Thematische Zuordung Serie 1848–1945:
II. WIRTSCHAFTS-, HANDELS- UND WÄHRUNGSPOLITIK
1. Bilaterale Verhandlungen
1.3. Die Verhandlungen mit Italien
1.3.1. Die Handelsverträge
Printed in
Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 3, doc. 350
volume linkBern 1986
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Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
▼ ▶ Archival classification | CH-BAR#E13#1000/38#276* | |
Old classification | CH-BAR E 13(-)1000/38 63 | |
Dossier title | Verlängerung des Handelsvertrages vom 22.03.1883 durch Erklärung vom 29.12.1887 [AS, 10, 438]; Korrespondenz des Handels- und Landwirtschaftsdepartements; Briefe der Schweizer Gesandtschaft in Rom an den Bundespräsidenten, später an den Bundesrat; Einführung des neuen italienischen Generalzolltarifs Ende 1887; Tarifänderungen infolge Ablaufens des Handelsvertrages Februar/März 1888; Anträge des HLD an den Bundesrat; Notizen; Bundesratsbeschlüsse (1887–1888) |
dodis.ch/42329
Ihr verehrl. Schreiben vom 31ten Oct.2 habe ich erhalten & entnehme demselben mit Befriedigung, dass mein Vorgehen in Sachen unseres Handelsvertrags sich ganz im Einklang mit Ihren Instruktionen & mit Ihren Anschauungen befindet.
Auch bei meinem lezten Besuch erklärte mir Hr Crispi, er glaube nicht dass es möglich sei unserm Begehren einer Verlängerung des bestehenden Vertrags zu entsprechen, da man mit Ostreich & Frankreich bereits unterhandle & wo möglich noch vor Ende des Jahres einen neuen Vertrag vereinbaren werde. Immerhin behielt er sich vor sich noch genauer zu informiren & mir dann seine definitive Antwort zu ertheilen.
Ich überzeugte mich bald, dass dieselbe ganz von den Anträgen der Unterhändler abhängig sein wird.
Vorher begab ich mich zu dem einflussreichsten Mitglied der ital. Delegation, Hr Ellena, mit dem ich, seit Jahren, auf sehr gutem Fusse stehe.
Derselbe erklärte mir, dass man, wenn es die Schweiz allein betreffen würde, keinen Anstand nähme eine Verlängerung des Vertrages zu bewilligen. Aber da man, namentlich mit Ostreich, noch in diesem Jahre zu einem Abschluss gelangen dürfte so sei es unerlässlich auch im Vertrag mit der Schweiz einige Änderungen einzuführen & aus diesem Grunde sei eine Verlängerung geradezu unmöglich. Ich sagte dann Hr Ellena man könnte vielleicht einige gebundene Artikel unseres Conventionaltarifs ausnehmen & im Übrigen dann die Prorogation vereinbaren.
Hierauf nahm er unsern, sowie den östr. Vertrag zur Hand & bemerkte mir dann, dass er allerdings glaube wenn man einige Positionen unseres Tarifs aufhebe, die Sache sich dann, nach seinem Wunsche ordnen liesse. Als solche Artikel bezeichnete
[...]3
Ich schreibe nun nächste Woche an Hr Crispi & verlange nur eine Verlängerung pur et simple von 1 Jahr, eventuell bis 1. Juli 1888. Zwei Tage später begebe ich mich dann zu ihm, um das Begehren mündlich zu wiederholen. Er wird dann ohne Zweifel Ellena consultiren & es ist wahrscheinlich, dass er dann auf eine Verlängerung in obigem Sinne eingeht. Ich schreibe Ihnen dann offiziell. Einstweilen ist obige Mittheilung nur streng vertraulich & ich bitte Sie, im Interesse der Sache, gef. dafür zu sorgen, dass dieselbe absolut geheim bleibe. Dagegen wäre mir sehr lieb, von Ihnen zu vernehmen ob Sie mit einem solchen, wie mir scheint, höchst annehmbaren Übereinkommen einverstanden wären.4
Was den Ort der Unterhandlungen anbelangt, so sagte mir Ellena er sei mit Vergnügen bereit nach der Schweiz zu kommen, wenn dieselben im Frühjahr oder Sommer stattfinden können.
Ich bin mit dem östr. Botschafter & der östr. Delegation in stetem Verkehr. Sie verhandeln äusserst zähe, glauben aber mit ziemlicher Sicherheit auf Ende des Jahres abschliessen zu können. Die Details der Ansäze sind noch nicht beschlossen. Sobald diess der Fall ist, erfahre ich sie & werde dann unverzüglich an Sie berichten. Einstweilen habe ich, für alle Fälle, mich dringend verwendet, dass sie auf Herabsezung des Käses auf unsern jezigen Tarif, oder doch wenigstens auf einen mässigen Ansaz hinwirken sollen & sagte ihnen, dass wir ja gemeinsame Interessen haben & uns gegenseitig nach Kräften die Situation erleichtern sollten. Sie versprachen mir denn auch für den Käse das Möglichste zu thun.
Mit Frankreich geht es sehr langsam vorwärts & ich glaube kaum, dass sie je zu einem Abschluss kommen. Ellena klagt auch über die Pedanterie der französischen Unterhändler. Einer derselben (Marie, der schon unter 47 Ministerien gedient habe! ) sei so ängstlich & kleinlich, dass man fast nicht vorwärts komme. Die Hauptsache ist übrigens die Unsicherheit in welcher die franz. Regierung sich befindet & Hr Crispi will nicht abschliessen, bis man ihm die Ratification durch die französische Kammer zugesichert habe. Diess kann aber kein Mensch voraussehen! Darum hängt der franz.-italiänische Vertragsabschluss noch ganz in der Luft.
- 1
- Bericht: E 13/(B)/215.↩
- 2
- Nicht abgedruckt.↩
- 3
- Für die Tabelle vgl. dodis.ch/42329. Pour le tableau, cf. dodis.ch/42329. For the table, cf. dodis.ch/42329. Per la tabella, cf. dodis.ch/42329.↩
- 4
- Nach Besprechungen mit Deucher, Cramer-Frey und Hammer teilte DrozBavier am 12.11.1887 mit: [...] II a été convenu que je vous prierais de vous rendre auprès de Mr Ellena, et de lui dire que vous m’avez fait part de votre récent entretien. «L’opinion personnelle du Président de la Confédération, qui réserve d’ailleurs celle du Conseil fédéral est qu’une prorogation dans les conditions indiquées, n’aurait pas de chance d’être acceptée à Berne. Elle manque de la base de la réciprocité, attendu, d’une part, qu’elle assure un avantage à l’Italie sans compensation pour la Suisse, et, d’autre part, qu’elle place les produits suisses qui ne seraient pas au bénéfice de droits conventionnels, sous le coup des rigueurs du nouveau tarif général italien, trèsélevé, tandis que les produits italiens jouiraient sans réserve des droits très-modérés du nôtre ainsi que des tarifs conventionnels favorables à la plupart des articles que l’Italie nous envoie.[...] » (E 13 (B)/215).↩
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