Classement thématique série 1848–1945:
II. RELATIONS BILATÉRALES
13. France
13.4. Chemins de fer
13.4.1. Voies d’accès au Simplon
Abgedruckt in
Diplomatische Dokumente der Schweiz, Bd. 4, Dok. 400
volume linkBern 1994
Mehr… |▼▶Aufbewahrungsort
Archiv | Schweizerisches Bundesarchiv, Bern | |
▼ ▶ Signatur | CH-BAR#E8001B-01#1000/1131#13* | |
Alte Signatur | CH-BAR E 8001(B)-01/1000/1131 4 | |
Dossiertitel | Commission français d'étude des lignes d'accès au Simplon (1902–1902) | |
Aktenzeichen Archiv | 009.15 |
dodis.ch/42810
Le Chef du Département militaire, E. Müller, au Chef du Département des Postes et des Chemins defer, R. Comtesse1
Mit Schreiben vom 7. dies, K.-No 4220/I2, haben Sie uns ein von der Jura– Simplonbahn Namens der Paris–Lyon–Mittelmeerbahn gestelltes Gesuch um Erteilung einer Konzession für eine Eisenbahn von Vallorbe durch den Mont d’Or bis zur Landesgrenze zur Vernehmlassung übermittelt.
Indem wir Ihnen dasselbe samt Beilagen wieder zustellen, beehren wir uns, nach Entgegennahme eines diesbezüglichen Berichtes der eidgenössischen Generalstabsabteilung, Sie noch auf folgendes aufmerksam zu machen:
Unsere Westgrenze ragt, wie ein Blick auf die Karte zeigt, in einem spitzen Winkel in das französische Grenzland hinein; es liegt daher in der Natur der Sache, dass im Mobilmachungsfalle alle unsere militärischen Anordnungen innerhalb dem Gebiete dieses vom Genfersee und der Juragrenze gebildeten Winkels durch französische Unternehmungen in hohem Masse bedroht sind. Am ernstesten droht eine solche Gefahr von Vallorbe her, wo die Linie Pontarlier–Lausanne das Schweizergebiet erreicht, und von wo aus eine Invasionstruppe in einem forcierten Tagemarsche den Corpssammelplatz Morges erreichen und die daselbst stattfindende Mobilisation stören könnte.
Um einen Überfall von Vallorbe und die mit demselben für die Mobilmachung in Genf und Morges zusammenhängenden verderblichen Consequenzen womöglich zu verhüten, sind bereits verschiedene Anordnungen getroffen worden.
Diese bestehen darin, dass einerseits schon zu Beginn der Mobilisation eine Schützenkompagnie nach dem genannten Orte instradiert wird, wo sie unter anderem den Eisenbahnviaduct über die Orbe sowie den Tunnel von les Combes zu bewachen hat, andererseits vorgesorgt ist, dass diese beiden Eisenbahnobjekte sofort mit einer Sprengladung versehen werden. Es fällt indessen in Betracht, dass die Schützenkompagnie einem geplanten französischen Überfall gegenüber eine nur geringe Widerstandskraft besitzt sowie, dass der Auslad französischer Truppen in Vallorbe weder durch die Zerstörung des Viaducts noch des Tunnels von les Combes verhindert werden kann, da diese Objekte nicht vor dem Bahnhofe Vallorbes, sondern auf der Linie von letzterem nach dem Landesinnern angelegt sind. Auf der ändern Seite wird aber eine französische Überrumpelung per Bahn wesentlich durch den Umstand erschwert, dass der Betrieb der Strecke Vallorbe–Pontarlier sich in den Händen der Jura– Simplonbahn befindet und auch die Station Vallorbe selbst sich in unserem ausschliesslichen Besitze befindet.
Durch die Ausführung des neuen Bahnprojektes verschlechtern sich diese Verhältnisse für die schweizerische Landesverteidigung sehr erheblich und zwar in folgender Beziehung:
Zu der bereits bestehenden Bahnlinie kommt noch eine weitere hinzu, wodurch, Frankreich die Möglichkeit gegeben ist, gleichzeitig von zwei Seiten mit Truppentransporten in Vallorbe einzutreffen. Im fernem fällt sehr ins Gewicht, dass die neue Linie nicht von der Jura–Simplonbahn betrieben werden soll, wie es zur Zeit für die Linie Pontarlier–Vallorbe der Fall ist, sondern von der französischen Bahngesellschaft P.L.M.
