Thematische Zuordung Serie 1848–1945:
II. BILATERALE BEZIEHUNGEN
19. Vereinigte Staaten von Amerika
19.1. Handelsbeziehungen
Pubblicato in
Documenti Diplomatici Svizzeri, vol. 5, doc. 313
volume linkBern 1983
Dettagli… |▼▶Collocazione
Archivio | Archivio federale svizzero, Berna | |
▼ ▶ Segnatura | CH-BAR#E2300#1000/716#1170* | |
Vecchia segnatura | CH-BAR E 2300(-)1000/716 493 | |
Titolo dossier | Washington, Politische Berichte und Briefe, Militär- und Sozialberichte, Band 29 (1912–1912) |
dodis.ch/43168 Der schweizerische Gesandte in Washington, P. Ritter, an den Bundespräsidenten und Vorsteher des Handels-, Industrie- und Landwirtschaftsdepartementes, A. Deucher1
Es sind in jüngerer Zeit der Gesandtschaft eine vermehrte Anzahl rein kaufmännischer Anfragen, welche sowohl auf den Kauf amerikanischer Waren seitens schweizerischer Firmen als auch auf den Absatz schweizerischer Produkte in den Vereinigten Staaten Bezug hatten, zugegangen.
Wir waren meist in Verlegenheit über die Art und Weise der Beibringung der gewünschten Auskünfte, oft auch mit den erhaltenen Resultaten nicht zufrieden. Teilweise hat man die Anfragen an die Konsulate weitergegeben, teilweise durch Banken und Auskunfteien die Antworten beizubringen versucht, denn man ist hier von jeher unter dem Eindrücke gewesen, dass die Beamtenstadt Washington nicht der geeignete Platz sei, von dem aus kaufmännische Auskünfte zu erledigen seien.
Der Zufall hat uns nun mit den Beamten des «Bureau of Manufactures», einer Unterabteilung des «Department of Commerce and Labor», welche sich ausschliesslich mit der Entwicklung des amerikanischen Handels beschäftigt, in nähere Berührung gebracht.
Dieses Bureau, auf welches ich weiter unten ausführlicher zu sprechen komme, gibt unter Anderem auch die Daily Consular and Trade Reports heraus, welche an über 20,000 Adressen in den Vereinigten Staaten zum Versand gelangen. Diese hervorragend gute Veröffentlichung enthält alle neu einlaufenden Konsularberichte, ferner eine Rubrik «Ausländische Handelsmöglichkeiten» und eine solche über die in den einzelnen Staaten ausgeschriebenen Regierungslieferungen. (Die Gesandtschaft sendet diese Reports, welche zahlreiche auch für unsere Industriellen wertvolle Winke enthalten, regelmässig an die folgenden Adressen in der Schweiz: Handelsdepartement in Bern, Handelskammern in Bern, Zürich, Aarau, Basel, Genf, kaufmännisches Direktorium in St. Gallen und eidg. Auswanderungsamt in Bern.)
Nachdem das «Bureau of Manufactures» mehrfach und erfolgreich durch uns (vergl. z. B. pag. 638 der hier mitfolgenden No. 35 der Daily Consular and Trade Reports, No. 8090) schweizerische Käufer und amerikanische Verkäufer zusammengebracht hat, bot uns der Chef jenes Bureaus, Herr Albertus H. Baldwin, liebenswürdigerweise an, über seine Dienste auch dann zu verfügen, falls es sich darum handle, einen amerikanischen Markt für schweizerische Waren zu finden. Keine andere Auskunftei oder Amtsstelle in den Vereinigten Staaten sei in so enger Berührung mit allen kaufmännischen und industriellen Kreisen wie die seinige.
Ich hatte nun vor einigen Tagen eine längere Unterredung über dieses Thema mit Hrn. Baldwin. Er erklärte mir den Geschäftsbetrieb seiner Abteilung und wiederholte, dass er uns seine Einrichtungen und sein Personal, so weit ihm dies möglich sei, immer gerne zur Verfügung stelle, sonst aber sei er mit seinen persönlichen Ratschlägen stets gerne zur Hand. Er schenkte der Gesandtschaft ein Exemplar des neuen, von der amerikanischen Regierung mit grossen Kosten herausgegebenen Weltadressbuches, enthaltend ca. 125,000 Adressen der angesehensten Geschäftshäuser der Erde, welches an Ausländer nicht verkauft, sondern nur als zum amerikanischen Gebrauch bestimmt zusammengetragen worden ist.
Um Ihnen eine ungefähre Idee zu geben, welche Resultate eine Ausschreibung in den Spalten der Foreign Trade Opportunities der Consular and Trade Reports zeitigt, so übersende ich Ihnen beigeschlossen die eingelaufenen Offerten auf die bereits oben genannte Ausschreibung No. 8090. Die Leser der Annonce wenden sich vorerst an das «Bureau of Manufactures», dieses nennt ihnen unsere Adresse, hierauf schreiben erstere an uns und wir setzen sie dann, falls wir es für ratsam befinden, mit den schweizerischen Ansprechern in direkte Verbindung.
Das Verfahren ist ziemlich kompliziert, bedingt viele Korrespondenz und bedeutet eine grosse Mehrarbeit für die Gesandtschaft. Es scheint mir aber, dass, wenn wir die Anfragen zuerst unsere Kanzlei passieren lassen, eine Sichtung der geeigneten von den ungeeigneten Offerten von vorneherein möglich ist und den Industriellen in der Schweiz Enttäuschungen erspart werden können. Schwindelfirmen werden dadurch, dass eine Kontrolle durch zwei Amtsstellen stattfindet, von Anfang an ausgeschlossen.
