Bestimmungen der Handelsübereinkunft im Widerspruch stehend sind namentlich die in Aussicht genommenen französischen Kommissionen, die künftig allein darüber zu entscheiden hätten, ob für eine Ware ein Ursprungszeugnis ausgestellt werden darf oder nicht. Damit wäre der Handelsspionage auch für die Zukunft Tür und Tor geöffnet, um so mehr, als mit der Möglichkeit gerechnet werden müsste, dass das Beispiel Frankreichs Schule machen und von ändern Ländern, z.B. England, Italien etc. nachgeahmt würde. Wir müssen es überhaupt grundsätzlich und des bestimmtesten ablehnen, dass die ausländischen Konsulate mit Kommissionen umgeben werden, die für die wirtschaftliche Existenz unseres Landes das massgebende Wort zu sprechen hätten. Die Angelegenheit ist naturgemäss von grösster Bedeutung und es muss alles daran gesetzt werden, um zu verhindern, dass der Entwurf Gesetz wird. Dies ist auch die Auffassung des Bundesrates. Herr Nationalrat Frey sprach sich dahin aus, dass die Anwendung eines solchen Gesetzes den Zollkrieg unvermeidlich machen würde. Von der Möglichkeit eines Zollkrieges wollen Sie in Paris einstweilen nicht sprechen.

Wir haben soeben mit dem hiesigen spanischen Gesandten über die Angelegenheit Rücksprache genommen. Er teilt unsere Auffassung und wird seine Regierung verständigen.

Wir bitten Sie daher, im Sinne der vorstehenden Ausführungen beim Ministerium vorstellig zu werden und nach vorausgegangener mündlicher Besprechung eine Note oder ein Aide-Mémoire2 zu übergeben. Es bestand ursprünglich die Absicht, eine Note des Bundesrates gemäss dem beiliegenden Entwurf3 überreichen zu lassen. Dieses Vorgehen würde indessen von der französischen Regierung vielleicht als schroff empfunden. Es ist daher wohl vorzuziehen, dass die Note von der Gesandtschaft und nicht vom Bundesrat direkt ausgeht. Sie sind also an den beiliegenden Text nicht gebunden, sondern können sich desselben nach Ihrem Ermessen bedienen.

Wollen Sie auch die Vertreter Spaniens, Hollands etc. auf den in Rede stehenden Gesetzesentwurf aufmerksam machen und sie, wo möglich, zu analogen Schritten veranlassen.