Thematische Zuordung Serie 1848–1945:
II. BILATERALE BEZIEHUNGEN
3. Brasilien
3.1. Schiedsvertragsverhandlungen
Imprimé dans
Documents Diplomatiques Suisses, vol. 5, doc. 263
volume linkBern 1983
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Archives | Archives fédérales suisses, Berne | |
▼ ▶ Cote d'archives | CH-BAR#E22#1000/134#1896* | |
Ancienne cote | CH-BAR E 22(-)1000/134 348 | |
Titre du dossier | Verhandlungen betr. Abschluss eines Schiedsvertrages (1909–1909) | |
Référence archives | 5.2.2.03 |
dodis.ch/43118
Antrag des Bundespräsidenten und Vorstehers des Politischen Departementes, A. Deucher, an den Bundesrat1
Der Bundesrat hat am 11. Mai beschlossen, der brasilianischen Regierung mitzuteilen, wir seien bereit, den vorgeschlagenen Schiedsvertrag mit einigen Änderungen zu unterzeichnen, wünschten aber, gleichzeitig einen Niederlassungs- und einen Auslieferungsvertrag abzuschliessen.
Die Gründe dieses unseres Antrages sind im beiliegenden Berichte vom 6. Mai abhin dargelegt3.
Der hiesige brasilianische Geschäftsträger stellt nun mit Note vom 20. Juni im Aufträge seiner Regierung zu dem bundesrätlichen Entwurf eines Schiedsvertrages folgende Abänderungsanträge:
[...]4
Die brasilianische Regierung gibt dem Wunsche Ausdruck, der schweizerische Generalkonsul und Geschäftsträger in Rio de Janeiro, Herr Gertsch, möchte ermächtigt werden, diesen Schiedsvertrag sofort zu unterzeichnen, ohne den Abschluss der Verhandlungen über einen Niederlassungs- und einen Auslieferungsvertrag abzuwarten.
Herr Rio Branco möchte, wenn wir den brasilianischen Geschäftsträger recht verstanden haben, dem brasilianischen Kongress die Schiedsverträge, die er mit europäischen Staaten abgeschlossen hat, gleichzeitig vorlegen, und die Schweiz dürfte darunter nicht fehlen.
Wir sind der Ansicht, es sei bei der Forderung zu beharren, dass gleichzeitig mit einem Schiedsvertrag ein Niederlassungs- und ein Auslieferungsvertrag unterzeichnet werden soll.
Der Abschluss eines Schiedsvertrages erscheint keineswegs als dringlich, und wir haben auch keine besonderen Gründe, den Wünschen des Herrn Rio Branco entgegenzukommen. Wir haben vor 7 Jahren bei der brasilianischen Regierung eine Reklamation der Schweizerfirma Braillard Fils & Cie. wegen doppelt erhobenen Transitzolles auf Kautschuk anhängig gemacht. Herr Rio Branco hat aber ungeachtet der zahlreichen Noten, die wir an ihn gerichtet haben, noch keine Zeit gefunden, eine Antwort auf die durchaus begründete Beschwerde zu geben.
[...]5
- 1
- E 13 (B)/9. Schiedsvertrag mit Brasilien.↩
- 2
- ;Rechts oben Notiz von Comtesse: On pouvait cependant consentir au traité d’arbitrage si le Brésil assurerait simultanément à signer un traité d’extradition, selon le projet que nous lui avons communiqué, ou un projet de traité d’établissement et de commerce selon un projet à lui soumettre. 15. Sept. 1909. Comtesse. ↩
- 3
- Deucher schrieb im Antrag vom 6. Mai 1909: Am 21. Oktober 1878 hatten wir mit Brasililen eine Konsularkonvention abgeschlossen, die unsern Konsuln, namentlich hinsichtlich der Behandlung der Verlassenschaften von in Brasilien verstorbenen Schweizern, weitgehende Befugnisse einräumte. Diese Konvention hat Brasilien im Jahre 1886 auf den 22. September 1887 gekündigt. Seit 1889 haben wir Anstrengungen gemacht, mit Brasilien einen Freundschafts- und Niederlassungsvertrag zustande zu bringen, allein ohne Erfolg. Im Jahre 1894 gelang es uns, mit der brasilianischen Regierung eine Reziprozitätserklärung auszuwechseln, wonach vom 1. Januar 1896 an die Verlassenschaften von in Brasilien verstorbenen Schweizern und von in der Schweiz verstorbenen Brasilianern im Sinne des brasilianischen Dekretes vom 8. November 1851 behandelt werden sollten. Diese Abmachung hatte für uns den Vorteil, dass unsere Konsuln Verlassenschaften von Schweizern liquidieren durften, wenn die Erben nicht vertreten waren. Am 16. April 1907 hat aber Brasilien auch diese Vereinbarung auf den 15. Juni 1907 gekündigt. Dies hatte zur Folge, dass seither die brasilianischen Behörden es sind, welche die Verlassenschaften von Schweizern verwalten und liquidieren, und zwar nicht zum Vorteil der abwesenden schweizerischen Erben. Auch die vom Bundesrate zum Abschlüsse eines Auslieferungsvertrages angeknüpften Verhandlungen sind bis jetzt fruchtlos geblieben. Bei diesem absolut vertragslosen Zustande kann man sich füglich fragen, wozu ein Schiedsgerichtsvertrag zur friedlichen Erledigung von Streitfragen nützen sollte, «die sich auf die Auslegung und die Anwendung der zwischen beiden Staaten bestehenden Verträge beziehen.» Solche Streitigkeiten können nicht entstehen, weil zwischen der Schweiz und Brasilien eben keine Verträge bestehen. Wir sind daher der Ansicht, dass dieser Anlass benutzt werden sollte, um die Verhandlungen wegen des Abschlusses eines Niederlassungs- und eines Auslieferungsvertrages wiederaufzunehmen und womöglich zu Ende zu führen (E 13 (B)/9).↩
- 4
- Schweizerischer Entwurf und drei brasilianische Abänderungsvorschläge.↩
- 5
- Es folgt der Antrag, der Bundesrat möge nur über einen Schiedsvertrag verhandeln, wenn gleichzeitig über einen Niederlassungs- und Handelsvertrag verhandelt werde. Am 16. Juli 1909 beschloss der Bundesrat: Auf den Antrag des Politischen Departements wird beschlossen, die Note des brasilianischen Geschäftsträgers durch das politische Departement dahin zu beantworten, dass der Bundesrat den Abschluss eines Schiedsvertrags mit Brasilien nicht als dringlich erachte, und dass er an seinem Antrage festhalten müsse, gleichzeitig über den Abschluss eines Niederlassungsund eines Auslieferungsvertrags zu verhandeln. Er werde sich angelegen sein lassen, den in Aussicht gestellten Entwurf eines Auslieferungsvertrages einer sofortigen Prüfung zu unterziehen und der brasilianischen Regierung den Entwurf eines Niederlassungsvertrages in Bälde zu unterbreiten (E 1004 1/237). Ein Schiedsvertrag zwischen der Schweiz und Brasilien kam nicht zustande. Aus denselben Gründen lehnte der Bundesrat auch das Begehren der argentinischen Regierung nach einem Schiedsvertrag ab (E 13 (B)/9).↩
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