Printed in
Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 7-I, doc. 215
volume linkBern 1979
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Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
Archival classification | CH-BAR#E7350#1000/1104#157* | |
Dossier title | Verhandlungen mit dem Ausland betr. Kohlenlieferungen in die Schweiz: Deutschland, England, Belgien und Frankreich (1914–1918) | |
File reference archive | 5.3.05 |
dodis.ch/43960 Le Chef du Département de l’Economie publique, E. Schulthess, au Délégué du Conseil fédéral pour les Questions économiques et industrielles, H. Heer1
Wir erhielten Ihre Verhandlungsberichte Nummer 6 und 7.2
In der Anlage übermitteln wir Ihnen in deutscher und französischer Sprache den Entwurf der Statuten,3 die vorläufig festgesetzt worden sind. Sie ersehen ferner aus der beiliegenden Briefkopie an Herrn Dubois, wie der Verwaltungsrat zusammengesetzt sein wird. Es handelt sich also nicht nur um eine kleine Verschiebung gegenüber der Kohlen-Zentrale, sondern um ein ganz neues Gebilde mit ganz neuen Männern und mit ausgesprochener Orientierung nach Westen. Wir glauben daher, Sie sollten in das Abkommen eine Klausel aufnehmen mit folgendem Wortlaute: «Die Kohlensendungen werden an eine vom Bundesrate bezeichnete Einfuhrorganisation geliefert.» Sie können über die Organisation Frankreich alle wünschbaren Mitteilungen machen; der Unterzeichnete hat dies gegenüber Botschafter Dutasta bereits auch schon getan. Herr Dubois soll also Präsident der Genossenschaft werden, und er hat mir nach einigem Zögern die Annahme zugesagt. [...]4
Nun wissen Sie aber, dass wir, um bestehen zu können - nachdem nun unsere Vorräte zur Neige gehen -, effektiv 180-200’000 Tonnen Kohle pro Monat ins Land bringen sollten. Soll dies geschehen, so müssen uns zum Teil ausländische Wagen zur Verfügung gestellt werden. Wir haben nun heute neuerdings mit Herrn Bundesrat Haab gesprochen und ihn beschworen, bei den Bundesbahnen alles anzuordnen, was irgendwie erforderlich und nützlich sein könnte, um den Wagenpark besser auszunützen oder z. B. durch Umbau zu vermehren, und er hat versprochen, alles daran zu setzen, um diesem Wunsche gerecht zu werden. Bedenken Sie aber, dass wir - wenn die Schweiz einer Katastrophe nicht entgegengehen soll - neben den 60’000 Tonnen Saar-Kohlen doch noch mindestens lOO’OOO in Strassburg oder Mannheim holen sollten, dann werden Sie mit uns finden, dass Frankreich, das ja nun doch von Deutschland ein grosses Wagenmaterial erhalten hat, zum Teil wenigstens uns Wagenmaterial stellen sollte, sonst kämen wir dazu, dass wir wegen Wagenmangels eventuell von ändern Kohlenofferten keinen Gebrauch machen können.
Vielleicht haben Sie die Freundlichkeit, diese Situation Frankreich auseinanderzusetzen und die Bitte zu stellen, man möchte uns doch auch in Beziehung auf Wagen entgegenkommen. Schliesslich würde man vielleicht eine Formulierung annehmen müssen, die ungefähr dahin geht, dass Frankreich, sofern es ihm möglich ist, einen Drittel des nötigen Wagenmaterials stellt. Wir glauben, Sie haben die Anstrengungen, welche die Bundesbahnen in Beziehung auf das Wagenmaterial zu machen bereit sind, etwas unterschätzt und sollten wegen diesen neuen Schwierigkeiten den Mut nicht verlieren.
Bei diesem Anlasse möchten wir Ihnen noch folgendes mitteilen: Frankreich hat uns selbst auf den Bezug von Ruhrkohle hingewiesen. Konfidentiell haben wir heute vernommen, dass Deutschland uns ca. 50’000 Tonnen liefern will. Ob es sich dabei um ein Abkommen handelt, wissen wir heute noch so wenig wie wir die allgemeinen Bedingungen kennen. Anderseits hat Minister Loucheur Herrn Godard erklärt, dass die Alliierten im Friedensvertrag sich von Deutschland Ruhrkohle ausbedingen werden, um dann ein jährliches Kontingent von 4 Millionen Tonnen hievon der Schweiz zuzuteilen, die dann diese Kohlenmenge in Paris zu bezahlen hätte. Einerseits könnte uns diese Lösung konvenieren, namentlich dann, wenn sie vollzogen würde. Wir haben aber erhebliche Bedenken. Wenn die Deutschen nicht selbst Geld bekommen, so werden sie keine oder wenig, auf jeden Fall aber schlechte Kohle liefern; wir aber werden sie in Paris teuer bezahlen müssen. Indessen möchten wir heute kein abschliessendes Urteil fällen. Es ist am richtigsten, diese Dinge gehen zu lassen. Irgend eine Anregung haben wir in diesem Sinne nicht zu machen. Nach unserer persönlichen Überzeugung sind Lieferungen, zu deren Effektuierung kein guter Wille besteht, trotz Macht und Zwang kaum zu erwarten. Anderseits werden wir uns natürlich bestreben, bei einer Konvention über weitere Kohlenlieferungen aus Deutschland dafür zu sorgen, dass die künftigen Friedensbedingungen nicht präjudiziert werden. Die Mitteilung, dass nun Ruhrkohle doch geliefert werden soll, hat auch eine Bedeutung im Hinblick auf die Frage der Lieferungen nach Deutschland, von denen wir Ihnen bereits geschrieben haben. Sie wollen dabei beachten, dass wir offenbar auf tschechoslovakische Bezüge kaum zählen können; die Distanz ist zu gross und die Verhältnisse sind auch dort sehr schwierige, abgesehen von dem Transit durch Bayern. [...]
- 1
- Lettre (Copie): EVD Zentrale 1914-1918/56-57no 1399. Kohleneinfuhrstelle. Paraphe: KW.↩
- 2
- Non reproduits; cf. EVD KW Zentrale 1914-1918/51.↩
- 3
- Il s’agit des statuts de la Coopérative Suisse des Charbons.↩
- 4
- Suivent quelques indications sur les difficultés de trouver des moyens de transport suffisants pour acheminer le charbon.↩