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Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 6, doc. 224
volume linkBern 1981
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Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
Archival classification | CH-BAR#E1004.1#1000/9#11023* | |
Dossier title | Beschlussprotokoll(-e) 21.11.-21.11.1916 (1916–1916) |
dodis.ch/43499 CONSEIL FÉDÉRAL
Procès-verbal de la séance du 21 novembre 19161 2457. Deportation belgischer Staatsangehöriger
Procès-verbal de la séance du 21 novembre 19161
Das Politische Departement hat, als kürzlich neuerdings seine Mithilfe für die Evakuation von 20000 Franzosen aus den besetzten Gebieten Nordfrankreichs beansprucht wurde, die Gelegenheit benützt, um seine Dienste Deutschland auch dafür anzubieten, dass die aus Lille, Tourcoing und Roubaix abgeschobenen und zu Feldarbeiten angehaltenen Franzosen nach Frankreich rückbefördert werden sollten.
In der bezüglichen Verbalnote2 ist das mit folgenden Worten ausgedrückt worden:
«Abgesehen von diesen Transporten würde sich der Bundesrat glücklich schätzen, seine Dienste für den Durchtransport der deutschen Reichsregierung zur Verfügung zu stellen, falls diese die Ausreise derjenigen französischen Staatsangehörigen - soweit sie von dem Rechte Gebrauch machen wollen - gestatten würde, die auf Grund der schwierigen Lebensverhältnisse aus ihren städtischen Wohnorten entfernt und anderweitig vorübergehend beschäftigt worden sind und deren Lage nach Möglichkeit zu verbessern ohne Zweifel in gleichem Masse von der deutschen Reichsregierung wie vom Bundesrate gewünscht werden wird.»
Auf diese Anregung hat das Politische Departement noch keine direkte Antwort erhalten.
Seither sind nun in grossem Massstabe Translokationen von belgischen Staatsangehörigen zu dem Zwecke vorgenommen worden, um sie in Deutschland zur Arbeit anzuhalten. Die Zeitungen der Entente-Staaten und der Neutralen widerhallen von Protestationen und Rekriminationen gegen diese mit dem Völkerrecht in Widerspruch stehenden Massnahmen.
Die belgische Regierung hat einen Protest, den das Politische Departement vorlegt, an alle Neutralen ergehen lassen.
Es kann nicht überraschen, dass in einem Teil der schweizerischen Presse diese neuen «Deportationen» aufs schärfste verurteilt werden. Es ist mit Sicherheit zu erwarten, dass der Schweiz neuerdings zugemutet werden wird, in ihrer Eigenschaft als Mitunterzeichnerin der Haager Konvention einen flammenden Protest gegen deren Missachtung ergehen zu lassen.
Der Bundesrat wird auch dieses Mal es ablehnen müssen, sich zum Richter über die Begangenschaften einzelner Kriegführenden aufzuwerfen und Proteste zu erlassen.
Dagegen ist das Politische Departement der Meinung, dass der Bundesrat den Vorgängen in Belgien gegenüber sich nicht völlig passiv verhalten sollte. Die Neutralen können in Ausnahmefallen von besonderer Tragweite aus ihrer an sich ohne weiteres gegebenen Reserve heraustreten und die Stimme der Menschlichkeit zum Gehör bringen.
Das Politische Departement hat sich durch den schweizerischen Gesandten in Washington informiert, was die amerikanische Regierung in dieser Sache getan habe, und erfahren, dass, während der Protest betreffend die sog. Deportationen von Lille, Roubaix und Tourcoing lediglich mit einer Empfangsanzeige beantwortet wurde, der Staatssekretär nunmehr den Botschafter in Berlin beauftragt hat, die Aufmerksamkeit des Reichskanzlers darauf zu lenken, dass die Deportation der Belgier in Nordamerika einen üblen Eindruck hervorrufe.
Das Politische Departement hält dafür, dass der Bundesrat in ähnlicher Weise vorgehen sollte und dass es sich rechtfertigen würde, dem Reichskanzler durch den schweizerischen Gesandten in Berlin zur Kenntnis zu bringen, dass auch in der Schweiz die öffentliche Meinung durch die gegen die Belgier getroffenen Massnahmen ungünstig beeinflusst sei. Es kann sich nicht um eine Protestation handeln; zu einer solchen hat die Schweiz kein Recht. Ein Protest wäre auch im höchsten Masse inopportun. Dagegen ist ja bekannt, welchen Wert die Kriegführenden auf die öffentliche Meinung in den neutralen Ländern legen, und deshalb rechtfertigt es sich, in freundschaftlicher Weise die Aufmerksamkeit der befreundeten Regierung auf die ihr ungünstige Rückwirkung der von ihr getroffenen Massnahmen auf die öffentliche Meinung in der Schweiz zu lenken.
Dabei könnte der schweizerische Minister die noch unbeantwortet gebliebene Einladung betreffend Rapatriierung der Liller Deportierten zum Ausgangspunkte der Konversation machen und daran die Bemerkung betreffend Belgien anschliessen.
Antragsgemäss wird das Politische Departement ermächtigt, im angeführten Sinne vorzugehen.
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