Wichtiger noch ist, dass durch die Umgestaltung des Bahnhofes von Vallorbe zu einem internationalen Bahnhof unsere Machtsphäre daselbst so eingeschränkt wird, dass es uns voraussichtlich nicht möglich sein wird, bei plötzlich eintretendem Kriegsfall den dortigen Auslad französischer Heereskräfte wirksam verhindern zu können. Als internationale Station wird sich der Ort erheblich vergrössern, es werden neue Betriebsgebäude, Remisen, Schuppen, Warenhäuser und Dienstwohnungen in grosser Zahl entstehen und die Bevölkerung wird zu einem grossen Teil französisch werden.
Insbesondere werden sich daselbst in grosser Zahl französische Eisenbahnbeamte, Zollbeamte, Post- und Telegraphenbeamte niederlassen, nebst Eisenbahnarbeitern. All dieses Personal wird nach den Gepflogenheiten der Grossstaaten fast ausnahmslos aus gewesenen Offizieren, Unteroffizieren oder Soldaten bestehen. Es ist anzunehmen, dass das von zwei Seiten aus Frankreich hier zuströmende französische Element sich auf Unkosten der Schweiz vordrängen wird. Unter diesen Umständen dürfte man sich nicht wundern, wenn es uns bei plötzlich eintretender Kriegsgefahr nicht gelingen sollte den Bahnhof Vallorbe von fremdem Einflüsse freizuhalten und dort unsere militärische Autorität zur unbedingten Geltung zu bringen. Es würde dazu die gegenwärtig bestimmte Schützenkompagnie keinenfalls ausreichen, eine unter allen Umständen ausreichende Verstärkung derselben aber kaum möglich sein, wogegen Frankreich, wenn es den Plan gefasst hat, den Truppenauslad in Vallorbe zu erzwingen, dafür in seinen Friedensgarnisonen von Dole, Dijon, Besançon, Lons-le-Saunier und Pontarlier Mittel genug zur Verfügung stehen. Es ist daher auch sehr wohl möglich, dass es uns vielleicht nicht einmal gelingen würde, die Minenkammern des Eisenbahnviaducts über die Orbe und des Eisenbahntunnels von les Combes zu laden und diese Objecte zu zerstören. Aus dem gleichen Grunde wäre auch eine von uns erstellte Minenkammeranlage in dem unter dem Montd’Or durchführenden circa 6 Km. langen Tunnel, trotzdem sie selbstverständlich an die eventuelle Konzessionserteilung geknüpft werden muss, kein sicherer Schutz gegen die Möglichkeit der französischen Truppendebarkation in Vallorbe, da der grösste Teil des Tunnels auf französischem Boden liegt, und Frankreich in seinem zahlreichen Eisenbahn- und Beamtenpersonal Mittel genug besitzen würde, die Ladung oder Sprengung auch dieser Minenkammern zu verhindern. Und ebenso wenig könnten wir in dem ebenso selbstverständlichen Vorbehalte eine verlässliche Garantie gegen die Möglichkeit einer französischen Truppendebarkation erblicken, dass der Bahnhof von Vallorbe nur von schweizerischem Betriebspersonal bedient werden dürfe und dass auch das Bahndienstpersonal auf der Strecke Vallorbe–Landesgrenze ausschliesslich schweizerischer Herkunft sein müsste.
Aus vorstehender Ausführung geht hervor, dass vom Standpunkt unserer militärischen Landesinteressen die Errichtung dieser neuen Linie zu bedauern ist. Falls die Konzession aus merkantilen Gründen erteilt wird, so wäre immerhin den Interessen der Landesverteidigung besser gedient, wenn der Betrieb der Linie Vallorbe–Frasne oder eines Teilstückes derselben der Jura–Simplonbahngesellschaft übertragen würde, und der zu errichtende internationale Bahnhof auf französisches Gebiet zu liegen käme, oder wenn sogar zwei internationale Bahnhöfe, der eine in Vallorbe, der andere jenseits des Mont d’Or, bestimmt würden. Sollten indes diese Begehren nicht berücksichtigt werden können, so müssen wir um so nachdrücklicher an der Ausbedingung folgender Garantien festhalten:
1. Das Zeughaus von Morges muss unbedingt von dort nach Moudon und teilweise noch weiter zurück (z. B. nach Payerne) verlegt werden.
2. Der Bahnhof Vallorbe darf nur von schweizerischem Betriebspersonal bedient werden; insbesondere ist der äussere Dienst in allen Fahrrichtungen ganz der Jura–Simplonbahn vorzubehalten. Das Bahndienstpersonal auf der Strecke Vallorbe–Landesgrenze muss schweizerischer Herkunft sein.
3. Der Tunnel des Mont d’Or ist am Ostausgange bei Vallorbe mit Minenkammern zu versehen.
Tags
Transit und Verkehr Eisenbahn Simplonbahn (1873–1913)