Classement thématique série 1848–1945:
I. SITUATION INTERNATIONALE
3. Affaires coloniales
3.2. Echange Zanzibar-Helgoland
Printed in
Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 4, doc. 30
volume linkBern 1994
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Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
▼ ▶ Archival classification | CH-BAR#E2300#1000/716#93* | |
Old classification | CH-BAR E 2300(-)1000/716 50 | |
Dossier title | Berlin, Politische Berichte und Briefe, Militärberichte, Band 10 (1890–1890) |
dodis.ch/42440
Die deutsch-englische Verständigung über Ost-Afrika hat bis jetzt, wie Sie der Presse entnommen haben werden, in dem Lager der deutschen Colonial-Schwärmer u. Doctrinäre eine wenig günstige Beurtheilung gefunden. Die Real-Politiker dagegen und diejenigen Kreise, welche den deutschen Colonialbestrebungen eine praktische Auffassung der mit diesen Fragen im allgemeinen u. im speziellen zusammenhängenden Verhältnisse entgegenbringen, erklären sich als durch das Ergebnis der bisherigen Verhandlungen in der Hauptsache zufrieden gestellt. Es ist ja richtig, dass dieses Ergebnis, auf der Karte von Afrika besehen, gegenüber den offiziellen und offiziösen Kundgebungen der letzten Zeit, und im Vergleiche mit den Erfolgen des Major’s Wissmann und seiner Gefährten, als ein recht bescheidenes erscheint. Beim Lichte besehen wird aber nicht bestritten werden können, dass Deutschland durch dasselbe auch vom exclusiv colonialpolitischen Standpunkte aus betrachtet, einen immerhin nennenswerthen praktischen Erfolg erzielt hat und dass das völlige Einverständnis Englands mit dem Erreichten, sagen wir, dass dieser ‹magere Vergleich› für Deutschland entschieden günstiger ist und weit sicherere Bürgschaften für eine stätige, gesunde Weiterentwicklung der deutschen Colonisation in Ost-Afrika bietet, als ein ‹fetter Process›, im Sinne der Begehrlichkeit der hiesigen Colonial-Heissporne, welcher, so wie nun einmal England in Colonialsachen schaltet und waltet, beständig zu neuen Differenzen hätte führen müssen.
Wegleitend war für die Kaiserliche Regierung bei diesen Unterhandlungen vor allem die Überzeugung, dass von jeder Forderung Umgang genommen werden müsse, welche die guten Beziehungen zu England und die Existenz des derzeitigen englischen Cabinets hätte gefährden können.2 Dieses allgemein politische Motiv entspricht auch ganz der Auffassung des Fürsten Bismarck. Es liegen Kundgebungen des letztem bei den geheimen Akten des Ausw. Amtes, welche nach dieser Richtung an Klarheit u. Bestimmtheit nichts zu wünschen übrig lassen und in welchen es u. a. heisst, dass besser auf ganz Afrika verzichtet würde, wenn, dieser Fragen wegen, die Beziehungen zu England ernstlich gefährdet werden sollten.
Genau so denkt der Kaiser, welcher sich denn auch, obschon er bekanntermassen der deutschen Colonisation in Afrika das lebhafteste Interesse entgegenbringt, durch die deutsch-englische Verständigung in hohem Masse befriedigt zeigt. Dass die englische Gegenconcession der Abtretung von Helgoland, welche dem deutschen «Gemüthe» und dem Nationalgefühl vieles aufzuwiegen scheint, was in Afrika nicht erreicht worden ist, auch auf den Kaiser persönlich einen gewissen Zauber ausgeübt hat, ist zweifellos. So wurde mir u. a. mitgetheilt, dass bei der persönlichen Überreichung des Schwarzen-Adler-Ordens seitens des Kaisers an den Reichskanzler von Caprivi die Erwerbung von Helgoland in ganz demonstrativer Weise als Veranlassung für diese Auszeichnung zum Ausdruck gelangt sei.
Ich will noch beifügen, dass die heutigen Morgenblätter eine Erklärung des Vorstandes der Ost-Afrikanischen Gesellschaft veröffentlichen, des Inhalts, dass die ungünstige Auffassung einzelner colonialfreundlicher Blätter über das deutsch-englische Abkommen von den leitenden Kreisen der gedachten Gesellschaft keineswegs getheilt, sondern dass in denselben von dem Übergang der Küste an Deutschland eine rapide Entwicklung der Gesellschaft und die günstigste Einwirkung auf den gesamten deutschen Besitz erwartet wird.
Die offizielle Feststellung der gedachten Verständigung soll dieser Tage durch Noten-Austausch erfolgen.
Tags
Alliances and Relations with other States (1893–1903)