Der Gesandtschaft ist erfreulicherweise vom h. Bundesrate ein Kanzlist zugeteilt worden, und wir möchten nun, sofern unsere Idee Ihre Zustimmung finden wird, einen ausgesprochenen Handelsauskunftsdienst auf unserer Kanzlei einrichten, zum Zwecke, den Verkehr zwischen schweizerischen Verkäufern und amerikanischen Käufern und umgekehrt nach Kräften zu fördern. Wir würden uns dabei, soweit dies angeht, der Offerte des Hr. Baldwin bedienen, ferner mehr als dies bisher geschehen ist, unsere teilweise etwas rückständigen Konsulate zur Hülfe herbeiziehen und schliesslich all das Weitere tun, das sich im Laufe der Zeit durch die Praxis als wünschenswert und nützlich ergeben wird.
Wir erachten, dass ein Inserat etwa folgenden Inhaltes, welches, sagen wir einmal monatlich oder öfter im Handelsamtsblatte erscheinen würde, den Zweck erfüllen könnte:
«Schweizerische Gesandtschaft, Washington, D.C.
Es wird der Versuch unternommen, einen Handelsauskunftsdienst für die Vereinigten Staaten einzurichten. Schweizerische Interessenten, welche mit amerikanischen Industriellen zwecks Kaufs amerikanischer oder Verkaufs von schweizerischen Waren in Verbindung gesetzt zu werden wünschen, mögen sich an diese Amtsstelle wenden. Die Dienste sind als unentgeltlich vorgesehen, doch wären ausnahmsweise entstehende Barauslagen zurückzuvergüten. Die Adresse beliebe man wie folgt zu schreiben, Legation of Switzerland, 2013 Hillyer Place, Washington, D.C.»
In Bezug auf das bereits erwähnte «Bureau of Manufactures» interessiert es Sie vielleicht, zu erfahren, dass es im Jahre 1903 mit einem ersten Kredit von $ 10,000 gegründet worden ist. Heute ist es eine hochwichtige Organisation geworden, welche für Gehälter jährlich $ 45,000 ausgibt. Es beschäftigt 10 bis 12 Handelssachverständige, welche teils im Auslande reisen, teils in den Vereinigten Staaten selbst wirken, die Handelsverhältnisse studieren und darüber berichten und für welche jährlich $ 60,000 budgetiert sind. Der gleiche jährliche Betrag von $ 60,000 ist für Drucksachen vorgesehen.
Die einlaufenden Berichte der Konsuln und der Sachverständigen werden soweit als möglich auf ihre Richtigkeit nachgeprüft und in den Daily Consular and Trade Reports veröffentlicht. Dringende Rapporte gehen sogleich in Cirkularbriefform an alle interessierten Häuser, ebenso werden gewisse Handelsnachrichten unverzüglich, begleitet von Plänen, Berechnungen, Mustern, etc., konfidentiell an die amerkanischen Firmen geleitet.
Das Bureau steht in engstem Verkehr mit allen Handelskammern des Landes. Es hält eingelaufene Muster und Specifikationen aller Art für das Publikum zur Verfügung. Es hat eine Abteilung, welche sich ausschliesslich mit der Übersetzung und Veröffentlichung fremder Zolltarifsänderungen befasst.
Die einlaufenden allgemeinen Berichte, Tarif-Serien, Spezialberichte der Sachverständigen etc. stehen in beliebiger Anzahl von Exemplaren dem amerikanischen Publikum gratis zur Verfügung, kurz, es wird das Menschenmögliche getan, um aus der industriellen amerikanischen Nation baldigst auch eine kommerzielle zu machen.
Unabhängig von dem genannten Bureau arbeitet, ebenfalls auf grosser Basis, das dem gleichen «Department of Commerce and Labor» angehörende statistische Bureau, deren vorzügliche Arbeiten und Berichte in reicher Ausstattung dieser Gesandtschaft zugehen und von ihr regelmässig an alle interessierten Kreise in der Schweiz weitergeleitet werden.
Es würde mich zu weit führen, hier auch noch auf die Tätigkeit des Bureaus für Masse und Gewicht, des Arbeitsamtes, des Bureaus für Einwanderung und Naturalisation, sowie auf die erfolgreich arbeitenden, dem Staatsdepartement unterstehenden «Bureau of Trade Relations», «Consular Bureau», «Bureau of Citizenship» etc. einzutreten, welche alle mit den vorgenannten Ämtern Hand in Hand gehen und prächtige Früchte zeitigen. Diese Früchte gestalten sich allerdings hier derart kostspielig, dass sie anderorts nicht in der gleichen Grösse gezüchtet zu werden vermögen. Bekanntlich aber sind die grössten und schönsten Exemplare nicht notwendigerweise auch die besten, und man kann sie daher in manchen ändern Ländern vorteilhaft auch durch kleinere, weniger vorstehende aber trotzdem ebenso wohlschmeckende Früchte ersetzen.
- 1
- Politischer Bericht (Kopie): E 2300 Washington, Archiv-Nr. 29.↩
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Stati Uniti d'America (USA) (Economia)